Hl. Basilios der Große
An die Reichen [1]
An die Reichen [1]
Der reiche Jüngling,
der dem Rat des Herrn nicht folgen mochte
1. Ueber diesen Jüngling (s. Mt 19,16ff) haben wir schon früher gesprochen, und der aufmerksame Hörer wird sich erinnern an das, was damals gesagt wurde. Zuerst nämlich, dass es sich bei ihm nicht um den Gesetzeslehrer handelt, von dem bei Lukas die Rede ist (s. Lk 10,25ff).[2] Denn jener war ein Versucher, der seine Fragen hinterhältig stellte. Der Jüngling hier aber fragte aufrichtig, ließ sich allerdings von der Antwort nicht überzeugen. Denn hätte er dem Herrn seine Frage in böser Absicht gestellt, wäre er nicht betrübt über die von Ihm empfangene Antwort davongegangen.
der dem Rat des Herrn nicht folgen mochte
1. Ueber diesen Jüngling (s. Mt 19,16ff) haben wir schon früher gesprochen, und der aufmerksame Hörer wird sich erinnern an das, was damals gesagt wurde. Zuerst nämlich, dass es sich bei ihm nicht um den Gesetzeslehrer handelt, von dem bei Lukas die Rede ist (s. Lk 10,25ff).[2] Denn jener war ein Versucher, der seine Fragen hinterhältig stellte. Der Jüngling hier aber fragte aufrichtig, ließ sich allerdings von der Antwort nicht überzeugen. Denn hätte er dem Herrn seine Frage in böser Absicht gestellt, wäre er nicht betrübt über die von Ihm empfangene Antwort davongegangen.
Deshalb
schien uns seine Einstellung einigermaßen widersprüchlich, zeigte er
sich doch einerseits als lobenswert seiner Frage wegen, andrerseits aber
als völlig jämmerlich und hoffnungslos.
Das Lobenswerte war, den wahren
Meister zu erkennen und, die Arroganz der Pharisäer, den Dünkel der
Gesetzeslehrer und die Aufgeblasenheit der Schriftgelehrten
beiseiteschiebend, diesen Titel des Meisters dem allein wahren und guten
Lehrer zuzuerkennen. Und dass er es für der Sorge wert zu halten
schien, wie er das ewige Leben erlangen könnte, war ebenfalls
anerkennenswert. Was indessen seine wirkliche innere Neigung bloßlegte,
die nicht auf das wahre Gute abzielte, sondern auf das, was den vielen
gefällt, war die Tatsache, dass er die rettenden Lehren des wahren
Lehrers weder in sein Herz schrieb, noch auch in Werke umsetzte, sondern
niedergeschlagen von dannen ging, verfinstert durch die Leidenschaft
der Habsucht.
Dies
zeigt die Inkonsequenz seiner Haltung und seine Uneinigkeit mit sich
selbst. Du nennst Ihn Meister und tust nicht, was des Jüngers ist? Du
bekennst Ihn als gut [3] und mißachtest, was Er dir gibt? Wo doch
offenkundig ist, dass der Gute Gutes gibt. Und du fragst bezüglich des
ewigen Lebens, erweist dich aber als einer, der zur Gänze an den Genuß
des gegenwärtigen Daseins gefesselt ist?
Was war denn das Mühselige oder Beschwerliche oder Übermäßige, das dir der Meister angeraten hat? "Verkauf deine Habe und gib sie den Armen"
(Mt 19,21). Hätte Er dir die Plackerei des Ackerbaus empfohlen, die
Gefahren des Handels oder irgendwelche andere der Dinge, denen sich
mühevoll diejenigen hingeben, die sich zu bereichern suchen, dann
hättest du dich zu Recht betrüben können über die Beschwerlichkeit des
Auftrags. Nun aber, wo Er dir verspricht, dich auf mühelosem Weg, ohne
die geringste Anstrengung, ohne Schweiß, als Erben des ewigen Lebens zu
erweisen, da freust du dich nicht über die Leichtigkeit des Heils,
sondern gehst von dannen mit betrübter Seele und voller Trauer und
machst so für dich selbst all das zunichte, was du bisher an Mühe
erbracht hast?
Denn
wenn du, wie du sagst, weder gemordet, noch die Ehe gebrochen, noch
gestohlen, noch falsches Zeugnis abgelegt hast gegen irgendwen, dann
machst du die Mühe um all das unnütz für dich selbst, wenn du nicht
hinzufügst, was noch fehlt und wodurch allein du Eingang erlangen kannst
in das Reich Gottes.
Wenn
dir ein Arzt ankündete, dass er deine verkrüppelten Glieder heilen
wird, die du von Geburt an hast oder die durch Krankheit so wurden,
würdest du dich nicht freuen beim Hören dieser Nachricht? Wenn aber der
große Arzt der Seelen dich, dem es am Wichtigsten fehlt, vollkommen
machen will, nimmst du die Gabe nicht an, sondern trauerst und betrübst
dich.
Daran
zeigt sich, dass du in Wirklichkeit weit entfernt bist von jenem Gebot
und lügnerisch von dir bezeugtest, dasselbe eingehalten und deinen
Nächsten so geliebt zu haben wie dich selbst. Denn siehe, das vom Herrn
Gebotene erweist dich als einen, dem es in höchstem Maß an der wahren
Liebe fehlt. Denn wenn der Wahrheit entspräche, was du sagtest, nämlich
dass du das Gebot der Liebe von Jugend an eingehalten und jedem soviel
gegeben habest wie dir selbst (s. Mt 16,18-20), wie kommt es dann, dass
du diesen ganzen Reichtum hast?
Denn
die Hilfe an die Bedürftigen zehrt den Reichtum auf, sofern jedem ein
wenig gegeben wird zur Deckung seiner elementaren Bedürfnisse und das
Vorhandene an alle gleicherweise verteilt wird, die Verteilenden
eingeschlossen. Denn wer den Nächsten liebt wie sich selbst, besitzt
auch selbst nicht mehr als sein Nächster.
Du
aber hast offenkundig viele Besitztümer. Woher hast du sie? Es liegt
auf der Hand, dass du sie daher hast, dass du deinen eigenen Genuß über
die Linderung der Not der Vielen stellst. Je reicher mithin du bist an
Besitz, desto ärmer bist du an Liebe. Denn hättest du deinen Nächsten
geliebt, würdest du längst dafür gesorgt haben, deinen Besitz zu
verteilen. Nun aber sind die Besitztümer Teil deiner selbst geworden,
mehr als die Glieder deines Leibes, und die Trennung von ihnen schmerzt
dich so, als wäre es das Abschneiden des Wichtigsten.
