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Τετάρτη 7 Αυγούστου 2013

Hl. Basilios der Große: An die Reichen

Hl. Basilios der Große: An die Reichen
Hl. Basilios der Große
An die Reichen [1]

Der reiche Jüngling,
der dem Rat des Herrn nicht folgen mochte

1. Ueber diesen Jüngling (s. Mt 19,16ff) haben wir schon früher gesprochen, und der aufmerksame Hörer wird sich erinnern an das, was damals gesagt wurde. Zuerst nämlich, dass es sich bei ihm nicht um den Gesetzeslehrer handelt, von dem bei Lukas die Rede ist (s. Lk 10,25ff).[2] Denn  jener war ein Versucher, der seine Fragen hinterhältig stellte. Der Jüngling hier aber fragte aufrichtig, ließ sich allerdings von der Antwort nicht überzeugen. Denn hätte er dem Herrn seine Frage in böser Absicht gestellt, wäre er nicht betrübt über die von Ihm empfangene Antwort davongegangen.  
Deshalb schien uns seine Einstellung einigermaßen widersprüchlich, zeigte er sich doch einerseits als lobenswert seiner Frage wegen, andrerseits aber als völlig jämmerlich und hoffnungslos.
Das Lobenswerte war, den wahren Meister zu erkennen und, die Arroganz der Pharisäer, den Dünkel der Gesetzeslehrer und die Aufgeblasenheit der Schriftgelehrten beiseiteschiebend, diesen Titel des Meisters dem allein wahren und guten Lehrer zuzuerkennen.  Und dass er es für der Sorge wert zu halten schien, wie er das ewige Leben erlangen könnte, war ebenfalls anerkennenswert. Was indessen seine wirkliche innere Neigung bloßlegte, die nicht auf das wahre Gute abzielte, sondern auf das, was den vielen gefällt, war die Tatsache, dass er die rettenden Lehren des wahren Lehrers weder in sein Herz schrieb, noch auch in Werke umsetzte, sondern niedergeschlagen von dannen ging, verfinstert durch die Leidenschaft der Habsucht.  
Dies zeigt die Inkonsequenz seiner Haltung und seine Uneinigkeit mit sich selbst. Du nennst Ihn Meister und tust nicht, was des Jüngers ist? Du bekennst Ihn als gut [3] und mißachtest, was Er dir gibt?  Wo doch offenkundig ist, dass der Gute Gutes gibt. Und du fragst bezüglich des ewigen Lebens, erweist dich aber als einer, der zur Gänze an den Genuß des gegenwärtigen Daseins gefesselt ist?  
Was war denn das Mühselige oder Beschwerliche oder Übermäßige, das dir der Meister angeraten hat? "Verkauf deine Habe und gib sie den Armen" (Mt 19,21). Hätte Er dir die Plackerei des Ackerbaus empfohlen, die Gefahren des Handels oder irgendwelche andere der Dinge, denen sich mühevoll diejenigen hingeben, die sich zu bereichern suchen, dann hättest du dich zu Recht betrüben können über die Beschwerlichkeit des Auftrags. Nun aber, wo Er dir verspricht, dich auf mühelosem Weg, ohne die geringste Anstrengung, ohne Schweiß, als Erben des ewigen Lebens zu erweisen, da freust du dich nicht über die Leichtigkeit des Heils, sondern gehst von dannen mit betrübter Seele und voller Trauer und machst so für dich selbst all das zunichte, was du bisher an Mühe erbracht hast?  
Denn wenn du, wie du sagst,  weder gemordet,  noch die Ehe gebrochen, noch gestohlen, noch falsches Zeugnis abgelegt hast gegen irgendwen, dann machst du die Mühe um all das unnütz für dich selbst, wenn du nicht hinzufügst, was noch fehlt und wodurch allein du Eingang erlangen kannst in das Reich Gottes.
 Wenn dir ein Arzt ankündete, dass er deine verkrüppelten Glieder heilen wird, die du von Geburt an hast oder die durch Krankheit so wurden, würdest du dich nicht freuen beim Hören dieser Nachricht? Wenn aber der große Arzt der Seelen dich, dem es am Wichtigsten fehlt, vollkommen machen will, nimmst du die Gabe nicht an, sondern trauerst und betrübst dich.  
Daran zeigt sich, dass du in Wirklichkeit weit entfernt bist von jenem Gebot und lügnerisch von dir bezeugtest, dasselbe eingehalten und deinen Nächsten so geliebt zu haben wie dich selbst. Denn siehe, das vom Herrn Gebotene erweist dich als einen, dem es in höchstem Maß an der wahren Liebe fehlt. Denn wenn der Wahrheit entspräche, was du sagtest, nämlich dass du das Gebot der Liebe von Jugend an eingehalten und jedem soviel gegeben habest wie dir selbst (s. Mt 16,18-20), wie kommt es dann, dass du diesen ganzen Reichtum hast?  
Denn die Hilfe an die Bedürftigen zehrt den Reichtum auf, sofern jedem ein wenig gegeben wird zur Deckung seiner elementaren Bedürfnisse und das Vorhandene an alle gleicherweise verteilt wird, die Verteilenden eingeschlossen. Denn wer den Nächsten liebt wie sich selbst, besitzt auch selbst nicht mehr als sein Nächster.  
Du aber hast offenkundig viele Besitztümer. Woher hast du sie? Es liegt auf der Hand, dass du sie daher hast, dass du deinen eigenen Genuß über die Linderung der Not der Vielen stellst. Je reicher mithin du bist an Besitz, desto ärmer bist du an Liebe. Denn hättest du  deinen Nächsten geliebt, würdest du längst dafür gesorgt haben, deinen Besitz zu verteilen. Nun aber sind die Besitztümer Teil deiner selbst geworden, mehr als die Glieder deines Leibes, und die Trennung von ihnen schmerzt dich so, als wäre es das Abschneiden des Wichtigsten.  
Hättest du aber Nackte bekleidet,  hättest du dem Hungernden dein Brot gegeben, wäre deine Tür offen gewesen für jeden Fremden, wärst du zum Vater geworden für Waisen, hättest du Mitleid empfunden für jeden Schwachen – welchen Besitzes wegen würdest du dich jetzt betrüben?  Wie könnte es dir nun schwerfallen, auch das Übriggebliebene noch wegzugeben, wenn du schon lange daran gedacht hättest, es an jene zu verteilen, die es nötig haben?  
Wenn es darum geht, Feste zu feiern, betrübt sich niemand, von seinem Besitz zu verkaufen, um das hiefür Nötige zu erstehen, und je niedriger der Preis ist, zu dem er Kostbares ersteht, desto größer ist seine Freude, denn der Tausch  ist zu seinem Vorteil. Du aber betrübst dich, wenn du Gold und Silber und Grundstücke gibst, das heißt Stein und Staub, um das selige Leben zu erwerben!

