Hl. Nektarios von Pentapolis
Über die wahre Freiheit [1]
Homilie zu Mk 8,34-37
„Will einer Mir nachfolgen, so verleugne er sich selbst,
nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir.
Denn wer seine Seele retten will, wird sie verlieren,
wer aber seine Seele verliert um Meinet und des Evangeliums willen,
der wird sie retten.
Denn was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt,
aber Schaden nimmt an seiner Seele?
Oder was kann der Mensch geben als Gegenpreis für seine Seele“
Über die wahre Freiheit [1]
Homilie zu Mk 8,34-37
„Will einer Mir nachfolgen, so verleugne er sich selbst,
nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir.
Denn wer seine Seele retten will, wird sie verlieren,
wer aber seine Seele verliert um Meinet und des Evangeliums willen,
der wird sie retten.
Denn was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt,
aber Schaden nimmt an seiner Seele?
Oder was kann der Mensch geben als Gegenpreis für seine Seele“
Die Freiheit des Menschen folgt aus
seiner Bestimmung auf Erden
seiner Bestimmung auf Erden
Der
Mensch, dazu erschaffen, das unendlich große Bild des Göttlichen
Schöpfers auf Erden im Kleinen abzubilden, mußte notwendigerweise mit
den Eigen-schaften Gottes ausgerüstet sein, damit er in allem auf Gott
Selbst hin geordnet, auf Ihn bezogen war.[2] Als Abbild Gottes mußte der
Mensch ein seiner selbst bewußtes,[3] freies und seiner selbst
mächtiges[4] Wesen sein, denn ein Wesen ohne Bewußtsein seiner eigenen
Existenz, ohne Freiheit, ohne Macht über sich selbst, wäre der ihm
durch den großen Ratschluß des Göttlichen Schöpfers vorbehaltenen hohen
Berufung unwürdig.
Die
Freiheit des Menschen ist mithin die notwendige Konsequenz seiner
erhabenen Sendung, seiner Erschaffung und seines Erscheinens in der
Welt, und deshalb eine notwendige und ehrwürdige Gabe. Ohne Freiheit
wäre der Mensch von gleichem Rang wie die anderen Lebewesen, sein Tun
wäre der Knechtschaft unterworfen und ebenso sein Denken, das sich in
einem begrenzten Kreis bewegen und umherstreifen würde. Die Ideen des
Guten und Rechten wären ihm unbekannt, und er würde nicht wissen, was
schändlich ist, was schlecht, was unwahr. Er hätte keine Macht zum
Handeln aus freiem Entschluß, keine Möglichkeit, herauszutreten aus dem
begrenzten Kreis der angeborenen Triebe.
Die
Unkenntnis des Guten, des Rechten und des Wahren würde den Menschen zu
einem ethiklosen Wesen machen, sodass die Ethik für ihn ein Wort ohne
Sinn wäre, da sein Tun ethisch neutral und deshalb unqualifizierbar
wäre. Wegen ihrer Neutralität und Unterschieds-losigkeit wiederum würden
seine Taten keinerlei Gefühl oder Eindruck erwecken im Verstand oder im
Herzen des Menschen. Und auf Grund dieses Mangels wäre das Herz
gefühllos und der Verstand träge und untätig.
Diese
Gefühllosigkeit und diese Trägheit aber würden sich herabsenken wie
dunkle Wolken und das wunderbare Bild des Göttlichen Schöpfers
überdecken, das Seine schöpferische Hand so strahlend und mit so
bewundernswerter Kunstfertigkeit geschaffen hat und in welchem Seine
Gutheit, Weisheit und Kraft so hell leuchten. Diese Wolken würden ihn
hindern, seinen Bildner, den Schöpfer aller Dinge zu schauen und zu
erkennen. So würde der Mensch nichts wissen von Gott und von seinen
eigenen göttlichen Eigenschaften, und deshalb vermöchte die Schöpfung
niemals mit Wissen und Bewußtsein Gott zu verherrlichen, zu besingen, zu
lobpreisen und Ihm zu danken.
Der
Mensch wurde erschaffen, damit er Gott abbilde auf Erden. Gott
gestaltete ihn als geistiges und seiner selbst mächtiges Wesen, damit er
Seinen Willen erfülle, den Er in sein Herz einschrieb, und gab ihm auch
einen eigenen Willen. Zweck seiner Erschaffung war, dass [durch ihn]
die Schöpfung Gott erkenne. Er wurde mithin erschaffen, damit er seinen
Bildner und Schöpfer erkenne. Er wurde erschaffen, damit er sich zu Gott
erhebe, Gott verherrliche.