Hättest
du aber Nackte bekleidet, hättest du dem Hungernden dein Brot gegeben,
wäre deine Tür offen gewesen für jeden Fremden, wärst du zum Vater
geworden für Waisen, hättest du Mitleid empfunden für jeden Schwachen –
welchen Besitzes wegen würdest du dich jetzt betrüben? Wie könnte es
dir nun schwerfallen, auch das Übriggebliebene noch wegzugeben, wenn du
schon lange daran gedacht hättest, es an jene zu verteilen, die es nötig
haben?
Wenn
es darum geht, Feste zu feiern, betrübt sich niemand, von seinem Besitz
zu verkaufen, um das hiefür Nötige zu erstehen, und je niedriger der
Preis ist, zu dem er Kostbares ersteht, desto größer ist seine Freude,
denn der Tausch ist zu seinem Vorteil. Du aber betrübst dich, wenn du
Gold und Silber und Grundstücke gibst, das heißt Stein und Staub, um das
selige Leben zu erwerben!
Das unersättliche Bedürfnis an Überflüssigem -
eine List des Teufels
eine List des Teufels
2. Doch
wozu brauchst du den Reichtum? Du hüllst dich in kostbare Gewänder? Ein
Hemd von zwei Ellen und ein Übergewand decken den ganzen Bedarf an
Bekleidung. Oder ist der Reichtum etwa notwendig für deine Nahrung? Ein
Brot genügt, um den Magen zu füllen. Warum also betrübst du dich? Was
verlierst du? Etwa den Ruhm des Reichseins? Doch wenn du den Ruhm nicht
im Niedrigen suchst, wirst du jenen wahren und strahlenden Ruhm finden,
der dir vorangehen wird ins Reich der Himmel. Man liebt jedoch den
Reichtum auch allein um seinetwillen, selbst wenn daraus keinerlei
Nutzen erwächst. Dabei ist doch allbekannt, dass das Bemühen um
Nutzloses Torheit ist.
Vielleicht
wird dir paradox erscheinen, was ich nun sagen werde, doch es ist in
jeder Hinsicht wahr: Wird der Reichtum verteilt, so wie der Herr es
gebietet, bleibt er erhalten, sucht man ihn aber zu bewahren, geht er
verloren. Bewahrst du, hast du nichts. Verteilst du, verlierst du
nichts. "Er verteilte, er gab den Armen. Seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit" (Ps 111,9).
Für
die meisten allerdings ist der Reichtum nicht der Kleidung oder der
Nahrung wegen wichtig, sondern deswegen, weil eine vom Teufel ersonnene
List den Reichen Tausende von Vorwänden suggeriert für Ausgaben, sodass
sie das Überflüssige und Unnütze für notwendig und wichtig halten und
unersättlich sind im Finden von immer neuem Aufwand.
Sie
teilen ihren Reichtum auf in das, was nötig ist für die heutigen
Bedürfnisse, und das was nötig ist für die künftigen, und einen Teil
stellen sie für sich selbst zurück, den anderen für ihre Kinder. Danach
teilen sie ihren Anteil auf gemäß den vielfältigen Ausgabenposten. Und
vernimm, nach welchen Regeln sie dabei vorgehen: Es sei, so bestimmen
sie, ein Teil des Vermögens für den Verbrauch, der andere zur
Hinterlegung. Und jener Teil, der zur Deckung der Ausgaben dient, sei
größer als die effektiven Bedürfnisse. Soviel sei für die
Prachtausstattung der Residenz vorbehalten, soviel für die
Repräsentation nach außen, soviel für das prächtige Reisen, soviel für
das luxuriöse und glanzvolle Wohnen zuhause.
Und
ich verwundere mich in der Tat, wieviel Überflüssiges man sich
ausgedacht hat: Karossen zu Tausenden, die einen für das Gepäck, die
anderen für die Reisegesellschaft, alle mit Bronze und Silber überzogen.
Pferde ohne Zahl, für welche wie für die Menschen Stammbäume geführt
werden von Vätern adeliger Rasse an. Die einen dienen zum vergnüglichen
Ausritt in der Stadt, andere für Jagdpartien, noch andere sind dressiert
für längere Reisen. Zügel, Gurten und Halsbänder sind stets mit Silber
besetzt, stets goldverziert. Purpurne Decken schmücken die Pferde wie
Bräutigame. Ferner Scharen von Maultieren, sortiert nach Farbe, sowie
ihre Führer, einer hinter dem anderen, die einen als Vorhut, die anderen
als Nachhut. Dann eine endlose Schar von Bediensteten, um all die
verschiedenen Bedürfnisse der Herrschaften zu befriedigen: Aufseher,
Verwalter, Ackerbauern, Berufsleute jeder Art zur Sicherstellung des
Notwendigen, aber auch der Genüsse und Vergnüglichkeiten, wie Köche,
Bäcker, Weinschenke, Jäger, Bildhauer, Maler, Schöpfer jedwelcher
Wonnen. Herden von Kamelen, von denen die einen Lasten tragen, die
anderen auf der Weide sind. Herden von Pferden, Rindern, Schafen und
Schweinen mit ihren Hirten. Dazu Weideland, ausreichend zur Ernährung
all dieser Tiere, sowie Ackerland, das mit seinen Früchten hinzufügt zum
Reichtum. Dann Bäder in der Stadt, Bäder auf dem Land. Residenzen aus
glänzendem Marmor verschiedener Arten, aus Phrygien, Lakonien oder
Thessalien. Von diesen erwärmen einige im Winter, andere erfrischen im
Sommer. Die Fußböden sind belegt mit bunten Mosaiken, die Decken mit
Gold überzogen. Und was von den Wänden nicht mit Marmor bedeckt ist,
prangt von Blumengemälden.
Der verderbliche Eigennutz
3. Wenn nach der Verschleuderung in tausenderlei Dinge immer noch Reichtum im Überfluß vorhanden ist, wird er in der Erde vergraben und in Geheimfächern aufbewahrt. Denn die Zukunft ist ungewiss [so räsoniert man], und es kann sein, dass uns irgendwelche unerwartete Bedürfnisse erwachsen.
3. Wenn nach der Verschleuderung in tausenderlei Dinge immer noch Reichtum im Überfluß vorhanden ist, wird er in der Erde vergraben und in Geheimfächern aufbewahrt. Denn die Zukunft ist ungewiss [so räsoniert man], und es kann sein, dass uns irgendwelche unerwartete Bedürfnisse erwachsen.
Ungewiss
ist in der Tat, ob du je dazu kommen wirst, das vergrabene Gold zu
gebrauchen. Nicht ungewiss aber der Schaden, der aus solch
unmenschlichem Verhalten folgt. Da du den Reichtum trotz Tausender von
Einfällen nicht aufzubrauchen vermochtest, vergrubst du ihn in der Erde –
welch gewaltiger Unsinn! Solange das Gold in der Erde war,
durchwühltest du sie, um es herauszuholen, und jetzt, nachdem du es
herausgeholt hast, läßt du es wieder in der Erde verschwinden! Es
widerfährt dir, so glaube ich, was der Herr sagt: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (Mt 6,21), und zusammen mit dem Reichtum hast du auch dein Herz vergraben.
