Hl. Ignatij Briantschaninow
Über das Mönchtum [1]
Gespräch zwischen
einem Weltlichen und einem Mönch
2. Teil
Die Ehelosigkeit der Mönche [2]
Über das Mönchtum [1]
Gespräch zwischen
einem Weltlichen und einem Mönch
2. Teil
Die Ehelosigkeit der Mönche [2]
Weltlicher:
Heutzutage behaupten viele, das Leben in Ehelosigkeit sei weder
natürlich, noch auch möglich. Sie sagen, indem der Mensch damit der
Natur die legitime Tür der Ehe verschließe, nötige man sie, illegitime
Türen zu suchen.
Mönch: Jeder Mensch beurteilt die Dinge gemäß seiner persönlichen Erfahrung. Was er nicht kennt und nicht erfahren hat, scheint ihm unmöglich. Für diejenigen hingegen, die es kennen und erfahren haben, ist das Leben in Ehelosigkeit nicht nur möglich, sondern auch das einzige der menschlichen Natur gemäße Leben.
Mönch: Jeder Mensch beurteilt die Dinge gemäß seiner persönlichen Erfahrung. Was er nicht kennt und nicht erfahren hat, scheint ihm unmöglich. Für diejenigen hingegen, die es kennen und erfahren haben, ist das Leben in Ehelosigkeit nicht nur möglich, sondern auch das einzige der menschlichen Natur gemäße Leben.
Die
Heiligen Väter, die über dieses Thema geschrieben haben, sagen
übereinstimmend, dass das Leben in Ehelosigkeit die natürliche
Lebensweise des Menschen vor dem Fall war und erst für den gefallenen
Menschen zu etwas widernatürlichem wurde. Mit seiner geistigen
Erneue-rung jedoch erwirbt der Mensch abermals die Fähigkeit zum Leben
in Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit.
Gott
ehrt die Ehelosigkeit mehr als die Ehe, obwohl das Christentum dem
Ehestand große Würde verliehen hat, ungleich größere, als er in
vorchristlicher Zeit hatte (s. Eph 5,32).
Der
Gottmensch lebte auf Erden ein jungfräuliches Leben. Seine Allheilige
Mutter war und blieb Jungfrau. Die heiligen Apostel Johannes der
Theologe, Paulus und Barnabas sowie unzweifelhaft viele andere, lebten
in Jungfräulichkeit.[3] Von den ersten christlichen Zeiten an traten
Gruppierungen
von Jungfrauen auf – ein Phänomen, das höchst selten war in der Zeit
vor der Erneuerung der menschlichen Natur durch den Welterlöser.
Dank
dem Herrn und durch Ihn wurde das göttliche Wohlwollen über das ganze
Menschengeschlecht ausgegossen, wie die Engel bei Seiner Geburt zu
Recht sangen (s. Lk 2,14), und erleuchtete und heiligte die Menschen
mit einer Vielzahl von Gnadengaben.
In
der Belehrung, die der Priester gemäß der kirchlichen
Gottesdienstordnung am Ende des Mysteriums der Eheschließung den
Neuvermählten vorliest, wird die geistige Fruchtbarkeit der Christen auf
sehr anschauliche Weise dargestellt:
„Der
große Acker der Kirche Gottes unseres erhabenen Herrn wird auf
dreierlei Arten bebaut und trägt Frucht auf dreierlei Arten. Der erste
Abschnitt des Ackers wird bebaut von jenen, die die Jungfräulichkeit
liebten und diese unversehrt bewahren bis ans Ende ihres Lebens, und er
bringt der Scheune des Herrn die Frucht der Tugenden hundertfältig ein.
Der zweite Abschnitt des Ackers wird bebaut von denen, die nach ihrer
Verwitwung in Enthaltsamkeit leben, und er bringt sechzigfältige Frucht
ein. Der dritte Abschnitt des Ackers wird bebaut von denen, die kraft
des Mysteriums der Eheschließung das gemeinsame Joch der Ehe auf sich
nahmen, und wenn sie in Frömmigkeit und Gottesfurcht leben, bringt er
dreißigfältige Frucht ein. Derselbe Acker hat verschiedene Abschnitte
von je unterschiedlicher Fruchtbarkeit. Doch alle sind ge-segnet und des
Lobes wert entsprechend ihrer Zweckbestimmung. Wie der gottweise
Ambrosius sagt, preisen wir so die Jungfräulichkeit, damit auch der
Witwenstand nicht verworfen werde, und den Witwenstand ehren wir, damit
auch die Ehre der Ehe hochgehalten werde.“ [4]
Weltlicher: Wie kann ein Christ erkennen, ob er zum ehelosen Leben taugt oder nicht? Mit dieser Frage muß sich, so glaube ich, intensiv jedwelcher auseinandersetzen, der Mönch werden möchte.
Mönch: Fähig zu diesem Leben ist jeder, der sich aufrichtig danach sehnt. Vor dem Fall hatte der Mensch die freie Wahl zwischen dem Verbleiben im Zustand der paradiesischen Seligkeit und dem Verlassen desselben. Ebenso hat der Mensch, der losgekauft worden ist vom Erlöser Christus, abermals die freie Wahl und Möglichkeit, entweder die Erneuerung seiner Natur zu erlangen – wäre es auch nur bis zu dem Grad, der unerläßlich ist für seine Rettung – oder sie abzulehnen. Wählt er das letztere, verbleibt der Mensch im Zustand des Sturzes.
Weltlicher: Wie kann ein Christ erkennen, ob er zum ehelosen Leben taugt oder nicht? Mit dieser Frage muß sich, so glaube ich, intensiv jedwelcher auseinandersetzen, der Mönch werden möchte.
Mönch: Fähig zu diesem Leben ist jeder, der sich aufrichtig danach sehnt. Vor dem Fall hatte der Mensch die freie Wahl zwischen dem Verbleiben im Zustand der paradiesischen Seligkeit und dem Verlassen desselben. Ebenso hat der Mensch, der losgekauft worden ist vom Erlöser Christus, abermals die freie Wahl und Möglichkeit, entweder die Erneuerung seiner Natur zu erlangen – wäre es auch nur bis zu dem Grad, der unerläßlich ist für seine Rettung – oder sie abzulehnen. Wählt er das letztere, verbleibt der Mensch im Zustand des Sturzes.
