Hl. Justin von Celije
Christi Gestalt im Herzen der Welt
Aus den Briefen [1]
Christi Gestalt im Herzen der Welt
Aus den Briefen [1]
Auch
bei uns arbeitet man hart, doch ohne Gebet. Auch bei uns gibt es
Denken, doch ein Denken ohne Gebet. Es scheint, dass alle, bewußt oder
unbewußt, sich angestrengt bemühen, die von Christus gegebene
Heilsökonomie des kirchlichen Lebens zu ändern, sie umzumodeln nach
ihrem eigenen Bild und Ebenbild, ihr an Stelle des Bildes Christi ihr
eigenes Bild aufzuprägen, den Raum jenes Bildes für sich einzunehmen.
All das reicht mehr oder weniger an die Grenzen der Auflehnung – den
von Christus eingesetzten Ökonomen, das Gebet, haben sie aus dem Haus
des Gebets vertrieben und an seiner Statt nervös Gesetzesgelehrte,
Verfassungsrechtler und Philosophiewissen-schafter eingesetzt, solche,
die der göttlichen Gnade und des Gebets entbehren.
Es
sind erschreckend und entmutigend viele, ungeheuer viele, die den
"Zeitgeist" verherr-lichen (zum Gott machen), ihn auf den Thron setzen
in ihrem Intellekt, ihn anbeten als ihren König und Gott, ihm Opfer
darbringen, und das in der Meinung, sie dienten Christus. Für diese ist
nicht das Ewige das Kriterium der Zeit, sondern die Zeit das Kriterium
der Ewigkeit. Sie spüren nicht, dass Zeit ohne Ewigkeit das elendeste
metaphysische Monstrum ist, welches verunstaltete, der natürlichen
Sphäre entrissene Figuren des Lebens produziert, die Materie formt wie
Teig und sie gierig verschlingt. Und Christus? Dieser seltsame Christus?
Für den christusfeindlichen Hochmut ist Er nichts weiter als eine
Geschichte, die zu Ende ist, eine Erzählung aus den trunkenen Mündern
der Tragödie, die den Planeten trunken gemacht hat.
Christus,
Seine greifbare Gegenwart, Seine anziehende Person, ist für mich die
notwendigste aller Notwendigkeiten. Da ich mich unablässig sehne nach
Ihm, wie könnte meine Seele anders als sich erschöpfen im Gebet? Kann
ich mich Ihm denn auf andere Weise nähern als im Gebet? Wer bin ich,
dass ich philosophieren, dass ich nachdenken könnte über Ihn ohne Gebet?
Selbstaufopferung –
der Ausweg aus allen Höllen
Es gibt heute nur wenige Menschen, die ein gesundes philosophisches Empfinden haben. Die Geschehnisse werden nur bruchstückhaft wahrgenommen und sehr selten in ihrer organischen Ganzheit gewertet. Die egoistische Selbstblendung, sei es auf der individuellen, der ethnischen oder der gesellschaftlichen Ebene, hindert den Geist des Menschen an jedem kritischen Ausblick, und so bleibt er gefangen in den Qualen seiner eigenen Hölle. Es gibt keinen Ausweg daraus, weil die Nächstenliebe fehlt. Die Europäer entwickeln sich rasch zu Menschenfressern, denn mit ihrer Selbstzufriedenheit haben sie sich der Fähigkeit zum lebendigen Empfinden der evangelischen Liebe beraubt. Nur die evangelische, Christus gemäße Liebe unterwirft jede Art von menschlichem Egoismus und Selbstzufriedenheit. Eine solche Liebe bedeutet stets Selbstaufopferung. Der Mensch kann nicht loskommen von seinem dämonischen Hang zur Sünde, wenn er nicht durch die Askese der aufopfernden Liebe seine Seele hingibt für die anderen, indem er ihnen mit evangelischer Hingabe und Aufrichtigkeit dient.