Deshalb
sind die Gebote betrüblich für solche Leute, denn das Leben wird ihnen
unerträglich, wenn sie sich nicht ständig mit unnützem Aufwand
beschäftigen können. Mir scheint, die Misere des Jünglings und
seinesgleichen ist ungefähr dieselbe wie jene eines Mannes, der im
Wunsch, eine bestimmte Stadt zu besuchen, den ganzen Weg bis dorthin
durchwandert, dann aber Halt macht in einer der Herbergen vor ihren
Toren und aus Widerwillen gegen eine weitere kleine Anstrengung seine
ganze vorausgegangene Mühe zunichte macht und sich selbst ausschließt
von der Bekanntschaft mit den guten Dingen jener Stadt.
Ebendies
widerfährt denen, die zwar alles andere zu tun bereit sind, sich aber
der Entledigung ihrer Besitztümer widersetzen. Ich kenne viele, die
fasten, beten, seufzen, die ganze Frömmigkeit, die keine Kosten
verursacht, an den Tag legen, den Notleidenden aber keinen einzigen
Heller spenden. Was nützt ihnen da die übrige Tugend? Denn das Reich der
Himmel wird sie nicht aufnehmen, sagt doch der Herr: „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als ein Reicher in das Reich der Himmel“ (s. Lk 18,25).
Doch
obwohl das Urteil klar ist und ohne Lüge Derjenige, Der es
ausgesprochen hat, läßt sich nur selten einer überzeugen. „Wie sollen
wir denn überleben, wenn wir alles weggeben?“ sagen sie. „Wie soll die
Lebensordnung erhalten bleiben, wenn alle ihre Habe verkaufen und alle
sich ihres Besitzes entledigen?“ Was fragst du mich nach dem Sinn der
göttlichen Satzungen? Der das Gesetz gab, weiß auch das Unmögliche zu
vereinbaren mit dem Gesetz.
Dein
Herz wird geprüft wie auf einer Waage, ob es mehr zum wahren Leben
hinneigt oder mehr zum irdischen Genuß. Denn für die Besonnenen ziemt
sich zu begreifen, dass der Reichtum zum heilsamen Gebrauch gegeben ist
und nicht zum Genuß. Und wenn sie sich seiner entledigen, tun sie es mit
Freude, als solche, die Fremdes zurückgeben, und nicht mit Trübsal, als
verlören sie Eigenes.
Warum also trauern? Warum betrübst du dich in der Seele, wenn du jenes Wort vernimmst: „Verkauf deine Habe“
(Mt, 19,21)? Selbst wenn dir deine Habe ins künftige Leben folgen
könnte, wäre sie dennoch nicht begehrenswert, bliebe sie doch weit
zurück hinter den Kostbarkeiten dort, und da sie nun einmal hienieden
bleiben muß, warum nicht Gewinn daraus schlagen, indem wir sie
verkaufen?
Wenn
du Gold gibst und dafür ein Pferd bekommst, wirst du nicht traurig.
Hier aber, wo du Vergängliches gibst und dafür das Reich der Himmel
bekommst, da weinst du und weist den Bittenden ab und verweigerst die
Gabe, während du gleichzeitig tausenderlei Gelegen-heiten zu Ausgaben
ersinnst.
Die dereinstige Rechenschaft der Reichen für
ihre Erbarmungslosigkeit
4. Was wirst du dem Richter antworten – du, der du die Wände auskleidest, aber den Menschen nicht bekleidest? Der du die Pferde schmückst, aber hinwegsiehst über den Bruder, der in häßlichen Fetzen geht? Der du den Weizen vermodern läßt und die Hungernden nicht speist? Der du das Gold vergräbst und den vom Elend Bedrängten missachtest?
ihre Erbarmungslosigkeit
4. Was wirst du dem Richter antworten – du, der du die Wände auskleidest, aber den Menschen nicht bekleidest? Der du die Pferde schmückst, aber hinwegsiehst über den Bruder, der in häßlichen Fetzen geht? Der du den Weizen vermodern läßt und die Hungernden nicht speist? Der du das Gold vergräbst und den vom Elend Bedrängten missachtest?
Wenn
du zudem noch mit einer Frau zusammenlebst, die den Reichtum liebt, ist
die Krankheit doppelt so ernst, schürt jene doch die Genußsucht,
vervielfacht das Verlangen nach Lustbarkeiten, stachelt an zu
ausgefallenen Wünschen, begehrt Edelsteine, Perlen, Smaragde, Hyazinthe
und Gold, die ersteren verarbeitet zu Schmuckgehängen, letzteres zu
Stoffen verwoben, sodass der Krankheit des Putzes kein Ende ist. Denn
das Bemühen um diese Dinge ist keineswegs etwas Nebensächliches, füllt
es doch die Tage und Nächte der Frauen, die sich ihm hingeben. Und
zahllose Schmeichler eilen herbei, um all diese Gelüste zu befriedigen –
Schönfärber, Goldschmiede, Essenzenhersteller, Goldweber, Buntsticker.
Sie lassen ihren Gatten keine Verschnaufpause mit ihren ständigen
Bestellungen.
Kein
Reichtum reicht hin, um die weiblichen Ansprüche zufriedenzustellen,
selbst wenn er in Strömen fließt, verlangen sie doch Salböl aus fremden
Landen, als wäre es Öl vom Markt, ferner Meerblumen, Purpur oder Seide
in größeren Mengen als Wolle vom Schaf. Und die kostbaren Edelsteine
müssen in Gold gefasst und verarbeitet werden zu Geschmeiden für die
Stirn, andere für den Hals, andere für die Gürtel und noch andere für
die Hand- und Fußgelenke. Denn die Liebhaberinnen des Goldes freuen
sich, ihre Hände und Füße gefesselt zu sehen, wenn die Fessel nur aus
Gold ist.
Wann
nun wird der Diener weiblicher Gelüste sich um seine Seele kümmern?
Geradeso wie Stürme und Wogen die morschen unter den Schiffen zum
Untergang bringen, so auch die bösen Neigungen der Frauen die kranken
Seelen ihrer Lebensgefährten. Denn wenn Mann und Frau miteinander
wetteifern im Ersinnen von Nichtigkeiten und an diese ihren Reichtum
verschleudern, bleibt freilich keinerlei Zeit übrig, um sich jener
anzunehmen, die draußen stehen. Und wenn du danach vernimmst: „Verkauf deine Habe und gib sie den Armen“,
damit du Proviant erlangen möchtest für die ewige Erquickung, gehst du
betrübt davon. Vernimmst du aber: „Gib Geld für die im Luxus
schwelgenden Frauen, gib für die Steinmetze, gib für die
Bauleute, gib für die Mosaikleger, gib für die Kunstmaler, da freust du dich, als empfingest du etwas, das kostbarer ist als Geld.