Die
Erneuerung unserer Natur ist ein Geschenk des Erlösers. Mit unserem
guten Willen entscheiden wir uns zwar frei für eine jede der
evangelischen Tugenden, doch wir empfangen sie als Geschenk von
Christus. Unseren guten Willen beweisen wir, indem wir uns selbst Gewalt
antun, um die Tugend zu erwerben und gleichzeitig Gott mit viel und
beharrlichem Gebet bitten, sie uns zu schenken. Keine der evangelischen
Tugenden gehört der gefallenen menschlichen Natur zu eigen. Für jede
muß der Kämpfer sich selbst Gewalt antun. Und alle muß er vom Herrn
erbitten mit demütigem Gebet, das einhergeht mit der Trauer des
Herzens.[5]
Wie
alle anderen evangelischen Tugenden ist auch die Ehelosigkeit etwas,
das der Mensch aus freiem Willen wählt. Und er beweist die
Aufrichtigkeit seines Entschlusses, indem er seine leidenschaftlichen
Neigungen bekämpft und seinen Körper bezähmt durch Askese. Doch im
Bewußtsein seiner Unfähigkeit, die Reinheit aus eigenen Kräften zu
erlangen,[6] erbittet er sie als Geschenk von Gott durch
ununterbrochenes und von Tränen begleitetes Gebet. [7] Und das Ge-schenk
wird ihm gewährt mit dem Besuch der göttlichen Gnade, die seine Natur
erneuert. Der hl. Theophilakt von Ochrid, der die Fähigkeit des
Menschen zur Ehelosigkeit auf diese Weise erklärt, schließt mit diesen
Worten des Herrn: „Wer bittet, empfängt“ (Mt 7,8; Lk 11,10).[8]
Lies
die Leben der heiligen Mönche, wo deren Kampf gegen die Leidenschaften
beschrieben ist, und du wirst feststellen, dass alle von ihnen
ausgingen vom gewöhnlichen Zustand des gefallenen Menschen, der unfähig
ist zur Ehelosigkeit, und den Zustand der fortwährenden Keuschheit
erreichten nach einem intensiven Kampf gegen die Begierde und den Trieb
der gefallenen Natur.
Ebenso
wirst du feststellen, dass die Hauptwaffen in diesem Kampf das Gebet
und die Trauer waren. Schließlich wirst du feststellen, dass nicht nur
die Jungfräulichen befreit wurden von jedem Verlangen nach der Ehe und
die Verwitweten von jenem nach Rückkehr in den Ehestand, sondern dass
selbst solche, die zuvor ein verderbtes Leben voller fleischlicher
Leidenschaften geführt und sich beschmutzt hatten mit schändlichsten
Gesetzwidrigkeiten und gefesselt gewesen waren mit den Ketten sündiger
Gewohnheiten, dass selbst solche Menschen unverderbliche Reinheit
erlangten und sich aufschwangen zur Heiligkeit.
In
der Kirche des Neuen Bundes sind, ich wiederhole es, nicht nur
Abertausende von jungfräulichen oder verwitweten Menschen beider
Geschlechter, sondern auch Abertausende von Ehebrechern und Dirnen zu
auserwählten Gefäßen der Gnade geworden. Sie alle sind ein
unwiderlegbares Zeugnis dafür, dass die Errungenschaft der Reinheit
weder ein Ding der Unmöglichkeit noch übermäßig schwer zu erlangen ist,
wie es einige Theoretiker darstellen, denen es an jenem
Erfahrungswissen mangelt, zu dem die geistige Tradition der Kirche
verhilft. Diese Theoretiker – ich sage es ohne Umschweife – schöpfen
ihre Überlegungen und Schlußfolgerungen aus ihrer eigenen
Zügellosigkeit sowie aus einem hartnäckigen Vorurteil oder auch aus
einer blinden Antipathie gegenüber dem Mönchtum.
Zu
Recht schrieb der heilige Isidoros von Pelusion in einem Brief an den
heiligen Kyrillos von Alexandria: „Das Vorurteil sieht unklar, die
Antipathie sieht überhaupt nicht.“ [9]
Ärgernisse in Klöstern - ihre Ursache und Behandlung
Weltlicher:
Wir müssen allerdings zugeben, dass auch die Ärgernisse, die ans Licht
kommen und breitgeschlagen werden, zur Vervielfältigung der negativen
Kommentare über die Klöster und die Mönche beitragen.
Mönch: Gewiß. Glaub nicht, ich wolle ein Übel verdecken, das schädlich ist für alle. Ganz im Gegenteil, ich möchte aufrichtig, dass jedes Unkraut verschwindet vom Acker Christi, dass dieser Acker nur reinen Weizen hervorbringt. Doch ich sage es abermals: Es ist unbedingt notwendig, dass wir die göttliche Institution unterscheiden von den menschlichen Entgleisun-gen, damit wir den letzteren mit Erfolg entgegentreten können. Ebenso ist unbedingt notwendig, dass wir das Übel richtig begreifen, damit wir die geeigneten Gegenmaßnahmen ergreifen können, statt das Übel durch ein anderes Übel zu ersetzen, die Verblendung durch eine andere Verblendung, die Entgleisung durch eine andere Entgleisung. Denn sonst treten wir die göttliche Institution mit Füssen, verzerren sie und verwerfen sie, so wie es die Protestanten getan haben mit dem Mönchtum der Römischen Kirche.
Mönch: Gewiß. Glaub nicht, ich wolle ein Übel verdecken, das schädlich ist für alle. Ganz im Gegenteil, ich möchte aufrichtig, dass jedes Unkraut verschwindet vom Acker Christi, dass dieser Acker nur reinen Weizen hervorbringt. Doch ich sage es abermals: Es ist unbedingt notwendig, dass wir die göttliche Institution unterscheiden von den menschlichen Entgleisun-gen, damit wir den letzteren mit Erfolg entgegentreten können. Ebenso ist unbedingt notwendig, dass wir das Übel richtig begreifen, damit wir die geeigneten Gegenmaßnahmen ergreifen können, statt das Übel durch ein anderes Übel zu ersetzen, die Verblendung durch eine andere Verblendung, die Entgleisung durch eine andere Entgleisung. Denn sonst treten wir die göttliche Institution mit Füssen, verzerren sie und verwerfen sie, so wie es die Protestanten getan haben mit dem Mönchtum der Römischen Kirche.