Er
wurde erschaffen mit dem Zweck, dass die von Gott erschaffene Schöpfung
mit vollem Bewußtsein ihren Göttlichen Schöpfer lobpreise. Seine Macht
über sich selbst,[5] sein geistiges Wesen und seine Freiheit, die ihn
zu ethischem Handeln befähigt, wurden ihm mithin dazu gegeben, seine
hohe Bestimmung zu erfüllen, seine hohe Sendung, die Erde zu verbinden
mit dem Himmel, und nicht abzuweichen nach rechts oder nach links,
sondern voranzuschreiten auf dem geraden Weg durch das Tun allein des
Guten, das in sein Herz eingeschrieben ist und das er auch spontan von
sich aus liebt.
Tut er aber etwas anderes und weicht ab von seiner Bestimmung, wird er unfrei und „macht sich den vernunftlosen Tieren gleich“ (s.
Ps 48,13 und 48,21). Der Mensch ist wahrhaft frei, solange er sich
nicht entfernt vom Guten, solange er seinen eigenen Willen dem Willen
Gottes angleicht. Doch sobald er abweicht vom geraden Weg, wird er zu
einem unfreien Wesen, und seine Freiheit ist nichts mehr als eine
Vortäuschung von Freiheit, eine Pseudo-Freiheit.
Unterordnung unter Gottes Willen
grenzt die menschliche Freiheit nicht ein
grenzt die menschliche Freiheit nicht ein
Indem
sich die Freiheit des Menschen dem Gesetz Gottes unterordnet, wird sie
keineswegs begrenzt, denn Gott in Seiner Göttlichkeit ist grenzenlos,
und der Grenzenlose kann die Freiheit nicht begrenzen. Ganz im
Gegenteil, Er weitet sie aus und läßt sie wachsen in dem Maß, wie der
Mensch Ihm folgt.
In
seiner Begründung der Pflicht des Menschen, dem Willen Gottes zu
folgen, sagt der heilige Martyrer Justinos der Philosoph:[6] „Gott hat
den Menschen frei und seiner selbst mächtig erschaffen, damit Er ihm
das, was er aus eigenem Verschulden verliert durch Nachlässigkeit und
Ungehorsam, in Seiner göttlichen Menschenliebe und Seinem göttlichen
Erbarmen wiederum schenken kann, wenn der Mensch umkehrt zum Gehorsam
gegenüber Seinem Willen. Das heißt, so wie der Mensch ungehorsam wurde
und sich den Tod zuzog, so auch kann er, wenn er wieder dem Willen
Gottes gehorcht, das ewige Leben gewinnen. Denn Gott hat uns heilige
Gebote gegeben, damit jeder, der sie einhält, gerettet werde und durch
Erlangen der Auferstehung die Unsterblichkeit erbe.“
Aus
diesem Grund mithin schuldet der Mensch, mit Ehrfurcht das Gesetz
Gottes einzuhalten und Seinen Willen zu tun, denn als Abbild Gottes ist
er verpflichtet, den Zweck seiner Sendung auf Erden zu erfüllen. Tut er
es nicht, wird er dereinst verurteilt werden als einer, der seine
Pflichten verletzt hat, weil er es unterließ, seinen Auftrag zu
erfüllen, und auf Grund seiner Nachlässigkeit schlechten Gebrauch machte
von seiner Macht über sich selbst und sich den Leidenschaften und den
Begierden hingab.
Gott achtet die Freiheit des Menschen,
daher die Notwendigkeit von dessen Mitwirkung am Heil
daher die Notwendigkeit von dessen Mitwirkung am Heil
Die
Selbstbestimmung des Menschen ist erwiesenermaßen unantastbar. Der Grad
seiner Freiheit wird aufgezeigt durch die Art, wie der Herr ihn ruft: „Will einer Mir nachfolgen, so verleugne er sich selbst....“
(Mk 8,34). Der Erlöser lädt den Menschen ein, Ihm zu folgen, überläßt
es aber seiner freien Entscheidung, ob er Ihm folgen oder seinem eigenen
Weg folgen will. Er ist gekommen, um den Menschen zu retten, doch er
tut seinem freien Willen keine Gewalt an. Er lädt ihn ein, aktiv
mitzuwirken an seiner Rettung, doch er tastet seine Selbstbestimmung in
keiner Weise an.