Bauleute, gib für die Mosaikleger, gib für die Kunstmaler, da freust du dich, als empfingest du etwas, das kostbarer ist als Geld.
Siehst
du nicht jene Mauern, die die Zeit zernagt und zum Einsturz gebracht
hat und deren Ruinen, irgendwelchen Klippen gleich, überall in der Stadt
aufragen? Als sie errichtet wurden, wieviele Arme gab es damals in
dieser Stadt, übersehen und vernachlässigt von den Reichen wegen deren
Sorge um jene Mauern? Wo ist nun die Pracht der Bauwerke? Wo der
Erbauer, der ihrer Großartigkeit wegen bewundert wurde? Sind nicht die
ersteren aufgelöst und verschwunden wie die Sandburgen, die Kinder
spielend bauen am Meeresstrand, während letzterer im Hades schmachtet,
voller Reue über seine Mühe um Nichtiges? In deiner Seele sei groß. Was
aber die Mauern angeht, so leisten kleine díeselben Dienste wie große.
Wenn
ich bei der Residenz eines prunkliebenden Neureichen vorbeikomme und
sie prangen sehe von mannigfachem Blumenschmuck, begreife ich, dass
jener Mann nichts besitzt von dem, was kostbarer ist als die sichtbaren
Dinge, dass er zwar das Seelenlose schmückt, die eigene Seele aber ohne
Schmuck gelassen hat.
Welches
Mehr an Nutzen, sag mir, bringen silberne Sofas und silberne Tische,
Betten und Sessel aus Elfenbein, sodass deretwegen der Reichtum nicht zu
den Armen gelangt, selbst wenn sie in Scharen betteln am Tor und
Klagerufe jeder Art ertönen lassen? Du aber versagst ihnen die Gabe,
indem du geltend machst, du habest nicht genug für die Bittenden. Und
während du mit dem Munde schwörst, wirst du des Meineids überführt durch
deine Hand, denn obwohl sie schweigt, verkündet sie deine Lüge durch
das Funkeln des edelsteinbesetzten Rings. Wieviele kannst du mit einem
einzigen deiner Ringe erlösen von ihren Schulden? Wieviele ins Elend
gestürzte Familien wieder aufrichten? Ein einziger deiner Kleiderkästen
vermag ein ganzes Volk zu kleiden, das vor Kälte zittert. Doch du
erträgst es, den Armen mit leeren Händen wegzuschicken, ohne Furcht vor
dem gerechten Entgelt des Richters: Du erbarmtest dich nicht – du wirst
kein Erbarmen finden (Mt 25,41ff). Du öffnetest nicht deine Tür – du
wirst nicht eingelassen werden ins Himmelreich. Du gabst kein Brot – du
wirst das ewige Leben nicht empfangen.
Die Habsucht bleibt immerdar unbefriedigt
5. Doch du nennst dich selbst arm. Darin stimme ich dir zu. Denn arm ist, wem es an vielem mangelt. Das unersättliche Verlangen ist es, das euch zu solchen macht, denen es an vielem mangelt. Den zehn Talenten suchst du zehn weitere hinzuzufügen, und wenn es zwanzig geworden sind, begehrst du abermals soviele. Und jede Hinzufügung bringt dein Verlangen nicht etwa zum Erliegen, sondern facht den Appetit weiter an.
5. Doch du nennst dich selbst arm. Darin stimme ich dir zu. Denn arm ist, wem es an vielem mangelt. Das unersättliche Verlangen ist es, das euch zu solchen macht, denen es an vielem mangelt. Den zehn Talenten suchst du zehn weitere hinzuzufügen, und wenn es zwanzig geworden sind, begehrst du abermals soviele. Und jede Hinzufügung bringt dein Verlangen nicht etwa zum Erliegen, sondern facht den Appetit weiter an.
Denn
geradeso wie die Trunksüchtigen durch das Hinzugießen von Wein zu
weiterem Trinken angeregt werden, so auch begehren die Neureichen,
nachdem sie vieles erworben haben, immerdar noch mehr, denn durch das
Hinzufügen wird die Krankheit gefördert, und so führt ihr Bemühen um
mehr zum entgegengesetzten Resultat. Denn ihre Freude über das
Vorhandene ist stets kleiner als ihre Betrübnis über das noch Fehlende,
das heißt über das, was sie als ihnen noch fehlend betrachten, sodass
sich ihre Seele immerdar zerlöst im Streben nach Zusätzlichem.
Während
sie glücklich sein und sich freuen müssten darüber, dass es ihnen so
gut geht, sind sie in Unruhe und Kummer, weil sie zurückstehen hinter
einem oder auch zwei Superreichen. Und haben sie den ersten eingeholt,
beginnen sie den Kampf, um den noch Reicheren einzuholen. Haben sie auch
diesen eingeholt, beginnt sogleich der Wettkampf mit dem nächsten. Wie
einer, der eine Leiter erklettert und seinen Fuß fortwährend auf die
nächst-höhere Sprosse hebt und nicht stehen bleibt, bis er die oberste
erklommen hat, so auch halten jene nicht inne in ihrem Drang zur
Vorherrschaft, bis sie sich durch einen Sturz aus großer Höhe selbst
zerstören.
Den
Vogel Seleukida[4] hat der Schöpfer aller Dinge aus Liebe zum
Menschengeschlecht mit Unersättlichkeit ausgestattet, du aber hast deine
Seele unersättlich gemacht zum Schaden der anderen. Was immer das Auge
sieht, das begehrt der Habsüchtige. „Das Auge wird nicht satt, zu schauen“,
sagt die Schrift (Ekkl 1,8), und der Habsüchtige wird nicht satt,
zusammen-zuraffen. Niemals sagt der Hades. „Es ist genug“, ebensowenig
sagt der Geldgierige je: „Es ist genug“ (s. Spr 27,20). Wann wirst du
all das, was du hast, je benötigen? Wann wirst du es je genießen können,
wenn du ewig in der Bemühung um mehr fortfährst?