Es
ist unerläßlich, dass wir eine genaue Kenntnis haben von der Kunst und
den Methoden der Therapie, damit wir die richtigen, wirksamen, wahren
Heilmittel anwenden. Mit einer falschen Behandlung aber werden wir den
Kranken nicht zur Heilung führen, sondern zum Tod.
Die
Ansichten der weltlichen Christen unserer Zeit über die Mönche sind
generell verfehlt, und dies rührt zuallererst daher, dass sie sich
selbst scharf abgrenzen von denselben. Doch besteht zwischen den
Christen, die in der Welt leben, und denen, die in den Klöstern leben,
eine enge geistige Beziehung.
Jene,
die in den Klöstern leben, sind ja nicht vom Himmel gefallen, sie sind
nicht vom Mond gekommen oder von irgendeinem fremden Planeten. Auch
sie kamen aus der sündigen irdischen Welt. Ihre Gesinnung, derentwegen
das Mönchtum angeklagt wird, entwickelte sich in dieser Welt, bevor sie
Mönche wurden, und sie wird weiterhin genährt von dieser selben Welt,
nachdem sie Mönche geworden sind, auf Grund des Zustroms vieler
weltlicher Besucher zu den Klöstern. Die ungute geistige Verfassung der
heutigen Mönche ist keineswegs ohne Bezug zur geistigen Dekadenz der
Weltlichen. Vielmehr ist die erstere die unmittelbare Folge der
letzteren.
Die allgemeine Dekadenz des Christentums
und ihre Auswirkung auf das Mönchtum
und ihre Auswirkung auf das Mönchtum
Das
Mönchtum gründet auf dem Christentum. Deshalb blüht es oder
degeneriert es entsprechend der Blüte bzw. der Dekadenz des
Christentums. Der springende Punkt des Problems ist mithin das
Christentum selbst. Das Mönchtum ist ein Aspekt desselben, ein
besonderer Ausdruck desselben. Die Krankheit ist daher eine gemeinsame!
Weinen
wir daher zusammen über diese Krankheit und sorgen wir zusammen für
ihre Heilung! Erweisen wir jedem unserem Menschen Mitgefühl, erweisen
wir Liebe! Lassen wir die harten gegenseitigen Beschuldigungen
beiseite, mit denen wir bloß unsere Antipathie und unserer Pharisäertum
zum Ausdruck bringen, läuft doch solches auf den Versuch hinaus, die
Krankheit zum Verschwinden zu bringen, indem wir die Kranken mit Balken
schlagen (s. Mt 7,3-5)!
Weltlicher: Eure Klarstellung hinsichtlich der geistigen Beziehung zwischen Mönchen und Weltlichen höre ich zum ersten Mal. Ich nehme an, sie stammt aus Eurer Erfahrung, denn anders ist nicht zu verstehen, warum sie sich so grundlegend von den anderen, oberflächlichen und theoretischen Betrachtungsweisen unterscheidet. Ich bitte Euch, lehnt es nicht ab, sie mir mit mehr Einzelheiten darzulegen.
Mönch: Du irrst dich nicht, diese Klarstellung ergibt sich einerseits aus meinen eigenen Beobachtungen und andererseits aus Informationen, die ich von absolut glaubwürdigen Personen erhalten habe.
Weltlicher: Eure Klarstellung hinsichtlich der geistigen Beziehung zwischen Mönchen und Weltlichen höre ich zum ersten Mal. Ich nehme an, sie stammt aus Eurer Erfahrung, denn anders ist nicht zu verstehen, warum sie sich so grundlegend von den anderen, oberflächlichen und theoretischen Betrachtungsweisen unterscheidet. Ich bitte Euch, lehnt es nicht ab, sie mir mit mehr Einzelheiten darzulegen.
Mönch: Du irrst dich nicht, diese Klarstellung ergibt sich einerseits aus meinen eigenen Beobachtungen und andererseits aus Informationen, die ich von absolut glaubwürdigen Personen erhalten habe.
Einmal
diskutierte ich mit dem Metropoliten Serafim von St. Petersburg,[10]
über die Zunahme der Scheidungen, die heute anhand der Daten der
kirchlichen Gerichte festzustellen ist. Er sagte mir, zur Zeit, als er
Bischof von Dimitrow und Vikar der Eparchie Moskau gewesen sei, habe
das kirchliche Gericht jeweils nicht mehr als eine oder höchstens zwei
Scheidungsurkunden pro Jahr ausgestellt. Und betagte Hierarchen jener
Zeit bezeugten ihm sogar, dass in ihrer Jugendzeit Scheidungen
unbekannt waren. Hier haben wir ein Indiz, das unleugbar die sittliche
Dekadenz unserer Zeit beweist, eine betrübliche Dekadenz, die rasch
zunimmt.
Zur
gleichen Schlußfolgerung gelangen wir, wenn wir die Zeugnisse betagter
Mönche über das Mönchtum ihrer jungen Jahre hören. Anfangs dieses
Jahrhunderts[11] kamen in die Klöster noch viele Christen, denen die
fleischliche Sünde, der Genuß von Wein, weltliche Vergnügungen und
weltliche Lektüren unbekannt waren, Christen, die ihre Seelen kultiviert
hatten mit dem Studium der Heiligen Schrift und den Schriften der
Heiligen Väter, die nirgendwohin gingen außer in die Kirche und die
heiligen Gottesdienste, die noch keine üblen Gewohnheiten erworben
hatten, sondern gewohnt waren, nur das Gute zu tun.
Diese
Christen brachten ins Kloster, in das sie eintraten, ihre
Spiritualität mit, eine stabile und saubere Spiritualität, aber auch
ihre körperliche Gesundheit, die noch nicht, wie es heute der Fall ist,
Schaden genommen hatte von den vielen Mißbräuchen, und die deshalb
imstand waren, die Askese, die Mühen und Entbehrungen des mönchischen
Lebens zu schultern. Die tiefe Frömmigkeit, die damals im Volk
herrschte, bereitete und zog gute Mönche heran, Mönche, die stark waren
in ihrer Seele und ihrem Leib.