Selbstaufopferung –
der Ausweg aus allen Höllen
Es gibt heute nur wenige Menschen, die ein gesundes philosophisches Empfinden haben. Die Geschehnisse werden nur bruchstückhaft wahrgenommen und sehr selten in ihrer organischen Ganzheit gewertet. Die egoistische Selbstblendung, sei es auf der individuellen, der ethnischen oder der gesellschaftlichen Ebene, hindert den Geist des Menschen an jedem kritischen Ausblick, und so bleibt er gefangen in den Qualen seiner eigenen Hölle. Es gibt keinen Ausweg daraus, weil die Nächstenliebe fehlt. Die Europäer entwickeln sich rasch zu Menschenfressern, denn mit ihrer Selbstzufriedenheit haben sie sich der Fähigkeit zum lebendigen Empfinden der evangelischen Liebe beraubt. Nur die evangelische, Christus gemäße Liebe unterwirft jede Art von menschlichem Egoismus und Selbstzufriedenheit. Eine solche Liebe bedeutet stets Selbstaufopferung. Der Mensch kann nicht loskommen von seinem dämonischen Hang zur Sünde, wenn er nicht durch die Askese der aufopfernden Liebe seine Seele hingibt für die anderen, indem er ihnen mit evangelischer Hingabe und Aufrichtigkeit dient.
Stets
bereitet es mir große Freude, wenn ich unter den Intellektuellen einem
menschlichen Wesen begegne, welches in seinem Geschichtsverständnis
nicht dem Tierreich angehört. Vergebt mir das Paradox der Feststellung,
doch es ergibt sich aus meiner Erfahrung.
Das
sichtbarste Zeichen der christlichen Freundschaft ist folgendes: dass
du dich deines Freundes erinnerst in deinen täglichen Gebeten.
Der größte Reichtum – der orthodoxe Glaube
Geliebte Schwester,
Der Reichste schreibt an die Reichste, ich an Euch. Dieser unermeßliche und unerschöpfliche Reichtum ist unser orthodoxer Glaube. Kraft dieses Glaubens sind alle Himmel, alle Welten Gottes unser. Und das Kostbarste von allem: der Allmächtige Herr und Christus Selbst ist unser, und mit Ihm alle ewige Seligkeit, alle ewige Freude...
Der größte Reichtum – der orthodoxe Glaube
Geliebte Schwester,
Der Reichste schreibt an die Reichste, ich an Euch. Dieser unermeßliche und unerschöpfliche Reichtum ist unser orthodoxer Glaube. Kraft dieses Glaubens sind alle Himmel, alle Welten Gottes unser. Und das Kostbarste von allem: der Allmächtige Herr und Christus Selbst ist unser, und mit Ihm alle ewige Seligkeit, alle ewige Freude...
Seit
der Herr und Christus auf Erden erschienen ist, gibt es keinen Abgrund
mehr zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und dem Menschen. Das
Göttliche ist vereint worden mit dem Menschlichen, das Himmlische mit
dem Irdischen, das Ewige mit dem Endlichen.
Die
Kirche als der Gottmenschliche Leib Christi ist der himmlisch-irdische
Palast, in dem das ewige Leben gelebt wird durch den rechten, wahren,
apostolischen, gottmenschlichen und heiligväterlichen orthodoxen Glauben
an den Herrn Jesus Christus. In der Kirche Christi gibt es keine Toten.
Alle sind lebendig, unsterblich lebendig. Von hienieden an schon leben
sie die Unsterblichkeit, und nach dem Hinübergang in die andere Welt
sind wir noch vollständiger, noch intensiver, noch greifbarer, noch
unsterblicher unsterblich.
Hier
(in der Kirche) vereinigen sich die Engel mit den Menschen, hier
umarmt die Freude die Wahrheit, hier umfängt die Zeit die Ewigkeit, hier
umarmt der Glaube die Unsterblichkeit, und der Mensch, inmitten all
dieses Frohlockens, wird unsterblich und ewig, lebt durch die Heiligen
Mysterien Christi und Seine Tugenden. Überdachung des Ganzen und
unsterblicher als die Unsterblichkeit selbst ist der heilige orthodoxe,
apostolische und heiligväterliche Glaube. Reich zu werden an diesem
Glauben ist für die menschliche Existenz der größte Reichtum aller
Welten, ein unvergänglicher Reichtum.
Der echte Priester
Der
echte Priester darf weder an schlechten Priestern noch an schlechten
Hierarchen Anstoß nehmen. Immerzu hält er seinen Blick gerichtet auf
das, was über diesen ist, immerzu blickt er auf die heiligen Priester
und Hierarchen. Er sieht auf den heiligen Chrysostomos, den heiligen
Savas, den Hieromartyrer Abbakum den Diakon und eine Menge anderer
Heiliger. Diesen ist er verbunden mit ganzer Seele, diese bewundert er
und von diesen läßt er sich leiten. Und sie? Sie sind alle auch heute
zur Gänze lebendig in der Kirche, so wie sie es gestern waren und vor
tausend Jahren.