Die Eskalation der Habsucht –
ein Teufelskreis von Unrecht, Gewalt und Tyrannei
Wehe denen, die Haus an Haus reihen und Acker an Acker rücken, um etwas wegzunehmen vom Nachbar!“ (Is 5,8). Und du, was tust du? Schiebst du nicht tausenderlei Vorwände vor, um zu ergreifen, was dem Nächsten gehört? Das Haus des Nachbarn macht mir Schatten, sagst du, oder: Es wird Radau gemacht dort drinnen, oder: Jener nimmt Landstreicher auf bei sich, oder was immer sonst noch dir in den Sinn kommt, um ihn zu bedrängen, anzurempeln, zu schmähen und wegzuekeln, und du hörst damit nicht auf, bis jener notgedrungen wegzieht.
ein Teufelskreis von Unrecht, Gewalt und Tyrannei
Wehe denen, die Haus an Haus reihen und Acker an Acker rücken, um etwas wegzunehmen vom Nachbar!“ (Is 5,8). Und du, was tust du? Schiebst du nicht tausenderlei Vorwände vor, um zu ergreifen, was dem Nächsten gehört? Das Haus des Nachbarn macht mir Schatten, sagst du, oder: Es wird Radau gemacht dort drinnen, oder: Jener nimmt Landstreicher auf bei sich, oder was immer sonst noch dir in den Sinn kommt, um ihn zu bedrängen, anzurempeln, zu schmähen und wegzuekeln, und du hörst damit nicht auf, bis jener notgedrungen wegzieht.
Was war es denn, das zum Mord an Naboth dem Jezraeliten führte? War es nicht Achabs Gier nach dessen Weinberg (s. 3 Kön 20,1ff)?
Der
Habgierige ist ein schlimmer Nachbar in der Stadt und ein ebenso
schlimmer auf dem Land. Das Meer kennt seine Grenzen, und auch die Nacht
überschreitet nicht die Schranken, die ihr gesetzt wurden von alters
her. Doch der Habsüchtige achtet nicht der Zeit, noch auch kennt er
Grenzen, und ebensowenig achtet er die Regeln der Erbfolge, sondern er
ahmt die Gewalt des Feuers nach. Alles ergreift er, überall breitet er
sich aus.
Und
so wie Ströme, die ihren Anfang nehmen als Rinnsale und durch viele
Zuflüsse allmählich zu mächtigen Wassermassen anschwellen, mit
unwiderstehlicher Gewalt alles mitreißen, was sich ihnen in den Weg
stellt, so auch tun es Menschen, die große Macht erlangen. Nachdem sie
sich von denjenigen, die sie bereits überwältigt haben, die Mittel zum
Verüben von noch mehr Unrecht angeeignet haben, unterwerfen sie mit
deren Hilfe die übrigen, und deren Vermögen wiederum, auf unrechte Weise
zu ihrem Eigentum geworden, dient ihnen zur weiteren Vergrößerung ihrer
Macht. So werden die Unterworfenen, durch die unfreiwillige Hilfe, die
sie den Unterwerfern notgedrungen leisten, zu Mitwirkenden an der
Schädigung anderer und am Unrecht gegen sie.
Welcher
Nachbar, welcher Hausgenosse, welcher Handelspartner wird nicht
mitgerissen? Keiner widersteht der Gewalt des Reichtums. Alles beugt
sich der Tyrannei, alles duckt sich vor der Macht, hat doch jeder von
denen, die Unrecht erlitten, allen Grund, nicht etwa zu versuchen, etwas
zu unternehmen, um sich Recht zu verschaffen, liefe er doch damit
Gefahr, noch Schlimmeres zu erleiden.
Der
Bauer führt das Ochsengespann zur Arbeit, pflügt, sät und erntet, doch
seine Ernte gehört nicht ihm. Widersprichst du, bekommst du Schläge.
Wehklagst du, wirst du angezeigt wegen Beleidigung oder man behauptet,
du seist der Sklaverei verfallen, und du wirst ins Gefängnis gesteckt.
Die Verleumder sind bereit, sogar noch dein Leben in Gefahr zu bringen.
Du kannst zufrieden sein, wenn man dich, nachdem du noch etwas
dazugegeben hast, verschont von weiteren Belästigungen.
Bedenke das Ende, das gerechte Gericht Christi
6. Ich möchte dir ein wenig Erholung verschaffen von den Werken des Unrechts und deinen Gedanken Muße geben, zu erwägen, auf welches Ende das Bemühen um alle jene Dinge hinausläuft. Du hast so und soviel Morgen pflügbares Land, so und soviel bepflanztes, dazu Berge, Ebenen, Wälder, Flüsse, Weiden. Was geschieht mit alledem? Bleiben dir am Ende nicht drei bloße Ellen? Wird nicht das Gewicht von ein paar Steinen genügen, um das elende Fleisch zu hüten? Um wessen willen also mühst du dich? Um wessen willen begehst du Unrecht? Was sammelst du Unfruchtbarkeit ein mit deinen Händen? Und möge es nur Unfruchtbarkeit sein und nicht Brennstoff für das ewige Feuer!
Bedenke das Ende, das gerechte Gericht Christi
6. Ich möchte dir ein wenig Erholung verschaffen von den Werken des Unrechts und deinen Gedanken Muße geben, zu erwägen, auf welches Ende das Bemühen um alle jene Dinge hinausläuft. Du hast so und soviel Morgen pflügbares Land, so und soviel bepflanztes, dazu Berge, Ebenen, Wälder, Flüsse, Weiden. Was geschieht mit alledem? Bleiben dir am Ende nicht drei bloße Ellen? Wird nicht das Gewicht von ein paar Steinen genügen, um das elende Fleisch zu hüten? Um wessen willen also mühst du dich? Um wessen willen begehst du Unrecht? Was sammelst du Unfruchtbarkeit ein mit deinen Händen? Und möge es nur Unfruchtbarkeit sein und nicht Brennstoff für das ewige Feuer!
Willst
du nicht endlich nüchtern werden von diesem Rausch? Willst du nicht
gesunden in deinem Denken? Willst du nicht zu dir kommen? Stellst du dir
nicht das Gericht Christi vor Augen? Wie wirst du dich rechtfertigen,
wenn diejenigen, denen du Unrecht getan hast, rings um dich stehen und
dich anklagen werden beim gerechten Richter? Was wirst du dann tun?
Welche Verteidiger wirst du dir in Sold nehmen? Welche Zeugen
vorführen? Wie willst du den unfehlbaren Richter hintergehen? Dort wird
es keinen Anwalt geben, keine ausgetüftelte Argumentation, die dem
Richter die Wahrheit zu rauben vermöchte. Keine Schmeichler werden dich
dorthin begleiten, noch auch Geld oder die Höhe des Rangs.
Ganz
allein wirst du dort stehen, ohne Freunde, ohne Helfer, ohne
Verteidigung, ohne Entschuldigung, schambedeckt, gebeugt,
niedergeschlagen, verlassen, entmutigt. Denn wohin du auch blickst,
wirst du mit aller Deutlichkeit die Bilder deiner üblen Werke sehen –
hier die Tränen der Waisen, dort das Seufzen der Witwe, anderswo die von
dir misshandelten Armen, die Hausdiener, die du ausgepeitscht, die
Nachbarn, die du empört hast. Alle werden sie aufstehen gegen dich, der
schlimme Chor deiner bösen Taten wird dich umringen. Denn wie der
Schatten den Körper begleitet, so begleiten die Sünden die Seele und
bilden deutlich ihre Taten ab. Deshalb ist dort kein Leugnen möglich,
sondern der Mund wird verschlossen, auch der schamlose. Denn die Werke
selbst eines jeden legen Zeugnis ab, ohne Worte, sondern so sich
zeigend, wie sie von uns vollbracht wurden.