Wenn
wir die Heilsgeschichte studieren, sehen wir, wie der Sohn Gottes, der
Mensch wurde zur Rettung des Menschen und hinschreitet zu Seiner
freiwilligen Passion, um „hinwegzunehmen die Sünde der Welt“ (s.
Joh 1,29), um unsere eigenen Wunden zu tragen, um das große Mysterium
der Heilsökonomie zu vollstrecken und den Menschen mit Gott zu
versöhnen, bei alledem dem freien Willen des Menschen keinerlei Gewalt
antut.
Siehe,
die Tür des Paradieses, die verschlossen war, wird geöffnet und das
Flammen-schwert, das seinen Eingang hütete, wird weggenommen und die
Stimme des Gebieters ruft den Menschen, der daraus vertrieben worden
war, durch diese Tür einzutreten an den Ort der Erquickung. Doch Er
überläßt es dessen freien Entscheidung, ob er eintreten will oder nicht!
Die klare Anerkennung unserer Freiheit durch den Erlöser lehrt uns, dass unsere Erlösung nicht durch die unbeschränkte Energie der Gnade Gottes allein gewirkt wird, sondern auch durch die Einwilligung und mitwirkende Energie des Menschen. Über deren Notwendigkeit sagen die weisen Väter der Kirche Folgendes. Der göttliche Chrysostomos sagt: „Die Gnade, obwohl sie Gnade ist, rettet nur jene, die es wollen.“. Und der heilige Gregor der Theologe sagt: „Die Rettung erfordert unsere Zusammenarbeit mit Gott.“ Klemens von Alexandria seinerseits sagt: „Wenn die Seelen es wollen, sendet Gott den Heiligen Geist, doch wenn die Bereitschaft fehlt, hält Gott den Heiligen Geist zurück.“ Und der heilige Justinos der Philosoph betont: „Gott, Der den Menschen ohne den Menschen geschaffen hat, kann den Menschen nicht retten, wenn dieser es nicht will.“
So werden wir mit aller Deutlichkeit gelehrt, dass das Heil von zwei Faktoren abhängt: zuerst vom freien Wollen des Menschen und zweitens von der Gnade Gottes.
Die klare Anerkennung unserer Freiheit durch den Erlöser lehrt uns, dass unsere Erlösung nicht durch die unbeschränkte Energie der Gnade Gottes allein gewirkt wird, sondern auch durch die Einwilligung und mitwirkende Energie des Menschen. Über deren Notwendigkeit sagen die weisen Väter der Kirche Folgendes. Der göttliche Chrysostomos sagt: „Die Gnade, obwohl sie Gnade ist, rettet nur jene, die es wollen.“. Und der heilige Gregor der Theologe sagt: „Die Rettung erfordert unsere Zusammenarbeit mit Gott.“ Klemens von Alexandria seinerseits sagt: „Wenn die Seelen es wollen, sendet Gott den Heiligen Geist, doch wenn die Bereitschaft fehlt, hält Gott den Heiligen Geist zurück.“ Und der heilige Justinos der Philosoph betont: „Gott, Der den Menschen ohne den Menschen geschaffen hat, kann den Menschen nicht retten, wenn dieser es nicht will.“
So werden wir mit aller Deutlichkeit gelehrt, dass das Heil von zwei Faktoren abhängt: zuerst vom freien Wollen des Menschen und zweitens von der Gnade Gottes.
Zwei Naturen, zwei Willen –
der Widerstreit von Geist und Fleisch
der Widerstreit von Geist und Fleisch
Da
jedoch der Mensch ein zugleich materielles und geistiges Wesen ist,
äußern sich in ihm gleicherweise auch zwei Willen, als innerer Ausdruck
seiner einen Person, wenn diese ein bestimmtes Ding erstrebt. Obwohl
sich diese beiden Willen von ihrer Wirkungsform her nicht unterscheiden,
sind sie doch grundverschieden voneinander hinsichtlich des Wesens, von
dem sie ihren Ursprung haben. Denn der Geist begehrt, was des Geistes
ist, das Fleisch aber, was des Fleisches ist. So ist denn der eine Wille
Ausdruck der geistigen Gesinnung, der andere aber Ausdruck der
fleischlichen Gesinnung. Der Gegensatz zwischen den beiden Gesinnungen
bringt gegenseitigen Widerstand und heftigen Kampf hervor, bei dem jede
versucht, die Oberhand zu gewinnen und ihre eigene Macht durchzusetzen.