Das
laue Christentum unserer Zeit jedoch bringt laue, kraftlose Mönche
hervor. Heutzutage kommt selten einer ins Kloster, der nicht bereits die
fleischliche Sünde gekostet hat! Selten noch kommt einer ins Kloster,
der völlig gesund ist, tauglich für die Kämpfe des Mönchs! Meist kommen
Menschen ohne Kraft, ohne körperliche und seelische Gesundheit. Sie
kommen mit einem Gedächtnis voll von schlechten Erinnerungen, von
Darstellungen aus billigen Romanen und anderen weltlichen Lektüren. Sie
kommen gesättigt von sinnlichen Genüssen, die ihnen die heutige Welt in
reicher Fülle bietet. Sie kommen mit eingewurzelten sündigen
Gewohnheiten und mit einem Gewissen, das infolge ihres bisherigen
Lebenswandels, der nicht nur jede Sünde, sondern auch jede Art von
Selbstbetrug zu ihrer Rechtfertigung erlaubte, beinahe ganz erstorben
ist.
Die Notwendigkeit des geistigen Kampfes
und der Absonderung von der Welt
und der Absonderung von der Welt
Der
Kampf solcher Mönche mit sich selbst ist äußerst schwer, sowohl ihrer
schlechten Sitten wegen, als auch wegen ihrer Unfähigkeit, aufrichtig
zu sein. Deshalb ist auch ihre geistige Führung entsprechend schwer.
Sie haben zwar die weltliche Kleidung abgelegt und das Mönchsgewand
angezogen, doch die weltliche Gesinnung und die Gewohnheiten des
weltlichen Lebens haben sie nicht abgelegt, und weil diese nun keine
Befriedigung mehr finden, gewinnen sie neue Kraft. Diese Gewohnheiten
schwächen sich erst dann ab, wenn der Mensch sie bekämpft, erstens mit
der regelmäßigen Beichte und zweitens mit dem fortwährenden Krieg gemäß
den Weisungen der Heiligen Väter.
Nur
das kann ihn davor bewahren, sich gierig und wie außer sich in die
Befriedigung einer ausgehungerten Gewohnheit, die ihre ganze Macht über
ihn bewahrt hat, zu stürzen, sobald sich die Gelegenheit zu ihrer
Befriedigung ergibt.
Viele
Häfen, die vormals den im Geiste Kranken Hoffnung gaben, veränderten
sich mit der Zeit und fielen dahin. Mit Häfen meine ich die Klöster.
Viele von diesen, die einst in der tiefen Wildnis gegründet worden
waren oder zumindest abseits der Welt, befinden sich heute wegen der
Bevölkerungszunahme und der Ausdehnung der Städte mitten in der Welt,
mitten in zahllosen Versuchungen.
Nicht
genug, dass der geistig kranke Mönch, der unfähig ist, den
Versuchungen zu widerstehen, denselben unausweichlich begegnet, sobald
er hinaustritt aus der Klosterpforte – jetzt drängen diese Versuchungen
mit manischer Hartnäckigkeit in das Kloster selbst ein, wo sie
Freveltaten und geistige Verödung bewirken. Der Geist der Feindseligkeit
gegenüber dem Mönchtum hält das Eindringen der Versuchung und die
Hervorrufung von Ärgernissen in einem Kloster für seinen Triumph. Dieser
„Triumph“ wird begleitet von lautem Gelächter und Händeklatschen, als
ob es hier um irgendeinen historischen Sieg ginge, während die Sünde
und ihre Folgen in Wirklichkeit gewohnte Erscheinungen im Leben des
gefallenen Menschen sind.
Heute
mehr denn je müssen die Klöster weit weg von den Städten liegen, wegen
der geistigen Dekadenz der Welt. Als die Leute noch kirchlich lebten,
unterschied sich die Frömmigkeit der Weltlichen nur insofern von der
Frömmigkeit der Mönche, als die ersteren im Ehestand lebten und
weltlichen Besitz hatten. Damals konnten die Klöster auch mitten in den
Städten liegen, ohne dass dies für die Mönche eine Gefahr bedeutete.
Den Beweis hiefür liefern im übrigen die vielen Heiligen, die die
städtischen Klöster hervorbrachten.
Heute
aber müssen wir in besonderem Maß auf die Worte des Apostels achten,
die ich vorher erwähnte (2 Kor 6,16-18, s. 1. Teil, Seite 10), und uns
sorgfältig bemühen, sie in die Tat umzu-setzen.
Das beste Alter für den Eintritt
ins Mönchsleben
ins Mönchsleben
Weltlicher:
Nach Ansicht vieler könnten die Ärgernisse vermieden oder zumindest
verringert werden, wenn man ein Gesetz einführte, das nur reifen und
betagten Menschen den Eintritt ins Kloster gestattet, nicht aber den
Jungen, weil in diesen die Leidenschaften kochen, sodass die äußeren
Versuchungen besonders heftig wirken.
Mönch: Eine solche Maßnahme mag denen als richtig und vernünftig scheinen, die keine Kenntnis haben vom Wesen des Mönchtums, das heißt den Vertretern der fleischlichen Weisheit, die meinen, auf diese Art werde das Mönchtum überleben und neu erblühen. Doch das Gegenteil würde geschehen, sollte ein solches Gesetz eingeführt werden. Das Mönchtum würde dadurch eine schwere und verhängnisvolle Wunde empfangen, die seine Entartung und letztlich seinen Untergang zur Folge haben würde!
Mönch: Eine solche Maßnahme mag denen als richtig und vernünftig scheinen, die keine Kenntnis haben vom Wesen des Mönchtums, das heißt den Vertretern der fleischlichen Weisheit, die meinen, auf diese Art werde das Mönchtum überleben und neu erblühen. Doch das Gegenteil würde geschehen, sollte ein solches Gesetz eingeführt werden. Das Mönchtum würde dadurch eine schwere und verhängnisvolle Wunde empfangen, die seine Entartung und letztlich seinen Untergang zur Folge haben würde!