Wie
könnte ich dir das Schreckliche jenes Tags vor Augen führen? Wenn du
wirklich hören, wenn du wirklich in dich gehen willst, dann gedenke
jenes Tages, an dem „Gottes Zorn offenbar werden wird vom Himmel her“ (s. Röm 1,18). Gedenke des Erscheinens Christ in Herrlichkeit, wenn auferstehen werden „diejenigen, die das Gute taten, zur Auferstehung des Lebens, die das Böse taten aber zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh 5,29). Dann wird den Sündern ewige Schande zuteil werden „und loderndes Feuer wird jene verzehren, die sich Gott entgegenstellten“ (Hebr 10,27 / Is 26,11).
Dieser
Dinge wegen sollst du dich betrüben, nicht aber des Gebotes wegen. Wie
kann ich dich erweichen? Was mehr dir sagen? Das Gottesreich ersehnst du
nicht? Die Feuerhölle fürchtest du nicht? Woher wird deiner Seele
Heilung werden? Denn wenn das Schreckliche nicht Furcht einflößt, das
Freudvolle nicht anspornt, dann rede ich zu einem Herz aus Stein.
Die Pervertierung des Reichtums
zur gegenseitigen Vernichtung
7. Denk nach, o Mensch, über die Natur des Reichtums. Warum hast du dich so sehr ans Gold gehängt? Stein ist das Gold, Stein auch das Silber, Stein die Perle, Stein ein jeder der Edelsteine: Chrysolith, Beryll, Achat, Hyazinth, Amethyst und Jaspis. Dies mithin sind die Blüten des Reichtums, von denen du die einen in Verstecken aufbewahrst und ihren durchsichtigen Schimmer mit Dunkelheit zudeckst, die anderen aber, die kostbarsten, in der Öffentlichkeit zur Schau trägst und dich brüstest mit ihrem Glanz.
zur gegenseitigen Vernichtung
7. Denk nach, o Mensch, über die Natur des Reichtums. Warum hast du dich so sehr ans Gold gehängt? Stein ist das Gold, Stein auch das Silber, Stein die Perle, Stein ein jeder der Edelsteine: Chrysolith, Beryll, Achat, Hyazinth, Amethyst und Jaspis. Dies mithin sind die Blüten des Reichtums, von denen du die einen in Verstecken aufbewahrst und ihren durchsichtigen Schimmer mit Dunkelheit zudeckst, die anderen aber, die kostbarsten, in der Öffentlichkeit zur Schau trägst und dich brüstest mit ihrem Glanz.
Welchen
Nutzen, sag mir, hast du davon, deine Hand von Steinen funkelnd zur
Schau zu stellen? Errötest du nicht vor Scham, dich mit Schmuck
herauszuputzen wie die Frauen, wenn sie schwanger sind? Denn jene sind
verzehrt vom Verlangen nach Schmuck, und dich gelüstet nach den
kostbarsten der Edelsteine, nach Sardonyx, nach Jaspis, nach Amethyst.
Welcher
Herausgeputzte vermöchte auch nur einen einzigen Tag hinzuzufügen zu
seiner Lebensspanne? Welcher Mensch ist je dem Tod entgangen durch den
Reichtum? Wer ist je verschont worden von der Krankheit seines Geldes
wegen? Wie lange noch bleibt das Gold der Galgen der Seelen, der
Angelhaken des Todes, der Köder der Sünde? Wie lange noch bleibt der
Reichtum Ursache des Krieges, dessentwegen Waffen geschmiedet und
Schwerter geschliffen werden? Um des Reichtums willen schieben die
Menschen die Verwandtschaft beiseite und Brüder trachten einander nach
dem Leben. Um des Reichtums willen sind die Einöden bevölkert von
Räubern, die Meere von Piraten, die Städte von Erpressern.
Wer
ist der Vater der Lüge? Wer der Verfasser falscher Urkunden? Wer hat
den Meineid hervorgebracht? Ist es nicht der Reichtum? Ist es nicht das
Streben nach ihm? Was ist euch geschehen, o Menschen? Wer hat eure Habe
zur Waffe gemacht gegen euch selbst? Hilfsmittel zum Leben soll sie
doch sein. Sind die irdischen Güter etwa als Werkzeuge zum Bösen gegeben
worden? Oder als Mittel zur Verderbnis? Als Lösegeld für die Seele
vielmehr.
Der Vorwand der Kinder,
doch das Evangelium gilt auch für Verheiratete
Reichtum ist notwendig der Kinder wegen, sagt ihr. Dies ist eine wohlklingende Rechtfertigung der Habsucht. Ihr schiebt zwar die Kinder vor, doch in Wirklichkeit befriedigt ihr die Lust eures Herzens. Laden wir die Verantwortung nicht demjenigen auf, der keine Verantwortung trägt. Er hat seinen Gebieter, seinen Wohltäter, von einem Anderen als dir hat er das Leben empfangen, von Ihm auch erwartet er das zum Leben Notwendige.
doch das Evangelium gilt auch für Verheiratete
Reichtum ist notwendig der Kinder wegen, sagt ihr. Dies ist eine wohlklingende Rechtfertigung der Habsucht. Ihr schiebt zwar die Kinder vor, doch in Wirklichkeit befriedigt ihr die Lust eures Herzens. Laden wir die Verantwortung nicht demjenigen auf, der keine Verantwortung trägt. Er hat seinen Gebieter, seinen Wohltäter, von einem Anderen als dir hat er das Leben empfangen, von Ihm auch erwartet er das zum Leben Notwendige.
Ist das Evangelium etwa nicht auch für die Verheirateten geschrieben? „Willst du vollkommen sein, verkauf deine Habe und gib sie den Armen“ (Mt
19,21). Als du den Herrn um Kindersegen batest, als du von Ihm
verlangtest, dich würdig zu machen, Vater von Kindern zu werden,[5]
fügtest du da vielleicht hinzu: „Gib mir Kinder, damit ich Deine Gebote
mißachte, gib mir Kinder, damit ich nicht in das Reich der Himmel
gelange“?