Bei
diesem Kampf begehrt zwar der innere Mensch den Sieg des Geistes, der
äußere Mensch aber den Sieg der fleischlichen Gesinnung, welche Tod
bedeutet, wie der Apostel Paulus sagt: „Die Gesinnung des Fleisches ist Tod, die Gesinnung des Geistes aber ist Leben und Frieden“ (Röm 8,6). Deshalb liegen Fleisch und Geist im Widerstreit, denn „das Fleisch begehrt wider den Geist und der Geist wider das Fleisch“ (Gal 5,17). Die fleischliche Gesinnung ist „Feindschaft gegenüber Gott, denn sie will sich dem Gesetz Gottes nicht unterordnen, noch auch vermag sie es...“, doch „die Gesinnung des Geistes legt Gott gemäß Fürbitte ein für die Heiligen“ (Röm
8,7 und 27). An anderer Stelle sagt der Apostel über die gleichzeitige
Existenz dieser beiden Gesinnungen und die natürliche Hinneigung des
inneren Menschen zur Gesinnung des Geistes: „Dem inneren Menschen nach
freue ich mich zwar an Gottes Gesetz, doch ich sehe noch ein anderes
Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meines Geistes widerstreitet
und mich fesselt an das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist“
(Röm 7,22-23).
Der
Mensch nimmt mithin das Gesetz Gottes von Natur aus an, denn an diesem
Gesetz freut sich der innere Mensch, weil es das ihm eigene Gesetz ist,
das Gesetz seines Geistes. Und jener Wille, der die Gesinnung des
Geistes zum Ausdruck bringt, ist der wahre Wille des Menschen, denn er
stimmt überein mit dem Gesetz seines Geistes, das dem Gesetz Gottes
gleichförmig ist, welches den inneren Menschen erfreut. Deshalb sagt der
heilige Johannes von Damaskus: „Das Gute wird von Natur aus geliebt und
begehrt, und auf natürliche Art verlangt uns stets danach. Das Böse
aber ist ein widernatürliches Verlangen, wenn wir etwas anderes
begehren als das von Natur aus begehrte.“
Doch
obwohl der wahre Wille der Wille des Geistes ist, das heißt das
Begehren des Gu-ten, das von Natur aus begehrt wird, ist er oftmals
nicht imstand, den Widerstand des Willens des Fleisches zu überwinden,
aus eben dem Grund, den der Apostel Paulus anführt, das heißt wegen dem
Gesetz des Fleisches, das den Menschen fesselt an das Gesetz der Sünde.
Über diese Einwirkung des Gesetzes des Fleisches sagt der Apostel: „Das
Wollen liegt zwar in meiner Reichweite, doch das Vollbringen des Guten
gelingt mir nicht. Denn nicht das Gute, das ich will, tue ich, sondern
das Böse, das ich nicht will, dieses tue ich“ (Röm 7,18-19).
Wahre Freiheit und Pseudo-Freiheit
Der
innere Mensch will zwar und begehrt das Gute, als das, was ihm
zugehörig und angeboren ist und was er ersehnt, als das ihm eigene
Gesetz, doch das Gesetz des Fleisches und der Sünde bekämpft die Kräfte
unserer wahren Freiheit, verhindert den Ausdruck des Guten und diktiert
uns das Tun des Bösen. Deshalb sagt der Apostel im Weiteren: „Tue ich aber das, was ich nicht will, bin nicht länger ich selbst es, der es tut, sondern die in mir wohnende Sünde“ (Röm 7,20).
So
ist denn das Gute tatsächlich das dem Menschen angeborene Gesetz und
sein wahrer Wille, das Böse aber ein anderswoher stammendes Gesetz,
etwas, das nicht erschaffen wurde von Gott und das dem wahren Willen des
Menschen entgegengesetzt ist. Wenn mithin der Mensch das Gute tut,
handelt er frei, gemäß dem Willen des inneren Menschen, und so ist er in
Wahrheit frei. Doch wenn er das Böse tut, handelt er unfrei, denn er
hat sich dem Gesetz der Sünde unterworfen und ist unfrei, Sklave der
Sünde.