 
Das unersättliche Bedürfnis an Überflüssigem -
eine List des Teufels
 
2. Doch wozu brauchst du den Reichtum? Du hüllst dich in kostbare Gewänder? Ein Hemd von zwei Ellen und ein Übergewand decken den ganzen Bedarf an Bekleidung. Oder ist der Reichtum etwa notwendig für deine Nahrung? Ein Brot genügt, um den Magen zu füllen. Warum also betrübst du dich? Was verlierst du? Etwa den Ruhm des Reichseins? Doch wenn du den Ruhm nicht im Niedrigen suchst, wirst du jenen wahren und strahlenden Ruhm finden, der dir vorangehen wird ins Reich der Himmel. Man liebt jedoch den Reichtum auch allein um seinetwillen, selbst wenn daraus keinerlei Nutzen erwächst. Dabei ist doch allbekannt, dass das Bemühen um Nutzloses Torheit ist.  
Vielleicht wird dir paradox erscheinen, was ich nun sagen werde, doch es ist in jeder Hinsicht wahr: Wird der Reichtum verteilt, so wie der Herr es gebietet, bleibt er erhalten, sucht man ihn aber zu bewahren, geht er verloren. Bewahrst du, hast du nichts. Verteilst du, verlierst du nichts. "Er verteilte, er gab den Armen. Seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit" (Ps  111,9).  
Für die meisten allerdings ist der Reichtum nicht der Kleidung oder der Nahrung wegen wichtig, sondern deswegen, weil eine vom Teufel ersonnene List den Reichen Tausende von Vorwänden suggeriert für Ausgaben, sodass sie das Überflüssige und Unnütze für notwendig und wichtig halten und unersättlich sind im Finden von immer neuem Aufwand.  
Sie teilen ihren Reichtum auf in das, was nötig ist für die heutigen Bedürfnisse, und das was nötig ist für die künftigen, und einen Teil stellen sie für sich selbst zurück, den anderen für ihre Kinder. Danach teilen sie ihren Anteil auf gemäß den vielfältigen Ausgabenposten. Und vernimm, nach welchen Regeln sie dabei vorgehen: Es sei, so bestimmen sie, ein Teil des Vermögens für den Verbrauch, der andere zur Hinterlegung. Und jener Teil, der zur Deckung der Ausgaben dient, sei größer als die effektiven Bedürfnisse. Soviel sei für die Prachtausstattung der Residenz vorbehalten, soviel für die Repräsentation nach außen, soviel für das prächtige Reisen, soviel für das luxuriöse und glanzvolle Wohnen zuhause. 
Und ich verwundere mich in der Tat, wieviel Überflüssiges man sich ausgedacht hat: Karossen zu Tausenden, die einen für das Gepäck, die anderen für die Reisegesellschaft, alle mit Bronze und Silber überzogen. Pferde ohne Zahl, für welche wie für die Menschen Stammbäume geführt werden von Vätern adeliger Rasse an. Die einen dienen zum vergnüglichen Ausritt in der Stadt, andere für Jagdpartien, noch andere sind dressiert für längere Reisen. Zügel, Gurten und Halsbänder sind stets mit Silber besetzt, stets goldverziert. Purpurne Decken schmücken die Pferde wie Bräutigame. Ferner Scharen von Maultieren, sortiert nach Farbe, sowie ihre Führer, einer hinter dem anderen, die einen als Vorhut, die anderen als Nachhut. Dann eine endlose Schar von Bediensteten, um all die verschiedenen Bedürfnisse der Herrschaften zu befriedigen: Aufseher, Verwalter, Ackerbauern, Berufsleute jeder Art zur Sicherstellung des Notwendigen, aber auch der Genüsse und Vergnüglichkeiten, wie Köche, Bäcker, Weinschenke, Jäger, Bildhauer, Maler, Schöpfer jedwelcher Wonnen. Herden von Kamelen, von denen die einen Lasten tragen, die anderen auf der Weide sind. Herden von Pferden, Rindern, Schafen und Schweinen mit ihren Hirten. Dazu Weideland, ausreichend zur Ernährung all dieser Tiere, sowie Ackerland, das mit seinen Früchten hinzufügt zum Reichtum. Dann Bäder in der Stadt, Bäder auf dem Land. Residenzen aus glänzendem Marmor verschiedener Arten, aus Phrygien,  Lakonien oder Thessalien. Von diesen erwärmen einige im Winter, andere erfrischen im Sommer. Die Fußböden sind belegt mit bunten Mosaiken, die Decken mit Gold überzogen. Und was von den Wänden nicht mit Marmor bedeckt ist, prangt von Blumengemälden.