Lebendig
sind alle heiligen Apostel, lebendig alle heiligen Martyrer, lebendig
alle heiligen Väter, die heiligen Bekenner, und jeden Tag konzelebrieren
sie mit uns unwürdigen Liturgen Gottes die Göttliche Liturgie. Sind wir
mithin nicht stärker und mächtiger als jeder Tod, als jedes Böse und
jede Sünde? Kann es also für uns irgendeinen Grund zur Entmutigung geben
in unserer priesterlichen Berufung? Selbst die Diakonie der Engel steht
nicht höher als die Diakonie der Priester! Der Priester hat göttliche
Vollmacht über Paradies und Hölle, über Leben und Tod, über
Unsterblichkeit und Ewigkeit.
Als
hättest du vorübergehend an alledem gezweifelt, Geliebter, wurde dein
Geist erschüttert. Doch Kopf hoch! Denn niemand unter dem
Menschengeschlecht hat das, was der Priester Christi besitzt. Das
Bedeutsame ist: Stärke dich durch Glauben, Gebet und Liebe zum
wunderbaren Herrn, zum süßesten Herrn, und jeder Tod wird weichen von
dir, weit mehr noch die Verzweiflung und deren Kinder.
Die
Ewigkeit ist schrecklich ohne den Gottmenschen, denn auch der Mensch
ist schrecklich ohne den Gottmenschen. Alles Menschliche findet allein
im Gottmenschen seine letzte und logische Deutung. Ohne den wunderbaren
Herrn Jesus Christus wandelt sich alles Menschliche unausweichlich zum
Chaos, zum Schrecken, zum Tod, zur Hölle – die Vernunft wird zur
Torheit, das Gefühl zur Verzweiflung, das Verlangen zur
Selbstzerstückelung, sei es durch Selbstvergottung oder durch
Selbstvernichtung.
Unsere
Haltung gegenüber den nichtorthodoxen Christen: Erstens sollen wir
unerschütterlich festhalten an der Orthodoxie, ihren Heiligen Mysterien
und ihren heiligen Tugenden, mit unserem Herzen, unserem Denken und
unserem ganzen Leben. Auf diese Weise werden wir zu vollständigen,
allumfassenden [katholischen] Menschen werden, im Geist, im Herzen und
in unserem ganzen Leben. Zweitens sollen wir ununterbrochen zusammen mit
allen Heiligen (Eph 3,18) leben, denn nur so können wir die
gottmenschlichen Tiefen, Höhen und Breiten Christi erkennen. Zusammen
mit allen Heiligen leben bedeutet, dass wir zusammen mit allen Heiligen
denken, was bedeutet, dass wir zusammen mit allen Heiligen fühlen, das heißt, dass wir zusammen mit allen Heiligen beten und am Ende zusammen mit allen Heiligen lieben.
Die Gottmenschliche Evolution des Menschen
Die Gottmenschliche Evolution des Menschen
Du
ersuchst mich, auf die Frage zu antworten, ob die wissenschaftliche
Auffassung von der Evolution der Welt und des Menschen koexistieren
könne mit dem traditionellen orthodoxen Empfinden und Wissen. Du fragst
auch, welches in diesem Fall der Standpunkt der Heiligen Väter sei und
ob eine solche Koexistenz generell notwendig sei. In aller Kürze
antworte ich dir das Folgende:
Die
Anthropologie des Neuen Testaments steht und fällt zusammen mit der
Anthropologie des Alten Testaments. Das gesamte Evangelium des Alten
Testaments: Der Mensch ist Bild Gottes! Das gesamte Evangelium des Neuen
Testaments: Der Gottmensch ist Bild des Menschen! Alles was im Menschen
himmlisch, göttlich, ewig, unsterblich und unwandelbar ist, bildet in
ihm das Bild Gottes, die Gottgestalt des Menschen.