Gemäß
dem Obengesagten ist frei mithin derjenige, der das Gute tut, Sklave
aber derjenige, der das Böse tut. Wahre Freiheit ist die Herrschaft der
Gesinnung des Geistes, die das Gute tut. Das Übergewicht der Gesinnung
des Fleisches aber, die das Böse tut, ist eine falsche Freiheit, eine
Pseudo-Freiheit.
Kennzeichen der wahren Freiheit
Kennzeichen
der wahren Freiheit, das heißt unseres wahrhaftig freien Willens, ist
die Liebe zum Guten, zum Rechten, zum Wahren, und das standhafte
Verharren in dieser Liebe. Die glühende Liebe zum Guten ist Ausdruck des
inneren, geistigen Menschen, die Exteriorisierung des Empfindens, das
ihn überflutet. Diese glühende Liebe wird geboren, wenn die Diktate des
Herzens übereinstimmen mit den Diktaten des göttlichen Gesetzes, das in
unsere Herzen eingeschrieben worden ist.
Auch die Heilige Schrift sagt, dass „das göttliche Gesetz eingeschrieben ist in die Herzen“ der
Menschen (s. Röm 2,15), denn Gott hat das Herz erschaffen als Sitz der
Liebe zum Guten. Deshalb liebt und ersehnt und erstrebt es von Natur aus
das Gute, und wie könnte es anders sein, war doch der erste Eindruck,
den es empfing, der Anblick des Guten, des Höchsten Guten! Ja, es ist
unmöglich, dass es sich anders verhält, denn das Gute hat im Herzen die
ersten Eindrücke hinterlassen, die sich tief in dasselbe eingegraben
haben und deshalb unauslöschlich und ewig sind. Diese Liebe, diese
Sehnsucht, dieses Streben nach dem göttlichen Gesetz ist es, was den
Apostel Paulus dazu bringt, das in das Herz eingeschriebene Gesetz zu
bezeichnen als „Gesetz des Geistes“ und es gleichzusetzen mit dem Gesetz
Gottes.
Diese
Erkenntnis des Wesens des wahrhaft freien Willens setzt uns instand,
unsere innere Freiheit unbeeinträchtigt zu bewahren und als wahrhaft
freie Wesen zu leben. Wahrhaft frei ist derjenige, der in Freiheit
denkt, will und handelt.
Die
Merkmale der inneren Freiheit sind: Ungebundenheit [durch
Leidenschaften und Sünden], Güte, Reinheit, Anstand, Mannhaftigkeit,
Stärke, Unbesiegbarkeit, Unerschütterlich-keit, Selbstbeherrschung und
Selbstbestimmung. Der innerlich freie Mensch ist geschmückt mit allen
Tugenden. Gottesfurcht, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Einsichtigkeit
bekränzen ihn mit unverwelklichen Kränzen.
Der
innerlich freie Mensch bildet in seinem Leben auf Erden das Bild seines
Göttlichen Schöpfers ab, dessen Schönheit er in sich trägt. Sein Weg
ist gerade, seine Heimat im Himmel (s. Phil 3,20). Er schwingt sich
empor von der Erde und wird ätherisch, wandert in himmlischen Gefilden.
Und indem er sich vereint mit dem Chor der Engel, verherrlicht er Gott,
seinen Schöpfer und Bildner.
Kennzeichen der Pseudo-Freiheit
Der
innerlich unfreie Mensch hingegen ist wirklich unfrei, denn die
Gebundenheit durch Leidenschaften und Sünden bedeutet innere
Knechtschaft, und innere Knechtschaft ist Unfreiheit. Daraus folgt, dass
der innerlich Unfreie im wirklichen Sinn unfrei ist, Sklave des
Gesetzes der Sünde, unfähig zum Tun des Guten, wie es sein wahrer
innerer Wille gebietet. Was er tut, entspricht dem Willen und der
Gesinnung des Fleisches und nicht seinem wahren inneren Willen.
Jener
pseudo-freie Wille vermag viele oberflächliche Menschen zu täuschen und
irrezu-führen und sie ins Verderben zu stürzen. Oftmals überzeugt er
sie, seine Suggestionen, die von den vielfältigen Leidenschaften und
Begierden stammen, zu akzeptieren als Diktate ihres wahren freien
Willens und Ausdruck ihres inneren Menschen, das heißt der geistigen
Natur.