 
Der verderbliche Eigennutz

3. Wenn nach der Verschleuderung in tausenderlei Dinge immer noch Reichtum im Überfluß vorhanden ist, wird er in der Erde vergraben und in Geheimfächern aufbewahrt. Denn die Zukunft ist ungewiss [so räsoniert man], und es kann sein, dass uns irgendwelche unerwartete Bedürfnisse erwachsen.  
Ungewiss ist in der Tat, ob du je dazu kommen wirst, das vergrabene Gold zu gebrauchen. Nicht ungewiss aber der Schaden, der aus solch unmenschlichem Verhalten folgt. Da du den Reichtum trotz Tausender von Einfällen nicht aufzubrauchen vermochtest, vergrubst du ihn in der Erde – welch gewaltiger Unsinn! Solange das Gold in der Erde war, durchwühltest du sie, um es herauszuholen, und jetzt, nachdem du es herausgeholt hast, läßt du es wieder in der Erde verschwinden! Es widerfährt dir, so glaube ich, was der Herr sagt: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (Mt 6,21), und zusammen mit dem Reichtum hast du auch dein Herz vergraben.  
Deshalb sind die Gebote betrüblich für solche Leute, denn das Leben wird ihnen unerträglich, wenn sie sich nicht ständig mit unnützem Aufwand beschäftigen können. Mir scheint, die Misere des Jünglings und seinesgleichen ist ungefähr dieselbe wie jene eines Mannes, der im Wunsch, eine bestimmte Stadt zu besuchen, den ganzen Weg bis dorthin durchwandert, dann aber Halt macht in einer der Herbergen vor ihren Toren und aus Widerwillen gegen eine weitere kleine Anstrengung seine ganze vorausgegangene Mühe zunichte macht und sich selbst ausschließt von der Bekanntschaft mit den guten Dingen jener Stadt. 
Ebendies widerfährt denen, die zwar alles andere zu tun bereit sind, sich aber der Entledigung ihrer Besitztümer widersetzen. Ich kenne viele, die fasten, beten, seufzen, die ganze Frömmigkeit, die keine Kosten verursacht, an den Tag legen, den Notleidenden aber keinen einzigen Heller spenden. Was nützt ihnen da die übrige Tugend? Denn das Reich der Himmel wird sie nicht aufnehmen, sagt doch der Herr: „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als ein Reicher in das Reich der Himmel“ (s. Lk 18,25).  
Doch obwohl das Urteil klar ist und ohne Lüge Derjenige, Der es ausgesprochen hat, läßt sich nur selten einer überzeugen. „Wie sollen wir denn überleben, wenn wir alles weggeben?“ sagen sie. „Wie soll die Lebensordnung erhalten bleiben, wenn alle ihre Habe verkaufen und alle sich ihres Besitzes entledigen?“ Was fragst du mich nach dem Sinn der göttlichen Satzungen? Der das Gesetz gab, weiß auch das Unmögliche zu vereinbaren mit dem Gesetz. 
Dein Herz wird geprüft wie auf einer Waage, ob es mehr zum wahren Leben hinneigt oder mehr zum irdischen Genuß. Denn für die Besonnenen ziemt sich zu begreifen, dass der Reichtum zum heilsamen Gebrauch gegeben ist und nicht zum Genuß. Und wenn sie sich seiner entledigen, tun sie es mit Freude, als solche, die Fremdes zurückgeben, und nicht mit Trübsal, als verlören sie Eigenes.  
Warum also trauern? Warum betrübst du dich in der Seele, wenn du jenes Wort vernimmst: „Verkauf deine Habe“ (Mt, 19,21)? Selbst wenn dir deine Habe ins künftige Leben folgen könnte, wäre sie dennoch nicht begehrenswert, bliebe sie doch weit zurück hinter den Kostbarkeiten dort, und da sie nun einmal hienieden bleiben muß, warum nicht Gewinn daraus schlagen, indem wir sie verkaufen?  
Wenn du Gold gibst und dafür ein Pferd bekommst, wirst du nicht traurig. Hier aber, wo du Vergängliches gibst und dafür das Reich der Himmel bekommst, da weinst du und weist den Bittenden ab und verweigerst die Gabe, während du gleichzeitig tausenderlei Gelegen-heiten zu Ausgaben ersinnst.