Wer
leistet dir Bürgschaft für die künftige Neigung deines Kindes? Wer
garantiert dir, dass es das ihm Vererbte auf rechte Weise verwenden
wird? Vielen nämlich hat der ererbte Reichtum zur Zügellosigkeit
verholfen. Oder hörtest du nicht, was der Ekklesiast sagt: „Ich sah eine schlimme Krankheit – Reichtum aufbewahrt für den Erben zu seinem Unheil“ (Ekkl 5,12), und andernorts: „Ich hinterlasse dies dem Menschen, der nach mir kommt. Doch wer weiß, ob er ein Weiser sein wird oder ein Tor?“(Ekkl
2,18-19). Deshalb sieh zu, dass du nicht, indem du unter tausend Mühen
Reichtum zusammenträgst, anderen Material bereit-stellst für viele
Sünden und dich danach zweifach bestraft findest, einmal für deine
eigenen unrechten Taten und einmal für diejenigen des anderen, denen du
den Weg geebnet hast.
Steht
dir deine Seele nicht näher als jedes Kind? Ist sie dir nicht enger
verwandt als alle? Ihr zuerst deshalb räume den Vorrang ein bei der
Erbschaft und gewähre ihr in reicher Fülle, was nötig ist für das wahre
Leben. Danach verteil unter die Kinder, wessen sie bedürfen für ihren
Lebensunterhalt. Oftmals nämlich haben selbst Kinder, die von ihren
Eltern nichts erbten, für sich Häuser gebaut. Die Seele aber, die du
vernachlässigt hast, wer wird sich ihrer erbarmen?
Der Vorwand, sein Vermögen
nach dem Tod den Armen zu hinterlassen
nach dem Tod den Armen zu hinterlassen
8. Zu
Vätern wurde gesagt, was hier gesagt worden ist. Was aber die
Kinderlosen betrifft, welche wohlklingende Ausrede haben sie
vorzubringen für ihre Knauserig-keit? „Ich verkaufe meine Habe nicht,
noch auch gebe ich sie den Armen, denn ich bedarf ihrer zum
Lebensunterhalt.“
Das
bedeutet, dass nicht der Herr dein Lehrer ist und dass nicht das
Evangelium dein Leben bestimmt, sondern dass du selbst dir Gesetz bist.
Doch bedenke, in welche Gefahr du dich stürzt mit einer solchen
Denkweise. Denn wenn uns der Herr solches als Notwendigkeit geboten hat,
du es aber durchstreichst als etwas Undurchführbares, dann tust du
nichts anderes als dich selbst für weiser zu halten als der Geber des
Gesetzes.
Darauf
entgegnest du: „Nachdem ich mich mein ganzes Leben lang meines
Vermögens erfreut habe, werde ich nach meinem Ableben die Armen zu
meinen Nachfolgern machen und
sie durch Urkunden und Testamente als Herren über das Meinige ausweisen.“
sie durch Urkunden und Testamente als Herren über das Meinige ausweisen.“
Erst
wenn du nicht mehr unter den Menschen weilst, wirst du also zum
Menschenfreund. Erst wenn ich dich tot sehe, werde ich dich als
Bruderliebenden bezeichnen können. Groß in der Tat ist die Schönheit
deines Edelmuts, da du, im Grabe liegend und dich auflösend in der Erde,
zum Mann der Gaben und großzügigen Spender geworden bist!
Für
welche Zeit, sag mir, wirst du deinen Lohn verlangen? Für die Zeit
deines Daseins hienieden oder für jene nach deinem Hingang? Was die Zeit
angeht, die du hienieden verlebtest, so hast du sie in Luxus und
Üppigkeit zugebracht, ohne auch nur einen Blick zu werfen auf die Armen.
Und was jene nach deinem Ableben betrifft, welche gute Tat hättest du
in ihr vollbracht? Für welches Werk also ist dir Lohn geschuldet? Zeig
deine Werke, und dann fordere den Lohn.
Nach
Abschluss des Festes macht keiner mehr Geschäfte, noch auch wird einer
bekränzt, der nach den Wettkämpfen eintrifft, oder zum mutigen Helden,
nachdem der Krieg vorbei ist. Nein. Ebensowenig kann einer nach diesem
Leben gottgefällige Werke vollbringen, selbst wenn er seine Wohltaten
schwarz auf weiß versprochen hat.
Denn
wer wird dir die Zeit deines Auszugs bekanntmachen? Wer garantiert für
die Art des Ablebens? Wieviele wurden nicht unter gewaltsamen Umständen
dahingerafft, ohne dass ihnen Zeit blieb, auch nur einen Laut von sich
zu geben. Wievielen raubte das Fieber den Verstand? Was also wartest du
bis zu jenem Augenblick, wo einer oftmals nicht einmal mehr Herr ist
über seine Gedanken? Tiefe Nacht, schwere Krankheit, nirgendwo ein
Helfer. Und derjenige, der auf die Erbschaft lauert, hält sich bereit,
um alles zu seinem eigenen Vorteil zu lenken, sodass die Vollstreckung
deines Willens vereitelt wird. Und wie du um dich schaust und die
Einsamkeit gewahrst, die dich umgibt, da erkennst du deine
Unbesonnenheit, da stöhnst du über deine Torheit, die Erfüllung des
Gebots hinausgeschoben zu haben bis zu diesem Augenblick, wo die Zunge
erlahmt, die Hand erzittert, bereits ergriffen von den Todeskrämpfen,
sodass du deinen Beschluß weder mit der Stimme noch vermittels der
Schrift mehr bekanntmachen kannst. Und selbst dann, wenn alles schon
vorher mit aller Deutlichkeit niedergeschrieben und mit lauter Stimme
verkündet worden ist, kann ein hinzugefügter Brief deinen ganzen
Beschluss umwerfen. Ein gefälschtes Siegel, zwei oder drei falsche
Zeugen, und deine ganze Hinterlassenschaft ist anderen zugefallen.
9. Was also betrügst du dich selbst, indem du jetzt auf unedle Art den Reichtum zur Befriedigung des Fleisches aufwendest und für nachher versprichst, worüber du nicht mehr Herr sein wirst? Wie das Gesagte zeigt, ist eine solche Überlegung böse: „Solange ich lebe, genieße ich die Freuden, nachdem ich gestorben bin, erfülle ich das Gebot.“ Auch zu dir wird Abraham sagen: „Du hast dein Gutes während deiner Lebenszeit empfangen“ (Lk 16,25).
9. Was also betrügst du dich selbst, indem du jetzt auf unedle Art den Reichtum zur Befriedigung des Fleisches aufwendest und für nachher versprichst, worüber du nicht mehr Herr sein wirst? Wie das Gesagte zeigt, ist eine solche Überlegung böse: „Solange ich lebe, genieße ich die Freuden, nachdem ich gestorben bin, erfülle ich das Gebot.“ Auch zu dir wird Abraham sagen: „Du hast dein Gutes während deiner Lebenszeit empfangen“ (Lk 16,25).
Der
schmale und mühselige Pfad faßt dich nicht, wenn du nicht die sperrige
Last des Reichtums ablegst. Mit dieser auf dem Rücken bist du ausgezogen
aus diesem Dasein, denn du hast sie nicht von dir getan, wie dir
geboten ward.