Diese
Gottgestalt des Menschen wurde verunstaltet durch die freiwillige Sünde
desselben im Zusammenwirken mit dem Teufel, durch die Sünde und den Tod
als Folge der Übertretung. Gott wurde Mensch, um Sein durch die Sünde
verdorbenes Bild wiederherzustellen. Aus diesem Grund ist Er Mensch
geworden und bleibt in der Welt der Menschen als Gottmensch, als Kirche,
um dem Bild Gottes – dem Menschen – alle erforderlichen Mittel zu
geben, damit dieser verunstaltete gottgestaltige Mensch innerhalb des
gottmenschlichen Leibs der Kirche mit Hilfe der Heiligen Mysterien und
Tugenden heranreifen kann zum vollkommenen Menschen, zum Vollmaß der Fülle Christi (Eph
4,13). Dies ist die gottmenschliche Evolution des Menschen, dies ist
die gottmenschliche Anthropologie. Die Bestimmung des gottgestaltigen
Wesens, das "Mensch" genannt wird, ist eine einzige: nach und nach
vollkommen zu werden, so wie Gott der Vater vollkommen ist, Gott zu
werden der Gnade nach, die Vergöttlichung zu erlangen, die
Christifizierung, die Triadifizierung. Gemäss den Heiligen Vätern "wurde
Gott Mensch, damit der Mensch Gott werden kann" (hl. Athanasios der
Große).
Die
sogenannten "wissenschaftlichen" Anthropologien anerkennen die
Gottgestaltigkeit des menschlichen Wesens keineswegs. Damit leugnen sie
von vornherein die gottmenschliche Evolution des Menschenwesens.
Wenn
der Mensch nicht Bild Gottes ist, dann sind der Gottmensch und Sein
Evangelium etwas Unnatürliches, etwas Mechanisches und Unwirkliches.
Dann ist der Gottmensch Christus ein Roboter, der andere Roboter
hervorbringt. Dann wird der Gottmensch zu einem Tyrannen, der den
Menschen mit Gewalt zu einem Wesen umformen will, das so vollkommenen
ist wie Gott. Im Grunde haben wir es dann mit einer juristischen Utopie
zu tun, einer Selbsttäuschung, einem unrealisierbaren "Ideal". Letzten
Endes handelt es sich dann um einen Mythos, eine Legende.
Wenn
mithin der Mensch nicht ein gottgestaltiges Wesen ist, dann ist der
Gottmensch Selbst überflüssig, denn die wissenschaftlichen
Evolutionstheorien anerkennen weder die Sünde noch den Erlöser von der
Sünde. In der irdischen Welt der "Evolution" ist alles natürlich, und es
gibt darin keinen Platz für Sünde. Deshalb ist es unsinnig, hier von
Erlöser und Erlösung von der Sünde zu reden. In letzter Analyse ist
alles "natürlich": die Sünde, das Böse und der Tod. Denn wenn dem
Menschen alles geschieht und alles gegeben ist als Ergebnis der
Evolution, dann gibt es nichts, was gerettet werden müßte in ihm, da er
ja nichts Unsterbliches und Unwandelbares in sich hat, denn alles an ihm
ist irdisch und Staub, und als solches ist all das vergänglich,
hinfällig und sterblich.
In
einer solchen Welt der "Evolution" ist auch kein Platz für die Kirche,
den Leib des Gottmenschen Christus. Die Theologie wiederum, die ihre
Anthropologie auf die "wissenschaftliche" Evolutionstheorie gründet, ist
nichts weiter als eine Widerrufung ihrer selbst. Im Grunde geht es hier
um eine Theologie ohne Gott und eine Anthropologie ohne Mensch. Wenn
der Mensch nicht das unsterbliche, ewige und gottmenschliche Bild Gottes
ist, dann sind alle Theologien und alle Anthropologien nichts als eine
unsinnige Farce, eine tragische Komödie.
Die
orthodoxe Theologie und unsere Verbindung mit den Heiligen Vätern sind
unser Weg und Aufstieg zu der gottmenschlichen, der orthodoxen
Allwahrheit. Dies ist etwas, das der Analyse bedarf, etwas für jene, die
sich mit der Problematik des Evangeliums auf diesem Planeten befassen.
Alle Probleme des Evangeliums konzentrieren sich im Wesentlichen auf das
Problem des Menschen. Und alle Probleme des Menschen konzentrieren sich
auf ein einziges Problem, jenes des Gottmenschen. Nur der Gottmensch
ist die Lösung für das allumfassende Rätsel, das "Mensch" genannt wird.
Ohne den Gottmenschen und außerhalb des Gottmenschen wandelt sich der
Mensch immerdar – ob bewußt oder nicht – zum Untermenschen, zum
Menschenartigen, zum Übermenschen, zum Teufelsmenschen. Der Beweis, die
Beweise hierfür? Die gesamte Menschheitsgeschichte.