 
Die dereinstige Rechenschaft der Reichen für
ihre Erbarmungslosigkeit

4. Was wirst du dem Richter antworten – du, der du die Wände auskleidest, aber den Menschen nicht bekleidest? Der du die Pferde schmückst, aber hinwegsiehst über den Bruder, der in häßlichen Fetzen geht? Der du den Weizen vermodern läßt und die Hungernden nicht speist? Der du das Gold vergräbst und den vom Elend Bedrängten missachtest?  
Wenn du zudem noch mit einer Frau zusammenlebst, die den Reichtum liebt, ist die Krankheit doppelt so ernst, schürt jene doch die Genußsucht, vervielfacht das Verlangen nach Lustbarkeiten, stachelt an zu ausgefallenen Wünschen, begehrt Edelsteine, Perlen, Smaragde, Hyazinthe und Gold, die ersteren verarbeitet zu Schmuckgehängen, letzteres zu Stoffen verwoben, sodass der Krankheit des Putzes kein Ende ist. Denn das Bemühen um  diese Dinge ist keineswegs etwas Nebensächliches, füllt es doch die Tage und Nächte der Frauen, die sich ihm hingeben. Und zahllose Schmeichler eilen herbei, um all diese Gelüste zu befriedigen – Schönfärber, Goldschmiede, Essenzenhersteller, Goldweber, Buntsticker. Sie lassen ihren Gatten keine Verschnaufpause mit ihren ständigen Bestellungen.  
Kein Reichtum reicht hin, um die weiblichen Ansprüche zufriedenzustellen, selbst wenn er in Strömen fließt, verlangen sie doch Salböl aus fremden Landen, als wäre es Öl vom Markt, ferner Meerblumen, Purpur oder Seide in größeren Mengen als Wolle vom Schaf. Und die kostbaren Edelsteine müssen in Gold gefasst und verarbeitet werden zu Geschmeiden für die Stirn, andere für den Hals, andere für die Gürtel und noch andere für die Hand- und Fußgelenke. Denn die Liebhaberinnen des Goldes freuen sich, ihre Hände und Füße gefesselt zu sehen, wenn die Fessel nur aus Gold ist.  
Wann nun wird der Diener weiblicher Gelüste sich um seine Seele kümmern? Geradeso wie Stürme und Wogen die morschen unter den Schiffen zum Untergang bringen, so auch die bösen Neigungen der Frauen die kranken Seelen ihrer Lebensgefährten. Denn wenn Mann und Frau miteinander wetteifern im Ersinnen von Nichtigkeiten und an diese ihren Reichtum verschleudern, bleibt freilich keinerlei Zeit übrig, um sich jener anzunehmen, die draußen stehen. Und wenn du danach vernimmst: „Verkauf deine Habe und gib sie den Armen“, damit du Proviant erlangen möchtest für die ewige Erquickung, gehst du betrübt davon. Vernimmst du aber: „Gib Geld für die im Luxus schwelgenden Frauen, gib für die Steinmetze, gib für die
Bauleute, gib für die Mosaikleger, gib für die Kunstmaler, da freust du dich, als empfingest du etwas, das kostbarer ist als Geld.  
Siehst du nicht jene Mauern, die die Zeit zernagt und zum Einsturz gebracht hat und deren Ruinen, irgendwelchen Klippen gleich, überall in der Stadt aufragen? Als sie errichtet wurden, wieviele Arme gab es damals in dieser Stadt, übersehen und vernachlässigt von den Reichen wegen deren Sorge um jene Mauern? Wo ist nun die Pracht der Bauwerke? Wo der Erbauer, der ihrer Großartigkeit wegen bewundert wurde? Sind nicht die ersteren aufgelöst und verschwunden wie die Sandburgen, die Kinder spielend bauen am Meeresstrand, während  letzterer im Hades schmachtet, voller Reue über seine Mühe um Nichtiges? In deiner Seele sei groß. Was aber die Mauern angeht, so leisten kleine díeselben Dienste wie große.  
Wenn ich bei der Residenz eines prunkliebenden Neureichen vorbeikomme und sie prangen sehe von mannigfachem Blumenschmuck, begreife ich, dass jener Mann nichts besitzt von dem, was kostbarer ist als die sichtbaren Dinge, dass er zwar das Seelenlose schmückt,  die eigene Seele aber ohne Schmuck gelassen hat.  
Welches Mehr an Nutzen, sag mir, bringen silberne Sofas und silberne Tische, Betten und Sessel aus Elfenbein, sodass deretwegen der Reichtum nicht zu den Armen gelangt, selbst wenn sie in Scharen betteln am Tor und Klagerufe jeder Art ertönen lassen? Du aber versagst ihnen die Gabe, indem du geltend machst, du habest nicht genug für die Bittenden. Und während du mit dem Munde schwörst, wirst du des Meineids überführt durch deine Hand, denn obwohl sie schweigt, verkündet sie deine Lüge durch das Funkeln des edelsteinbesetzten Rings. Wieviele kannst du mit einem einzigen deiner Ringe erlösen von ihren Schulden? Wieviele ins Elend gestürzte Familien wieder aufrichten? Ein einziger deiner Kleiderkästen vermag ein ganzes Volk zu kleiden, das vor Kälte zittert. Doch du erträgst es, den Armen mit leeren Händen wegzuschicken, ohne Furcht vor dem gerechten Entgelt des Richters:  Du erbarmtest dich nicht – du wirst kein Erbarmen finden (Mt 25,41ff). Du öffnetest nicht deine Tür – du wirst nicht eingelassen werden ins Himmelreich. Du gabst kein Brot – du wirst das ewige Leben nicht empfangen.

 
Die Habsucht bleibt immerdar unbefriedigt

5. Doch du nennst dich selbst arm. Darin stimme ich dir zu. Denn arm ist, wem es an vielem mangelt. Das unersättliche Verlangen ist es, das euch zu solchen macht, denen es an vielem mangelt. Den zehn Talenten suchst du zehn weitere hinzuzufügen, und wenn es zwanzig geworden sind, begehrst du abermals soviele. Und jede Hinzufügung bringt dein Verlangen nicht etwa zum Erliegen, sondern facht den Appetit weiter an.  
Denn geradeso wie die Trunksüchtigen durch das Hinzugießen von Wein zu weiterem Trinken angeregt werden, so auch begehren die Neureichen, nachdem sie vieles erworben haben, immerdar noch mehr, denn durch das Hinzufügen wird die Krankheit gefördert, und so führt ihr Bemühen um mehr zum entgegengesetzten Resultat. Denn ihre Freude über das Vorhandene ist stets kleiner als ihre Betrübnis über das noch Fehlende, das heißt über das, was sie als ihnen noch fehlend betrachten, sodass sich ihre Seele immerdar zerlöst im Streben nach Zusätzlichem.  
Während sie glücklich sein und sich freuen müssten darüber, dass es ihnen so gut geht, sind sie in Unruhe und Kummer, weil sie zurückstehen hinter einem oder auch zwei Superreichen. Und haben sie den ersten eingeholt, beginnen sie den Kampf, um den noch Reicheren einzuholen. Haben sie auch diesen eingeholt, beginnt sogleich der Wettkampf mit dem nächsten. Wie einer, der eine Leiter erklettert und seinen Fuß fortwährend auf die nächst-höhere Sprosse hebt und nicht stehen bleibt, bis er die oberste erklommen hat,  so auch halten jene nicht inne in ihrem Drang zur Vorherrschaft, bis sie sich durch einen Sturz aus großer Höhe selbst zerstören.  
Den Vogel Seleukida[4] hat der Schöpfer aller Dinge aus Liebe zum Menschengeschlecht mit Unersättlichkeit ausgestattet, du aber hast deine Seele unersättlich gemacht zum Schaden der anderen. Was immer das Auge sieht, das begehrt der Habsüchtige. „Das Auge wird nicht satt, zu schauen“, sagt die Schrift (Ekkl 1,8), und der Habsüchtige wird nicht satt, zusammen-zuraffen.  Niemals sagt der Hades. „Es ist genug“, ebensowenig sagt der Geldgierige je: „Es ist genug“ (s. Spr 27,20). Wann wirst du all das, was du hast, je benötigen? Wann wirst du es je genießen können, wenn du ewig in der Bemühung um mehr fortfährst?