Das
Mönchtum ist die Wissenschaft der Wissenschaften, jene Wissenschaft,
in welcher Theorie und Praxis miteinander einhergehen. Sein Weg ist auf
der ganzen Länge erleuchtet vom Evangelium. Indem die Mönche diesem
Weg folgen, gehen sie mit Hilfe des himmlischen Lichts von der
Äußerlichkeit zur Innerlichkeit über, und mit dieser Verinnerlichung
erwerben sie empirische, gelebte Erkenntnis der Wahrheit des
Evangeliums. Oder in der Sprache der Weisen dieser Welt ausgedrückt:
Das Mönchtum verhilft zu den fundamentalsten und genaue-sten, tiefsten
und höchsten Erkenntnissen der Erfahrungspsychologie und der
Theologie. Das heißt, es verhilft zur aktiven und lebendigen Erkenntnis
des Menschen und Gottes, soweit diese Erkenntnis dem Menschen
zugänglich ist.
Damit
sich einer erfolgreich mit einer der menschlichen Wissenschaften
beschäftigen kann, braucht er besondere Fähigkeiten und Affinitäten
sowie unerschöpfliche innere Kraft. In noch höherem Grade gilt dies für
das Studium der Wissenschaft der Wissenschaften, das heißt für das
Mönchtum.
Der
Mönch ist gerufen, mit seiner eigenen Natur zu ringen. Das beste
Alter, um in diesen Kampf einzutreten, ist die Jugend, denn in dieser
Phase ist der Mensch noch nicht zum Gefangenen schlechter Gewohnheiten
geworden, und so ist sein Wollen noch frei. Die Erfahrung zeigt, dass
die besten Mönche diejenigen sind, die sich von Jugend an ins
Mönchsleben einordneten. Selbst in unserer Epoche noch sind die meisten
von denen, die ins Kloster kommen, Jugendliche. Jene der reiferen
Jahrgänge sind selten, die Betagten verschwindend wenige, und meistens
vermögen diese dem Druck und den Schwierigkeiten des Mönchslebens nicht
standzuhalten. So kehren sie früher oder später in die Welt zurück,
ohne begriffen zu haben, was das Mönchtum ist. Und jene von ihnen, die
im Kloster ihrer Metanie ausharren, leben in einer oberflächlichen
Frömmigkeit, indem sie zwar mit Sorgfalt die das Äußere betreffenden
mönchischen Regeln einhalten, an welchen auch die Weltlichen Gefallen
haben, doch die Essenz des Mönchtums findet man nicht bei ihnen, oder
dann nur höchst selten.
Hören wir auf die Ermahnungen unserer Heiligen Kirche. „Mein Kind“, sagt der weise Sirach in seiner von Gott gegebenen Weisheit, „von
deiner Jugend an erwähle die Zucht, so wirst du bis zum Alter die
Weisheit erlangen. Wie der Pflüger und der Sämann befasse dich mit ihr
und warte auf ihre guten Früchte“ (Sir 6,18-19). Und: „Genieße,
o Jüngling, deine Jugend! Dein Herz freue sich aller Tage deiner
Jugend. Doch wandle auf den Wegen deines Herzens ohne Tadel, ohne dich
verführen zu lassen von dem, was deine Augen sehen“ (Ekkles 11,9). Und: „Von
Jugend an liebte und suchte ich die Weisheit. Ihre Schönheit
bezauberte mich, und ich suchte sie heimzuführen als meine Braut. Sie
strahlt, ist sie doch von edler Herkunft, denn sie lebt bei Gott, und
der Gebieter aller hat ihr Seine Liebe geschenkt. Sie ist eingeweiht in
das Wissen Gottes und begreift Seine Werke“ (Weish 8,2-4).
Es
liegt auf der Hand, dass diese Worte sich nicht auf die Weisheit der
Welt und des Weltbeherrschers beziehen, sondern auf die göttliche
Weisheit. Die Heiligen Väter setzen sie in Bezug zur Wissenschaft der
Wissenschaften, zum Mönchtum.
Das
6. Oekumenische Konzil bekräftigt in seinem 40. Kanon, dass es sehr
heilsam ist, sich zurückzuziehen vom Trubel des Daseins, um Gott
anzuhangen. Nichtsdestoweniger bestimmt es, dass die Mönchstonsur erst
nach gebührender Prüfung und Erprobung des Kandidaten erfolge, und nicht
bevor dieser das zehnte Altersjahr vollendet hat, damit seine
Erkenntnisfähigkeit Zeit hat, sich genügend zu entwickeln.[12]
Viele heilige Mönche, wie wir in ihren Leben
feststellen, begannen ihren Weg im Mönchtum im Alter von zwölf Jahren.
Betagte hingegen werden von den Heiligen Vätern nicht als geeignet
betrachtet für das Mönchsleben, weil sie viele eingewurzelte
Gewohnheiten haben, verfestigte Denkweisen und verminderte Kräfte.
Jugendliche Heldentaten sind nicht für Greise! Deshalb weigerte sich
der heilige Antonios der Große anfänglich, den sechzigjährigen Paulos
den Einfa-chen als Jünger anzunehmen, und sagte ihm, in seinem Alter
würde er die Mühsal der Askese nicht ertragen.[13] Viele der Väter, die
schon in ihrer Kindheit ins Kloster eintraten, erreichten hohe Stufen
geistigen Fortschritts, und dies dank ihres unversehrten freien
Willens, ihrer Reinheit, ihrer Empfänglichkeit und Aufnahmefähigkeit,
wie sie alle Kinder kennzeichnet, und weil sie sich frühzeitig an das
Gute gewöhnt hatten.
Die Klöster sind Heilanstalten
Weltlicher:
Die Beständigkeit des Willens, die Aufrichtigkeit des Strebens und die
Entschlossenheit im Kampf zur Erreichung des Ziels des Mönchslebens
sind mithin unerläßliche Voraussetzungen für den geistigen Fortschritt
des Mönchs. Deshalb muß ein Higumen rechtzeitig herausfinden, ob diese
Voraussetzungen gegeben sind in demjenigen, der Mönch werden möchte.