Ich
bemühe mich stets, meine Gedanken zu überprüfen anhand der Schriften
der Heiligen Väter. Deshalb bitte ich auch euch, alles, was ihr von mir
empfangt, streng an den Heiligen Vätern nachzuprüfen, damit nicht etwa
meine Seele eine Sünde auf sich lade durch das Denken, damit nicht etwa
mein Denken durch irgendeine Sünde irregeleitet werde und sich
versündige gegen das heilige Mysterium der Heiligen Dreiheit. Deshalb
hört nicht auf, für mich zu beten, damit mein Geist allezeit ein
wohlgemuter Knecht der heiligen Demut sei und des heiligen, unablässigen
und unermüdlichen Gebets.
Was
bedeutet Christ sein? Christ sein bedeutet, ohne Sünde zu sein. Dies
wiederum bedeutet, dass ich ganz Christus angehöre, aus ganzer Seele,
mit ganzem Herzen, mit ganzem Denken und mit ganzem Wollen. Und das wird
erreicht, wenn wir kraft des Glaubens, der Liebe, des Gebets, der
Hoffnung und aller heiligen Tugenden den Geist, die Seele, das Herz und
den Willen dem geliebtesten Herrn übergeben. Dann bearbeitet Er sie und
formt sie um zu einer neuen Seele, einem neuen Herzen, einem neuen Geist
und einem neuen Willen....
Das
größte Mysterium liegt im Menschen selbst und nicht in den Welten, die
ihn umgeben. Doch den Menschen fällt es leichter, in den materiellen
Dingen zu graben. Sie geben sich ab mit diesen, verlieben sich in sie,
beten sie an und vergotten sie, und alle diese Götzen bezeichnen sie
danach mit dem kollektiven Namen "Bildung" und "Kultur". Indem sie weit
weg fliehen von ihrem inneren Mysterium und sich mit den äußeren Dingen
beschäftigen, gleichen sie sich diesen oftmals an und verwandeln sich
gar in diese. Dies ist ihr großer Sturz und Irrtum, dies auch ist die
Essenz der menschlichen Tragödie, von Anfang an und immerdar. Die ganze
Wahrheit hierüber wird in der Heiligen Schrift ausgedrückt: Und Adam und seine Frau verbargen sich vor dem Angesicht Gottes des Herrn im Baum des Paradieses (Gen
3,8). Das ist etwas, das fortwährend geschieht: die Menschen verbergen
sich in den Dingen. Sie fliehen vor Gott und vor sich selbst und
befassen sich mit der Welt, die sie umgibt.
Wenn
der Mensch sich löst von der Anbetung der Dinge und mutig in sein
Inneres blickt, entdeckt er in sich selbst ein so ungewöhnliches,
packendes und wunderbares Geheimnis, dass er mit Freuden alle äußeren
Götzen in den Staub wirft und sich entschlossen jenem Geheimnis der
eigenen Person zuwendet, als etwas, das mehr wert ist als alle Dinge
dieser Welt. Und so wird dieser Mensch zum Zeugen eines großen und
heiligen Mysteriums. Um dieses Zeugnisses willen lohnt es sich, in
dieser schmerzensreichen Welt zu leben.
Wenn
der Mensch das heilige Mysterium seiner Person aufrichtig und geduldig
trägt, werden ihm außergewöhnliche Augenblicke der Hellsichtigkeit
gewährt. In diesen Augenblicken berührt er die tiefsten Tiefen seiner
Personalität und entdeckt ihre Quelle: der ihm innewohnende Logos. Aus
dieser Quelle strömt lebendiges Wasser, welches das menschliche Sein mit
Unsterblichkeit speist.
Wenn
du einen Menschen tötest, bedeutet das, dass du ihm die Zeit raubst,
die Gott ihm gegeben hat, damit er durch sein irdisches Leben innerhalb
der Zeit das ewige Leben erringen kann. Es bedeutet ferner, dass du
deine Hand anlegst an das kostbarste Geschöpf Gottes in der sichtbaren
Welt. Letzten Endes bedeutet es, dass du dich gegen Gott Selbst kehrst,
denn was immer der Mensch hat, kommt von Gott – die Seele und ebenso der
Leib.
http://www.prodromos-verlag.de/
http://www.impantokratoros.gr/60EE156E.de.aspx
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