 
Die Eskalation der Habsucht –
ein Teufelskreis von Unrecht, Gewalt und Tyrannei

Wehe denen, die Haus an Haus reihen und Acker an Acker rücken, um etwas wegzunehmen vom Nachbar!“ (Is 5,8). Und du, was tust du? Schiebst du nicht tausenderlei Vorwände vor, um zu ergreifen, was dem Nächsten gehört? Das Haus des Nachbarn macht mir Schatten, sagst du, oder: Es wird Radau gemacht dort drinnen, oder: Jener nimmt Landstreicher auf bei sich, oder was immer sonst noch dir in den Sinn kommt, um ihn zu bedrängen, anzurempeln, zu schmähen und wegzuekeln, und du hörst damit nicht auf, bis jener notgedrungen wegzieht. 
Was war es denn, das zum Mord an Naboth dem Jezraeliten führte? War es nicht Achabs Gier nach dessen Weinberg (s. 3 Kön 20,1ff)? 
Der Habgierige ist ein schlimmer Nachbar in der Stadt und ein ebenso schlimmer auf dem Land. Das Meer kennt seine Grenzen, und auch die Nacht überschreitet nicht die Schranken, die ihr gesetzt wurden von alters her. Doch der Habsüchtige achtet nicht der Zeit, noch auch kennt er Grenzen, und ebensowenig achtet er die Regeln der Erbfolge, sondern er ahmt die Gewalt des Feuers nach. Alles ergreift er, überall breitet er sich aus. 
Und so wie  Ströme, die ihren Anfang nehmen als Rinnsale und durch viele Zuflüsse allmählich zu mächtigen Wassermassen anschwellen, mit unwiderstehlicher Gewalt alles mitreißen, was sich ihnen in den Weg stellt, so auch tun es Menschen, die große Macht erlangen. Nachdem sie sich von denjenigen, die sie bereits überwältigt haben, die Mittel zum Verüben von noch mehr Unrecht angeeignet haben, unterwerfen sie mit deren Hilfe die übrigen, und deren Vermögen wiederum, auf unrechte Weise zu ihrem Eigentum geworden, dient ihnen zur weiteren Vergrößerung ihrer Macht. So werden die Unterworfenen, durch die unfreiwillige Hilfe, die sie den Unterwerfern notgedrungen leisten, zu Mitwirkenden an der Schädigung anderer und am Unrecht gegen sie.  
Welcher Nachbar, welcher Hausgenosse, welcher Handelspartner wird nicht mitgerissen? Keiner widersteht der Gewalt des Reichtums. Alles beugt sich der Tyrannei, alles duckt sich vor der Macht, hat doch jeder von denen, die Unrecht erlitten, allen Grund, nicht etwa zu versuchen, etwas zu unternehmen, um sich Recht zu verschaffen, liefe er doch damit Gefahr, noch Schlimmeres zu erleiden.  
Der Bauer führt das Ochsengespann zur Arbeit, pflügt, sät und erntet, doch seine Ernte gehört nicht ihm. Widersprichst du, bekommst du Schläge. Wehklagst du, wirst du angezeigt wegen Beleidigung oder man behauptet, du seist der Sklaverei verfallen, und du wirst ins Gefängnis gesteckt. Die Verleumder sind bereit, sogar noch dein Leben in Gefahr zu bringen. Du kannst zufrieden sein, wenn man dich, nachdem du noch etwas dazugegeben hast, verschont von weiteren Belästigungen.