Mönch: Richtig. Dies geschah denn auch von alters her und muß heutzutage noch viel mehr geschehen, bevor einer zum Mönch geschoren wird. Deshalb dauert das Noviziat mit seinen vielfältigen Bestimmungen in der Regel lange Jahre und ist oft sehr mühsam, vor allem für solche, die zuvor nicht auf geistige Weise lebten. In vielen Fällen zeigt sich die Beständigkeit des Willens und Aufrichtigkeit des Strebens erst nach langer Zeit. Es kommt oft vor, dass ein Mensch nach vielen Jahren seine Lebensführung ändert. So zeigen einige beim Eintritt ins Kloster anfänglich große Ehrfurcht und Hingabe, fallen dann aber in Nachlässigkeit. Andere im Gegenteil zeigen am Anfang Oberflächlichkeit, gewöhnen sich aber mit der Zeit an die mönchische Lebensweise und werden vortreffliche Mönche.[14]
Mönch: Richtig. Dies geschah denn auch von alters her und muß heutzutage noch viel mehr geschehen, bevor einer zum Mönch geschoren wird. Deshalb dauert das Noviziat mit seinen vielfältigen Bestimmungen in der Regel lange Jahre und ist oft sehr mühsam, vor allem für solche, die zuvor nicht auf geistige Weise lebten. In vielen Fällen zeigt sich die Beständigkeit des Willens und Aufrichtigkeit des Strebens erst nach langer Zeit. Es kommt oft vor, dass ein Mensch nach vielen Jahren seine Lebensführung ändert. So zeigen einige beim Eintritt ins Kloster anfänglich große Ehrfurcht und Hingabe, fallen dann aber in Nachlässigkeit. Andere im Gegenteil zeigen am Anfang Oberflächlichkeit, gewöhnen sich aber mit der Zeit an die mönchische Lebensweise und werden vortreffliche Mönche.[14]
Abba
Isaak der Syrer sagt: „Oftmals geschieht es, dass ein zu nichts
taugender Mensch, der auf Grund seines Mangels an Übung ständig besiegt
und zu Boden geworfen wird und stets in einem Zustand der Schwäche
verharrt, eines Tages plötzlich den ihn bekriegenden Söhnen der Giganten
das Banner aus den Händen reißt und einen hohen Ruf erlangt und mehr
gerühmt wird als angesehene und siegreiche Kämpfer und mehr Kränze und
kostbare Gaben empfängt als alle seine Gefährten. Deshalb soll niemand
von uns den Mut verlieren. Nur das Gebet sollen wir nie vernachlässigen,
sondern mit diesem unablässig die Hilfe des Herrn erflehen.“[15]
Oftmals
werden große Sünder zu großen Asketen. Jedes Kloster ist Ort der
Metanie. Keiner hat das Recht, demjenigen, der die Metanie begehrt und
sucht, dieselbe zu versagen, selbst wenn er nicht imstand ist, sich zu
beherrschen, wie es etwa bei einem Besessenen geschieht. Denn die
Metanie wird von Gott geschenkt, ebenso der Ort der Metanie, der Hafen
der Metanie, das Kloster.
Der
heilige Johannes vom Sinai, der im 6. Jahrhundert lebte, zählt
irgendwo die Ursachen auf, derentwegen ein Mensch das hesychastische
Leben wählt, und weist darauf hin, dass er dies in den meisten Fällen
tut, nicht weil er sich nach der christlichen Vollkommenheit sehnt,
sondern weil er der Sünde entraten, seine ohnmächtige Seele vor den
Versuchungen bewahren will, denen er nicht widerstehen kann.[16]
Auch
heute ist die Sehnsucht nach Befreiung von der Sündhaftigkeit nicht in
allen Menschen erloschen, trotz der Zunahme der Herausforderungen und
der Stürze und obwohl die menschliche Macht wie nichts ist vor der
universellen Macht der Versuchungen. Von denen, die in die Klöster
eintreten, suchen die meisten nichts anderes als das Joch der Sünde
abzuwerfen, Kraft zu finden in ihrer Ohnmacht und ihr eigenes Selbst zu
bezähmen.
Die
Klöster sind von jeher Heilanstalten gewesen,[17] doch heute sind sie
es mehr denn je. Können wir je Menschen die Hilfe versagen, die krank
sind in ihrer Seele? Man setzt sich zwar mit großem Eifer ein für die
Schaffung von Pflegeheimen für die Betagten, für die körperlich Kranken
und Behinderten, doch warum denkt man nicht daran, dass auch
Institutionen nötig sind für die Pflege der seelisch Kranken, für die
von der Sünde und den Leidenschaften Behinderten? Diejenigen, die ihrer
verkehrten Auffassungen wegen die Klöster anklagen, verlangen, dass es
in diesen Heilanstalten nicht die geringste Krankheit gebe. Sie wollen,
dass in ihnen absolute Gesundheit herrsche. Verlangt Heilung, nicht
Gesundheit! Dann ist eure Forderung gerecht.
Das Kloster von Optina
Diese
Heilung der Seelen konnte ich selbst beobachten im Koinobion der
Wildnis von Optina[18] in der Eparchie Kaluga, in der Nähe der Stadt
Koselsk. Dort ließ sich 1829 der für seine mönchische Erfahrung und
Lebensführung berühmte Priestermönch Leonid nieder. Einige Jahre später
folgte ihm dorthin der Priestermönch Makarij, der sein Jünger und enger
Mitarbeiter wurde.[19] Beide dieser Starzen waren zur Gänze erfüllt
vom Geist der Heiligen Väter, deren Schriften über das Mönchsleben sie
mit Sorgfalt studiert hatten. Nach ihren Lehren führten sie sowohl ihr
eigenes Leben als auch diejenigen, die sich an ihre Weisheit und
Unterscheidung wandten mit dem Ersuchen um geistigen Rat.
Die
heiligväterliche Lebensweise und Seelenführung hatten sie selbst von
ihren eigenen geistigen Führern erlernt, die sie ihrerseits von ihren
Vorgängern ererbt hatten. Es handelt sich, kurz gesagt, um eine
Lebensweise, die von den ersten Mönchen an von Generation zu Generation
überliefert worden ist bis zu den heutigen Mönchen und für diese ein
kostbares Erbe bildet, einen Erwerb, der ihrer Sendung würdig ist.
Die
Bruderschaft der Wildnis von Optina wuchs zahlenmäßig rasch an und
machte auch große geistige Fortschritte. Ihre Starzen lehrten jene
Brüder, die sich durch ihren Eifer auszeichneten, die rechte und
fruchtbringende Art von Askese, stärkten die Wankenden, ermunterten die
Kleinmütigen, führten die in die Sünde Gefallenen zur Metanie,
verhalfen den von den Leidenschaften der Seele Geplagten zur Heilung.