Solange
du lebtest, stelltest du dem Gebot dich selbst voran. Nach dem Tod und
der Auflösung aber stellst du das Gebot den Feinden voran. Das heißt:
„Damit nicht der und der meinen Reichtum bekomme“, sagst du, „möge der
Herr ihn nehmen.“ Wie sollen wir solches nennen? Abwehr der Feinde oder
Liebe zum Nächsten?
Lies
dein Testament: „Ich möchte zwar noch länger leben und das Meinige
genießen, aber...“ Dem Tod gebührt Dank, nicht dir! Denn wärst du
unsterblich gewesen, hättest du dich überhaupt nie an die Gebote
erinnert.
„Macht euch nichts vor! Gott läßt Seiner nicht spotten“
(Gal 6,7). Zum Opfertisch bringt man nicht Totes. Lebendig bring das
Opfer dar. Wer vom Übriggebliebenen darbringt, wird nicht angenommen. Du
aber bringst dem Wohltäter dar, was dir nach deinem ganzen Leben
übriggeblieben ist. Wenn du nicht wagst, hohen Gästen die Überreste der
Tafel vorzusetzen, wie kannst du es wagen, Gott durch das
Übriggebliebene versöhnen zu wollen?
Mahnung zur Umkehr
Bedenkt
das Ende der Habsucht, o ihr Reichen, und hört auf, mit Leidenschaft
am Besitz zu hangen! Je mehr du den Reichtum liebst, desto mehr bemühe
dich darum, dass nichts davon übrigbleibt. Mach alles dir selbst
zunutze, schaff alles weg, hinterlaß den Reichtum nicht Fremden.
Es
kann sein, dass deine Hausgenossen dir nicht einmal den letzten Schmuck
zugestehen und dein Begräbnis den Erben überlassen werden, die danach
vorgehen wie ihnen beliebt. Oder sogar gegen dich räsonieren, indem sie
sagen: „Es ist ungebührlich, einen Toten zu schmücken und denjenigen,
der nichts mehr fühlt, mit viel Aufwand zur Bestattung zu rüsten. Ist es
nicht besser, mit dem prächtigen und kostbaren Gewand die
Hinterbliebenen zu bekleiden, statt es der Fäulnis zu übergeben zusammen
mit dem Toten? Und wozu ein mit Inschrift versehenes Grab und ein
prachtvolles Begräbnis, was nur unnütze Ausgaben verur-sacht? Weit eher
ziemt sich, all das für die Bedürfnisse der Hinterbliebenen zu
verwenden.“ Solches werden sie sagen und dir damit deine Hartherzigkeit
vergelten und zugleich jene erfreuen, die das Deinige in Besitz nehmen
werden.
Solchem
komm zuvor, indem du sich selbst rüstest zum Begräbnis. Ein gutes
Grabgewand ist die Gottesfurcht. In diese gehüllt zieh aus aus diesem
Leben. Den wahren Reichtum mach zu deinem Schmuck und bewahre ihn bei
dir. Laß dich überzeugen vom guten Ratgeber, von Christus, Der dich
liebt. Der um unsertwillen arm geworden ist, damit wir reich werden möchten durch Seine Armut (s. 2 Kor 8,9). Der Sich Selbst hingegeben hat als Lösegeld für uns
(s. 1 Tim 2,6). Laßt uns Ihm gehorchen als dem Weisen, Der weiß, was
uns zum Wohl gereicht, oder Ihn hochhalten als Denjenigen, Der uns
liebt, oder Ihm vergelten als unserem Wohltäter. In jedem Fall aber laßt
uns tun, was Er uns geboten hat, damit wir Erben des ewigen Lebens
werden möchten, das in Christus Selbst ist, Dem die Herrlichkeit und die
Herrschaft gehört in die Ewen der Ewen. Amen.
Quelle: www.prodromos-verlag.de
[1] Diese Rede hielt der hl. Basilios, Erzbischof von Cäsarea in Kappadokien (329-379, s. Das Synaxarion am 1. Januar), um das Jahr 368, als große Not herrschte, die vorab die ärmeren Bevölkerungsschichten traf, während die Reichen im Überfluß schwelgten - eine Situation, wie wir sie auch heute kennen, vielleicht in größerem Maßstab als je zuvor. Griech. Originaltext unter dem Titel Ὁμιλία πρὸς τοὺς πλουτοῦντας in EPE (Ellines Pateres tis Ekklisias) Bas Meg Bd. 6. Dt. Übers. vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania 2011.
[2] Das Begebnis mit dem reichen Jüngling findet sich im Lukas-Evangelium in Kap. 18,18ff.
[3] Im griech. Originaltext des Matthäus-Evangeliums (Mt 19,16) lautet die Anrede des Jünglings so, wie der hl. Basilios sie hier zitiert: "Διδάκσαλε ἀγαθέ...." ("Guter Meister"). In den dt. Übers. fehlt das Wort "Guter", weshalb auch der nachfolgende Satz abgeändert wurde in "Was fragst du Mich über das Gute?", während es im griech. Text heißt: "Τί με λέγεις ἀγαθόν..." ("Was nennst du Mich gut?").
[4] Vogel, der Heuschrecken frißt.
[5] Nämlich mit dem entsprechenden Gebet bei der Eheschließung.
Quelle: www.prodromos-verlag.de
[1] Diese Rede hielt der hl. Basilios, Erzbischof von Cäsarea in Kappadokien (329-379, s. Das Synaxarion am 1. Januar), um das Jahr 368, als große Not herrschte, die vorab die ärmeren Bevölkerungsschichten traf, während die Reichen im Überfluß schwelgten - eine Situation, wie wir sie auch heute kennen, vielleicht in größerem Maßstab als je zuvor. Griech. Originaltext unter dem Titel Ὁμιλία πρὸς τοὺς πλουτοῦντας in EPE (Ellines Pateres tis Ekklisias) Bas Meg Bd. 6. Dt. Übers. vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania 2011.
[2] Das Begebnis mit dem reichen Jüngling findet sich im Lukas-Evangelium in Kap. 18,18ff.
[3] Im griech. Originaltext des Matthäus-Evangeliums (Mt 19,16) lautet die Anrede des Jünglings so, wie der hl. Basilios sie hier zitiert: "Διδάκσαλε ἀγαθέ...." ("Guter Meister"). In den dt. Übers. fehlt das Wort "Guter", weshalb auch der nachfolgende Satz abgeändert wurde in "Was fragst du Mich über das Gute?", während es im griech. Text heißt: "Τί με λέγεις ἀγαθόν..." ("Was nennst du Mich gut?").
[4] Vogel, der Heuschrecken frißt.
[5] Nämlich mit dem entsprechenden Gebet bei der Eheschließung.
http://www.impantokratoros.gr/hl-basilios-an-reichen.de.aspx
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