Bedenke das Ende, das gerechte Gericht Christi

 6. Ich möchte dir ein wenig Erholung verschaffen von den Werken des Unrechts und deinen Gedanken Muße geben, zu erwägen, auf welches Ende das Bemühen um alle jene Dinge hinausläuft. Du hast so und soviel Morgen pflügbares Land, so und soviel  bepflanztes, dazu Berge, Ebenen, Wälder, Flüsse, Weiden. Was geschieht mit  alledem? Bleiben dir am Ende nicht drei bloße Ellen? Wird nicht das Gewicht von ein paar Steinen genügen, um das elende Fleisch zu hüten? Um wessen willen also mühst du dich? Um wessen willen begehst du Unrecht? Was sammelst du Unfruchtbarkeit ein mit deinen Händen? Und möge es nur Unfruchtbarkeit sein und nicht Brennstoff für das ewige Feuer!  
Willst du nicht endlich nüchtern werden von diesem Rausch? Willst du nicht gesunden in deinem Denken? Willst du nicht zu dir kommen? Stellst du dir nicht das Gericht Christi vor Augen? Wie wirst du dich rechtfertigen, wenn diejenigen, denen du Unrecht getan hast, rings um dich stehen und dich anklagen werden beim gerechten Richter? Was wirst du dann  tun? Welche Verteidiger wirst du dir in Sold nehmen?  Welche Zeugen vorführen? Wie willst du den unfehlbaren Richter hintergehen? Dort wird es keinen Anwalt geben, keine ausgetüftelte Argumentation, die dem Richter die Wahrheit zu rauben vermöchte. Keine Schmeichler werden dich dorthin begleiten, noch auch Geld oder die Höhe des Rangs.  
Ganz allein wirst du dort stehen, ohne Freunde, ohne Helfer, ohne Verteidigung, ohne Entschuldigung, schambedeckt, gebeugt,  niedergeschlagen, verlassen, entmutigt. Denn wohin du auch blickst, wirst du mit aller Deutlichkeit die Bilder deiner üblen Werke sehen – hier die Tränen der Waisen, dort das Seufzen der Witwe, anderswo die von dir misshandelten Armen, die Hausdiener, die du ausgepeitscht, die Nachbarn, die du empört hast. Alle werden sie aufstehen gegen dich,  der schlimme Chor deiner bösen Taten wird dich umringen. Denn wie der Schatten den Körper begleitet, so begleiten die Sünden die Seele und bilden deutlich ihre Taten ab. Deshalb ist dort kein Leugnen möglich, sondern der Mund wird verschlossen, auch der schamlose. Denn die Werke selbst eines jeden legen Zeugnis ab, ohne Worte, sondern so sich zeigend, wie sie von uns vollbracht wurden.  
Wie könnte ich dir das Schreckliche jenes Tags vor Augen führen? Wenn du wirklich hören, wenn du wirklich in dich gehen willst, dann gedenke jenes Tages, an dem „Gottes Zorn offenbar werden wird vom Himmel her“ (s. Röm 1,18). Gedenke des Erscheinens Christ in Herrlichkeit, wenn auferstehen werden „diejenigen, die das Gute taten, zur Auferstehung des Lebens, die das Böse taten aber  zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh 5,29). Dann wird den Sündern ewige Schande zuteil werden „und loderndes Feuer wird jene verzehren, die sich Gott entgegenstellten“ (Hebr 10,27 / Is 26,11).  
Dieser Dinge wegen sollst du dich betrüben, nicht aber des Gebotes wegen. Wie kann ich dich erweichen? Was mehr dir sagen? Das Gottesreich ersehnst du nicht? Die Feuerhölle fürchtest du nicht? Woher wird deiner Seele Heilung werden? Denn wenn das Schreckliche nicht Furcht einflößt, das Freudvolle nicht anspornt, dann rede ich zu einem Herz aus Stein.

 
Die Pervertierung des Reichtums
zur gegenseitigen Vernichtung

7. Denk nach, o Mensch, über die Natur des Reichtums. Warum hast du dich so sehr ans Gold gehängt? Stein ist das Gold, Stein auch das Silber, Stein die Perle, Stein ein jeder der Edelsteine: Chrysolith, Beryll, Achat, Hyazinth, Amethyst und Jaspis. Dies mithin sind die Blüten des Reichtums, von denen du die einen in Verstecken aufbewahrst und ihren durchsichtigen Schimmer mit Dunkelheit zudeckst, die anderen aber, die kostbarsten, in der Öffentlichkeit zur Schau trägst und dich brüstest mit ihrem Glanz.  
Welchen Nutzen, sag mir, hast du davon, deine Hand von Steinen funkelnd zur Schau zu stellen? Errötest du nicht vor Scham, dich mit Schmuck herauszuputzen wie die Frauen, wenn sie schwanger sind? Denn jene sind verzehrt vom Verlangen nach Schmuck, und dich gelüstet nach den kostbarsten der Edelsteine, nach Sardonyx, nach Jaspis, nach Amethyst.  
Welcher Herausgeputzte vermöchte auch nur einen einzigen Tag hinzuzufügen zu seiner Lebensspanne? Welcher Mensch ist je dem Tod entgangen durch den Reichtum? Wer ist je verschont worden von der Krankheit seines Geldes wegen? Wie lange noch bleibt das Gold der Galgen der Seelen, der Angelhaken des Todes, der Köder der Sünde? Wie lange noch bleibt der Reichtum Ursache des Krieges, dessentwegen Waffen geschmiedet und Schwerter geschliffen werden? Um des Reichtums willen schieben die Menschen die Verwandtschaft beiseite und Brüder trachten einander nach dem Leben. Um des Reichtums willen sind die Einöden bevölkert von Räubern, die Meere von Piraten, die Städte von Erpressern.  
Wer ist der Vater der Lüge? Wer der Verfasser falscher Urkunden? Wer hat den Meineid hervorgebracht? Ist es nicht der Reichtum? Ist es nicht das Streben nach ihm? Was ist euch geschehen, o Menschen? Wer hat eure Habe zur Waffe gemacht gegen euch selbst?  Hilfsmittel zum Leben soll sie doch sein. Sind die irdischen Güter etwa als Werkzeuge zum Bösen gegeben worden?  Oder als Mittel zur Verderbnis? Als Lösegeld für die Seele vielmehr.
 