Mit der Zeit begannen auch in der Welt lebende Christen aus allen
Gesellschaftsschichten in großer Zahl zu ihren bescheidenen Zellen zu
strömen, um ihnen ihr Leid zu klagen und sie um Heilung, Tröstung,
Beistand und Rat zu bitten. Tausende fanden durch ihre heiligen
Ratschläge den Herzensfrieden.
Die
Starzen, siehst du, hatten tiefes Mitgefühl mit dem leidenden
Menschen, dem sie nicht so sehr die Schwere der Sünde vorhielten, als
vielmehr die Bedeutung der Erlösung darlegten. Ausgehend von dieser,
erklärten sie ihm auf überzeugende Weise, wie unerläßlich es für ihn
war, sich abzuwenden vom sündigen Lebenswandel. Während sie so der
menschlichen Schwä-che mit Nachsicht begegneten, sorgten sie zugleich
auf wirksame Weise für ihre Therapie.
Solcherart
ist der Geist der Orthodoxen Kirche! Solcherart sind ihre Heiligen
aller Zeiten! Der heilige Sisoes der Große, ein Wüstenvater des 4. und
5. Jahrhunderts, flößte einem Bruder neuen Mut ein, der ihm seine
wiederholten Stürze bekannte, indem er ihm riet, nach jedem Sturz
wieder aufzustehen und mit dieser Metanie fortzufahren bis ans Ende.[20]
War dieser Rat vielleicht falsch? Wie hätte er sich verhalten müssen
nach Ansicht gewisser moderner Kritiker des Mönchtums? Ganz anders auf
jeden Fall!
Ich
besuchte die Wildnis von Optina zum ersten Mal 1828 und zum letzten
Mal 1856. Damals befand sich das Kloster auf dem Höhepunkt seiner
Blüte. Zweihundert Mönche lebten dort. Der Priestermönch des Großen
Gewands Leonid war bereits entschlafen, und die geistige Führung der
Bruderschaft sowie der vielen Pilger oblag nun dem Priestermönch des
Großen Gewands Makarij, selbst schon siebzig Jahre alt. Trotz der großen
Zahl der Brüder und ihrem geistigen Fortschritt erwiesen sich nur
wenige, sehr wenige von ihnen als Führer und Ärzte der Seelen – ein
Werk, das sowohl eine angeborene Fähigkeit hierzu als auch einen durch
wahre mönchische Askese kultivierten Geist erfordert.
Die Leidenschaft der Trunksucht
So
ist es stets in den Krankenhäusern: Der Ärzte sind wenige und der
Kranken viele. In unserer Epoche aber schwindet die Zahl der Ärzte immer
mehr dahin, während die Zahl der Kranken immer mehr zunimmt. Auch
dafür trägt die Welt die Verantwortung. Siehst du, wen die Welt heute
in die Klöster schickt?[21] Nicht die auserwählten Christen, wie am
Anfang des Mönchtums, noch auch die Gebildeten. Heute füllen sich die
Klöster fast ausschließlich mit Menschen von niedrigem
gesellschaftlichem Rang. Und was für welche! Nahezu untauglich für
jedwelches Ding. Die meisten von diesen bringen ihre schlechten
Gewohnheiten und Leiden-schaften mit, in erster Linie jene
Leidenschaft, den der heilige Fürst Wladimir der Apostelglei-che als
unsere Nationalleidenschaft bezeichnet hat.[22] Viele kommen ins
Kloster in der Hoff-nung, diese Leidenschaft hier loszuwerden. Diese
aber fordert ihre erworbenen Rechte und zeigt von Zeit zu Zeit ihre
Macht über die Seele, die aus Mangel an Vorsicht und Besonnenheit zu
seiner Sklavin geworden ist.
Es
gibt Menschen mit wunderbaren Gaben, ja sogar solche mit tiefer
Frömmigkeit, die dieser unserer Nationalleidenschaft unterworfen sind.
Doch da ihnen ihre Schwäche bewußt ist, trauern sie bitterlich und
kämpfen um ihre Heilung durch die Metanie. Dieses Trauern in der
Abgeschiedenheit der Mönchszelle und die Reue des Herzens sind für die
anderen Menschen nicht sichtbar, so wie es die Stürze sind. Diese Stürze
der Mönche vor allem sind es, an denen die Intelligentsia Anstoß
nimmt. Doch deren Repräsentanten haben auch selbst ihre eigenen
Leidenschaften – Leidenschaften, die sie allerdings leicht verzeihen
und auch den Mönchen verzeihen würden.
Dies
ist, was zu einem großen Teil ihre Ansichten bestimmt. Wenn sie ein
Kloster besuchen und dort die Leidenschaften der einfachen Menschen
feststellen, die dort leben, nehmen sie Anstoß, denn sie denken, die
Mönche seien völlig andere Geschöpfe als die Weltlichen und müßten alle,
ohne jede Ausnahme, Vorbilder der Vollkommenheit sein, während die
Weltlichen das Recht und die Erlaubnis hätten, jedwelches zu tun!
Von
ihresgleichen aber wird die Schwäche der einfachen Menschen auf andere
Weise angegangen. Hier ein Beispiel: Anfangs unseres Jahrhunderts
lebte in einem entlegenen Koinobion ein pädagogisch gesinnter Starez,
der aus einfachen Verhältnissen stammte und tiefes Mitgefühl empfand für
seine trunksüchtigen Mitmenschen. Da er wußte, dass es unmöglich ist,
einen Menschen, der die Herrschaft über sich selbst verloren hat und
fortfährt, inmitten der Versuchungen zu leben, von seiner Leidenschaft
zu befreien, holte er all jene ins Kloster, die wirklich begehrten,
unabhängig zu werden vom Alkohol. Seine Initiative war ein Akt der
Menschenliebe und zwar ein realistischer, denn das Kloster war weit weg
von der Welt und ihren Verlockungen.
Die
weitab in der Einsamkeit gelegenen Klöster können tatsächlich zum
rettenden Hafen, zur Heilanstalt werden für die kranken Seelen. Ihre
Abgelegenheit gewährleistet außerdem, dass
solche, die leicht Anstoß nehmen, keine Gelegenheit dazu erhalten.
solche, die leicht Anstoß nehmen, keine Gelegenheit dazu erhalten.