Der innerlich unfreie Mensch beschmutzt das Abbild Gottes und „obwohl er Mensch ist der Ehre nach, macht er sich den vernunftlosen Tieren gleich“ (s. Ps 48,13 und 21). Er entehrt sich, erniedrigt sich und verdirbt.
Kennzeichen
der Pseudo-Freiheit sind die Liebe zum Gesetz der Sünde, innere
Gebundenheit, innere Gefangenschaft, Bosheit, Sündhaftigkeit, Hochmut,
Arroganz, Schamlosigkeit, Frechheit, Ängstlichkeit, Feigheit, zur
Niederlage führende Schwachheit, Verderbtheit, Gottlosigkeit,
Ungerechtigkeit, Lügenhaftigkeit, Uneinsichtigkeit und die weiteren
Übel, die den Menschen herabsetzen und entwürdigen.
Wie der Mensch seine wahre Freiheit bewahrt
Die Art und Weise, wie wir uns wahrhaftig frei bewahren können, hat uns der Erlöser Selbst aufgezeigt, indem Er sagte: „Wer seine Seele retten will, wird sie verlieren. Wer aber seine Seele verliert um Meinetwillen, wird sie retten“
(s. Mk 8,35). Das heißt, Er lehrte, dass wir nur durch die
Selbstverleugnung gerettet werden können. Und in der Tat, damit wir
wahrhaftig frei werden, ist es notwendig, dass wir uns selbst verleugnen
und das Kreuz schultern und dem Sohn Gottes folgen, Der uns ruft, um
uns zu befreien. „Wenn nun der Sohn euch befreit, werdet ihr wirklich frei sein“, sagt unser Erlöser und Befreier (Joh 8,36). Und wiederum: „Wenn
ihr in Menem Worte bleibt, seid ihr wahrhaftig Meine Jünger, und ihr
werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,31-32).
Also
werden wir frei, indem wir die Botschaft des Erlösers aufmerksam
anhören, darin verbleiben, das Kreuz schultern und Ihm folgen. Und wir
verleugnen uns selbst, indem wir uns lösen vom Gesetz des Fleisches samt den Leidenschaften und den Begierden
(Gal 5,24) und das Kreuz schultern, das heißt indem wir jede Mühsal
erdulden um des Gesetzes Gottes willen. Die Art und Weise mithin, wie
wir unsere Freiheit bewahren, ist dies: Stillegung des Willens des
Fleisches, Betätigung des Willens des Geistes und Unterordnung des
Niedrigeren unter das Höhere.
Danach
also muß der Mensch streben und für seine Rettung arbeiten, denn sonst
ist er in höchster Gefahr, verlorenzugehen. Es gibt nichts Gemeinsames
zwischen Licht und Finsternis, zwischen Gut und Böse. Die Sünde, die den
Menschen zerfrißt, ist Finsternis und das größte Übel, führt sie doch
Krieg gegen den Willen Gottes. Die innere Freiheit des Menschen rechnet
jede Abweichung vom Willen Gottes als Sünde an, und die Sünde entfernt
den Menschen von Gott.
Die Pflichten der Freiheit
So
groß wie der Wert der Freiheit ist, so groß sind auch die Pflichten,
die sie auferlegt. Der innerlich freie Mensch ist verpflichtet, heilig
zu werden. Deshalb gebietet Gott sowohl im Alten als auch im Neuen
Testament: „Werdet heilig, denn Ich bin heilig“ (Lev 11,44 und 1 Petr 1,16). Denn wie könnte der Unheilige in Kommunion treten mit dem Göttlichen? Und der Erlöser gebietet: „Seid vollkommen, so wie euer Vater in den Himmeln vollkommen ist“ (Mt 5,48), denn so wie der Vater ist, auf Den wir uns berufen, so müssen notwendigerweise auch die Kinder sein.
Gott
will mithin, dass wir heilig und vollkommen seien, denn nur Heilige und
Vollkommene sind Söhne des Vaters in den Himmeln, und nur solche haben
das Recht, mit der Zärtlichkeit von Söhnen Seine Gnade anzurufen, und
sie allein erben das Himmelreich. Deshalb auch schrieb der Apostel
Paulus an die Korinther: „Wißt ihr etwa nicht, dass Ungerechte das
Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige
noch Götzenanbeter, noch Ehebrecher, noch Lüstlinge, noch Homosexuelle,
noch Diebe, noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch
Plünderer werden das Reich Gottes erben“ (1 Kor 6,9-11).