Der Vorwand der Kinder,
doch das Evangelium gilt auch für Verheiratete

Reichtum ist notwendig der Kinder wegen, sagt ihr. Dies ist eine wohlklingende Rechtfertigung der Habsucht. Ihr schiebt zwar die Kinder vor, doch in Wirklichkeit befriedigt ihr die Lust eures Herzens. Laden wir die Verantwortung nicht demjenigen auf, der keine Verantwortung trägt.  Er hat seinen  Gebieter, seinen Wohltäter, von einem Anderen als dir hat er das Leben empfangen, von Ihm auch erwartet er das zum Leben Notwendige.  
Ist das Evangelium etwa nicht auch für die Verheirateten geschrieben? „Willst du vollkommen sein, verkauf deine Habe und gib sie den Armen“ (Mt 19,21). Als du den Herrn um Kindersegen batest, als du von Ihm verlangtest, dich würdig zu machen, Vater von Kindern zu werden,[5] fügtest du da vielleicht hinzu: „Gib mir Kinder, damit ich Deine Gebote mißachte, gib mir Kinder, damit ich nicht in das Reich der Himmel gelange“?  
Wer leistet dir Bürgschaft für die künftige Neigung deines Kindes? Wer garantiert dir, dass es das ihm Vererbte auf rechte Weise verwenden wird? Vielen nämlich hat der ererbte Reichtum zur Zügellosigkeit verholfen. Oder hörtest du nicht, was der Ekklesiast sagt: „Ich sah eine schlimme Krankheit – Reichtum aufbewahrt für den Erben zu seinem Unheil“ (Ekkl 5,12), und andernorts: „Ich hinterlasse dies dem Menschen, der nach mir kommt. Doch wer weiß, ob er ein Weiser sein wird oder ein Tor?“(Ekkl 2,18-19). Deshalb sieh zu, dass du nicht, indem du unter tausend Mühen Reichtum zusammenträgst, anderen Material bereit-stellst für viele Sünden und dich danach zweifach bestraft findest, einmal für deine eigenen unrechten Taten und einmal für diejenigen des anderen, denen du den Weg geebnet hast.  
Steht dir deine Seele nicht näher als jedes Kind? Ist sie dir nicht enger verwandt als alle? Ihr zuerst deshalb räume den Vorrang ein bei der Erbschaft  und gewähre ihr in reicher Fülle, was nötig ist für das wahre Leben. Danach verteil unter die Kinder, wessen sie bedürfen für ihren Lebensunterhalt. Oftmals nämlich haben selbst Kinder, die von ihren Eltern nichts erbten, für sich Häuser gebaut. Die Seele aber, die du vernachlässigt hast, wer wird sich ihrer erbarmen?

 
Der Vorwand, sein Vermögen
nach dem Tod den Armen zu hinterlassen
8. Zu Vätern wurde gesagt, was hier gesagt worden ist. Was aber die Kinderlosen betrifft, welche wohlklingende Ausrede haben sie vorzubringen für ihre Knauserig-keit? „Ich verkaufe meine Habe nicht, noch auch gebe ich sie den Armen, denn ich bedarf ihrer zum Lebensunterhalt.“
Das bedeutet, dass nicht der Herr dein Lehrer ist und dass nicht das Evangelium dein Leben bestimmt, sondern dass du selbst dir Gesetz bist. Doch bedenke, in welche Gefahr du dich stürzt mit einer solchen Denkweise. Denn wenn uns der Herr solches als Notwendigkeit geboten hat, du es aber durchstreichst als etwas Undurchführbares, dann tust du nichts anderes als dich selbst für weiser zu halten als der Geber des Gesetzes. 
Darauf entgegnest du: „Nachdem ich mich mein ganzes Leben lang meines Vermögens erfreut habe, werde ich nach meinem Ableben die Armen zu meinen Nachfolgern machen und
sie durch Urkunden und Testamente als Herren über das Meinige ausweisen.“
Erst wenn du nicht mehr unter den Menschen weilst, wirst du also zum Menschenfreund. Erst wenn ich dich tot sehe, werde ich dich als Bruderliebenden bezeichnen können. Groß in der Tat ist die Schönheit deines Edelmuts, da du, im Grabe liegend und dich auflösend in der Erde, zum Mann der Gaben und großzügigen Spender geworden bist!
Für welche Zeit, sag mir, wirst du deinen Lohn verlangen? Für die Zeit deines Daseins hienieden oder für jene nach deinem Hingang? Was die Zeit angeht, die du hienieden verlebtest, so hast du sie in Luxus und Üppigkeit zugebracht, ohne auch nur einen Blick zu werfen auf die Armen. Und was jene nach deinem Ableben betrifft, welche gute Tat hättest du in ihr vollbracht?  Für welches Werk also ist dir Lohn geschuldet? Zeig deine Werke, und dann fordere den Lohn.
Nach Abschluss des Festes macht keiner mehr Geschäfte, noch auch wird einer bekränzt, der nach den Wettkämpfen eintrifft, oder zum mutigen Helden, nachdem der Krieg vorbei ist. Nein. Ebensowenig kann einer nach diesem Leben gottgefällige Werke vollbringen, selbst wenn er seine Wohltaten schwarz auf weiß versprochen hat.
Denn wer wird dir die Zeit deines Auszugs bekanntmachen? Wer garantiert für die Art des Ablebens? Wieviele wurden nicht unter gewaltsamen Umständen dahingerafft, ohne dass ihnen Zeit blieb, auch nur einen Laut von sich zu geben. Wievielen raubte das Fieber den Verstand? Was also wartest du bis zu jenem Augenblick, wo einer oftmals nicht einmal mehr Herr ist über seine Gedanken? Tiefe Nacht, schwere Krankheit, nirgendwo ein Helfer. Und derjenige, der auf die Erbschaft lauert, hält sich bereit, um alles zu seinem eigenen Vorteil zu lenken, sodass die Vollstreckung deines Willens vereitelt wird. Und wie du um dich schaust und die Einsamkeit gewahrst, die dich umgibt, da erkennst du deine Unbesonnenheit, da stöhnst du über deine Torheit, die Erfüllung des Gebots hinausgeschoben zu haben bis zu diesem Augenblick, wo die Zunge erlahmt, die Hand erzittert, bereits ergriffen von den Todeskrämpfen, sodass du deinen Beschluß weder mit der Stimme noch vermittels der Schrift mehr bekanntmachen kannst. Und selbst dann, wenn alles schon vorher mit aller Deutlichkeit niedergeschrieben und mit lauter Stimme verkündet worden ist, kann ein hinzugefügter Brief deinen ganzen Beschluss umwerfen. Ein gefälschtes Siegel, zwei oder drei falsche Zeugen, und deine ganze Hinterlassenschaft ist anderen zugefallen.
    
9. Was also betrügst du dich selbst, indem du jetzt auf unedle Art den Reichtum zur Befriedigung des Fleisches aufwendest und für nachher versprichst, worüber du nicht mehr Herr sein wirst? Wie das Gesagte zeigt, ist eine solche Überlegung böse: „Solange ich lebe, genieße ich die Freuden, nachdem ich gestorben bin, erfülle ich das Gebot.“ Auch zu dir wird Abraham sagen: „Du hast dein Gutes während deiner Lebenszeit empfangen“ (Lk 16,25).
Der schmale und mühselige Pfad faßt dich nicht, wenn du nicht die sperrige Last des Reichtums ablegst. Mit dieser auf dem Rücken bist du ausgezogen aus diesem Dasein, denn du hast sie nicht von dir getan, wie dir geboten ward.
Solange du lebtest, stelltest du dem Gebot dich selbst voran. Nach dem Tod und der Auflösung aber stellst du das Gebot den Feinden voran. Das heißt: „Damit nicht der und der meinen Reichtum bekomme“, sagst du, „möge der Herr ihn nehmen.“ Wie sollen wir solches nennen? Abwehr der Feinde oder Liebe zum Nächsten?
Lies dein Testament: „Ich möchte zwar noch länger leben und das Meinige genießen, aber...“  Dem Tod gebührt Dank, nicht dir! Denn wärst du unsterblich gewesen, hättest du dich überhaupt nie an die Gebote erinnert.
„Macht euch nichts vor! Gott läßt Seiner nicht spotten“ (Gal 6,7). Zum Opfertisch bringt man nicht Totes. Lebendig bring das Opfer dar. Wer vom Übriggebliebenen darbringt, wird nicht angenommen. Du aber bringst dem Wohltäter dar, was dir nach deinem ganzen Leben übriggeblieben ist. Wenn du nicht wagst, hohen Gästen die Überreste der Tafel vorzusetzen, wie kannst du es wagen, Gott durch das Übriggebliebene versöhnen zu wollen?

Mahnung zur Umkehr
Bedenkt das Ende der Habsucht, o ihr Reichen, und hört auf,  mit Leidenschaft am Besitz zu hangen! Je mehr du den Reichtum liebst, desto mehr bemühe dich darum, dass nichts davon übrigbleibt. Mach alles dir selbst zunutze, schaff alles weg, hinterlaß den Reichtum nicht Fremden.
Es kann sein, dass deine Hausgenossen dir nicht einmal den letzten Schmuck zugestehen und dein Begräbnis den Erben überlassen werden, die danach vorgehen wie ihnen beliebt. Oder sogar gegen dich räsonieren, indem sie sagen: „Es ist ungebührlich, einen Toten zu schmücken und denjenigen, der nichts mehr fühlt, mit viel Aufwand zur Bestattung zu rüsten. Ist es nicht besser, mit dem prächtigen und kostbaren Gewand die Hinterbliebenen zu bekleiden, statt es der Fäulnis zu übergeben zusammen mit dem Toten? Und wozu ein mit Inschrift versehenes Grab und ein prachtvolles Begräbnis, was nur unnütze Ausgaben verur-sacht? Weit eher ziemt sich, all das für die Bedürfnisse der Hinterbliebenen zu verwenden.“ Solches werden sie sagen und dir damit deine Hartherzigkeit vergelten und zugleich jene erfreuen, die das Deinige in Besitz nehmen werden.
Solchem komm zuvor, indem du sich selbst rüstest zum Begräbnis. Ein gutes Grabgewand ist die Gottesfurcht. In diese gehüllt zieh aus aus diesem Leben. Den wahren Reichtum mach zu deinem Schmuck und bewahre ihn bei dir. Laß dich überzeugen vom guten Ratgeber, von Christus, Der dich liebt. Der um unsertwillen arm geworden ist, damit wir reich werden möchten durch Seine Armut (s. 2 Kor 8,9). Der Sich Selbst hingegeben hat als Lösegeld für uns (s. 1 Tim 2,6). Laßt uns Ihm gehorchen als dem Weisen, Der weiß, was uns zum Wohl gereicht, oder Ihn hochhalten als Denjenigen, Der uns liebt, oder Ihm vergelten als unserem Wohltäter. In jedem Fall aber laßt uns tun, was Er uns geboten hat, damit wir Erben des ewigen Lebens werden möchten, das in Christus Selbst ist, Dem die Herrlichkeit und die Herrschaft gehört in die Ewen der Ewen. Amen.

    
Quelle: www.prodromos-verlag.de     
      
[1] Diese Rede hielt  der hl. Basilios, Erzbischof von Cäsarea in Kappadokien (329-379, s. Das Synaxarion am 1. Januar), um das Jahr 368, als  große Not herrschte, die vorab die ärmeren Bevölkerungsschichten traf, während die Reichen im Überfluß schwelgten - eine Situation, wie wir sie auch heute kennen, vielleicht in größerem Maßstab als je zuvor. Griech. Originaltext unter dem Titel Ὁμιλία πρὸς τοὺς πλουτοῦντας in EPE (Ellines Pateres tis Ekklisias) Bas Meg Bd. 6. Dt. Übers. vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania 2011.
[2] Das Begebnis mit dem reichen Jüngling findet sich im Lukas-Evangelium in Kap. 18,18ff.
[3] Im griech. Originaltext des Matthäus-Evangeliums (Mt 19,16) lautet die Anrede des Jünglings so, wie der hl. Basilios sie hier zitiert: "Διδάκσαλε ἀγαθέ...." ("Guter Meister"). In den dt. Übers. fehlt das Wort "Guter", weshalb auch der nachfolgende Satz abgeändert wurde in "Was fragst du Mich über das Gute?", während es im griech. Text heißt: "Τί με λέγεις ἀγαθόν..." ("Was nennst du  Mich gut?").
[4] Vogel, der Heuschrecken frißt.
[5] Nämlich  mit dem entsprechenden Gebet bei der Eheschließung. 
 http://www.impantokratoros.gr/hl-basilios-an-reichen.de.aspx

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