Deshalb also ruft uns unser Erlöser, uns selbst zu verleugnen und das Kreuz auf uns zu nehmen und Ihm zu folgen: „Will einer Mir nachfolgen, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir“ (Mk 8,34). Er anerkennt zwar unsere Freiheit und Selbstbestimmung, überläßt denselben aber auch unsere Rettung. Anders gesagt, wer seine eigene Rettung will, ist gehalten, für ihre Erlangung zu arbeiten. Tut er es nicht, verliert er nicht nur jene Freiheit und Selbstbestimmung, sondern bereitet sich durch seine Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit auch den Verlust des ewigen Lebens und wird stattdessen die ewige Züchtigung erben, wovor Gott uns alle, so bete ich, bewahren möge.
Deshalb also ruft uns unser Erlöser, uns selbst zu verleugnen und das Kreuz auf uns zu nehmen und Ihm zu folgen: „Will einer Mir nachfolgen, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir“ (Mk 8,34). Er anerkennt zwar unsere Freiheit und Selbstbestimmung, überläßt denselben aber auch unsere Rettung. Anders gesagt, wer seine eigene Rettung will, ist gehalten, für ihre Erlangung zu arbeiten. Tut er es nicht, verliert er nicht nur jene Freiheit und Selbstbestimmung, sondern bereitet sich durch seine Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit auch den Verlust des ewigen Lebens und wird stattdessen die ewige Züchtigung erben, wovor Gott uns alle, so bete ich, bewahren möge.
Christus Selbst ist die Freiheit
Es
ist daher eine unabdingbare Notwendigkeit, dass wir dem Herrn folgen.
Denn erst wenn der Sohn Gottes uns befreit, sind wir in Wahrheit frei.
Ja, es ist wahr – nur der Sohn Gottes kann uns befreien, denn Er Selbst
ist die Freiheit. „Der Herr aber ist der Geist, und wo der Geist des Herrn ist, da ist die Freiheit“,
sagt der Apostel Paulus (2 Kor 3,17). Nur wenn wir dem Erlöser folgen,
können wir frei bleiben und erlöst werden von der Sklaverei der Sünde. „Jeder der die Sünde tut, ist Sklave der Sünde“ (Joh 8,34). Wollen wir mithin frei sein, sind wir gehalten, Christus dem Erlöser zu folgen. Quelle: www.prodromos-verlag.de
[1] Gr. Originaltitel Ὁμιλία περί τῆς ἀληθούς ἐλευθερίας. Aus dem Sammelband Περί ἐπιμελείας ψυχής („Über das Hüten der Seele“), Athen 1894, mit Homilien des hl. Nektarios v. Aegina, Bischof v. Pentapolis (1846-1920, siehe Das Synaxarion, 9. November). Übers. Kloster d. Hl. Johannes d. Vorläufers, Chania 2011.
[2] Gr. εἰς Αὐτὸν ἔχει τῆν ἀναφορά τοῦ.
[3] Gr. ἀυτοσυνείδητος.
[4] Gr. ἀυτεξούσιος.
[5] Gr. το ἀυτεξούσιον. Kann auch mit „Selbstbestimmung“ übersetzt werden, im Sinne des freien Willens und Entscheidens. Die oft verwendete Übersetzung mit „Selbständigkeit“ hingegen wird in dem vom Atheismus geprägten modernen Sprachgebrauch leicht mißverstanden und fälschlich identifiziert mit „Unabhängigkeit“ im Sinn von „Unabhängigkeit von Gott“, eine Idee, die dem Begriff des ἀυτεξούσιον fremd ist. Die Idee einer Unabhängigkeit des Menschen von jedem göttlichen Gesetz ist eine Erfindung unserer dekadenten Zeit und existiert in keiner menschlichen Kultur, welcher Epoche und Weltgegend auch immer.
[6] Siehe Das Synaxarion am 1. Juni. Der hl. Justinos lebte im 2. Jh. Deutsche Übers. seiner Schriften und Martyrer-akten in BKV (Bibliothek der Kirchenväter, online unifr.bkv)
http://www.impantokratoros.gr/heilige-nektarios-freicheit.de.aspx
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