Rückkehr zur echten mönchischen Askese –
das Vorbild des hl. Nil Sorskij
das Vorbild des hl. Nil Sorskij
Weltlicher:
Nach dem, was Ihr gesagt hat, muß man nichtsdestoweniger schließen,
dass der heutige Zustand vieler Klöster, wenn nicht gar aller, nicht
mehr im Einklang ist mit ihrer Bestimmung und dass es daher unerläßlich
ist, Maßnahmen zu ergreifen, um das Mönchtum zu berichtigen.
Mönch: Ja. Jetzt wo die weltliche Bildung sich rasch entwickelt, wo das gesellschaftliche Leben sich zunehmend abtrennt vom kirchlichen Leben, wo unzählige antikirchliche Theorien vom Westen her in unser Land eindringen und der Glauben sowie die christliche Lebensführung in allen Volksschichten in beeindruckendem Maß erschlaffen, müssen die Klöster auf den rechten Weg zurückkehren, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, damit das Mönchtum selbst überleben kann, und zweitens, damit die Ärgernisse aufhören und die Weltlichen nicht länger schockiert werden. Denn in dem Maß, wie das Volk schockiert wird, gerät sein Glaube ins Wanken.
Doch um die Abweichungen im Mönchtum zu berichtigen, genügt es nicht, eine oberflächliche Kenntnis zu haben von demselben. Notwendig ist eine wesenhafte, genaue und durch die Erfahrung assimilierte Kenntnis der diesbezüglichen Lehre unserer Heiligen Kirche und der gotttragenden Väter. Notwendig ist auch ein tiefes Empfinden der Authentizität und Heiligkeit dieser Lehre.
Mönch: Ja. Jetzt wo die weltliche Bildung sich rasch entwickelt, wo das gesellschaftliche Leben sich zunehmend abtrennt vom kirchlichen Leben, wo unzählige antikirchliche Theorien vom Westen her in unser Land eindringen und der Glauben sowie die christliche Lebensführung in allen Volksschichten in beeindruckendem Maß erschlaffen, müssen die Klöster auf den rechten Weg zurückkehren, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, damit das Mönchtum selbst überleben kann, und zweitens, damit die Ärgernisse aufhören und die Weltlichen nicht länger schockiert werden. Denn in dem Maß, wie das Volk schockiert wird, gerät sein Glaube ins Wanken.
Doch um die Abweichungen im Mönchtum zu berichtigen, genügt es nicht, eine oberflächliche Kenntnis zu haben von demselben. Notwendig ist eine wesenhafte, genaue und durch die Erfahrung assimilierte Kenntnis der diesbezüglichen Lehre unserer Heiligen Kirche und der gotttragenden Väter. Notwendig ist auch ein tiefes Empfinden der Authentizität und Heiligkeit dieser Lehre.
In
der Vergangenheit haben verschiedene kirchliche und politische Führer
mit oberflächli-cher Kenntnis von der Institution des Mönchtums
versucht, dieses zu berichtigen, doch im Endergebnis haben ihm die
ergriffenen Maßnahmen Schaden zugefügt, weil sie aus der übelriechenden
Schatzkammer der fleischlichen Weisheit stammten. Maßnahmen dieser Art,
mit welchen die anmaßende und unerleuchtete Welt auf unbesonnene und
unüberlegte Weise die heiligen Anweisungen der Väter zur Seite schiebt,
Anweisungen, die mit der Erleuchtung des Heiligen Geistes gegeben
worden waren, sind dazu angetan, das Mönchtum endgültig zum
Verschwinden zu bringen.
Weltlicher: Nennt mir ein Beispiel heiligväterlicher Anweisungen, auf Grund welcher das Mönchtum berichtigt werden könnte.
Mönch: Ich empfehle dir, das Buch „Überlieferung an die Jünger“ oder „Regel“ unseres heiligen Landsmanns Nil Sorskij zu studieren.[23] Der heilige Nil lebte im 15. Jahrhundert und ist wohl der letzte Heilige, der über das Mönchsleben geschrieben hat. Dieses Werk, obwohl sehr kurz, ist von zufriedenstellender Vollständigkeit und tiefer Spiritualität. 1852 wurde es auf Weisung der Heiligen Synode in Tausenden von Exemplaren gedruckt und an die Klöster verteilt.
Weltlicher: Nennt mir ein Beispiel heiligväterlicher Anweisungen, auf Grund welcher das Mönchtum berichtigt werden könnte.
Mönch: Ich empfehle dir, das Buch „Überlieferung an die Jünger“ oder „Regel“ unseres heiligen Landsmanns Nil Sorskij zu studieren.[23] Der heilige Nil lebte im 15. Jahrhundert und ist wohl der letzte Heilige, der über das Mönchsleben geschrieben hat. Dieses Werk, obwohl sehr kurz, ist von zufriedenstellender Vollständigkeit und tiefer Spiritualität. 1852 wurde es auf Weisung der Heiligen Synode in Tausenden von Exemplaren gedruckt und an die Klöster verteilt.
Als
der heilige Nil ins Kloster eintrat, war er bestrebt, belehrt zu
werden und sich vertraut zu machen mit dem geistigen Leben des
Mönchtums, so wie es von den alten asketischen Vätern überliefert worden
ist. Um die Überlieferung der Väter aus der Nähe kennenzulernen,
reiste er in den Osten. Eine Zeitlang blieb er auf dem Heiligen Berg
Athos, wo er Kontakte und Gespräche hatte mit den Jüngern der Heiligen
Gregor des Sinaiten und Gregor Palamas.[24] Er war auch in Verbindung
mit den Mönchen der Umgebung von Konstantinopel. Als er nach Rußland
zurückkehrte, ließ er sich an einem entlegenen Ort nieder, in der Nähe
des Flusses Sora, und wurde zum Begründer der skitiotischen Form des
Mönchslebens in unserem Land.[25]
Das Werk „Überlieferung“ oder
„Regel“, das er für seine Skite schrieb, ist auch für uns kostbar,
entspricht es doch genau den Erfordernissen des heutigen Mönchtums.
Denn siehst du, infolge des Mangels an geisttragenden Führern ist es
für die Mönche unserer Zeit nicht möglich, wie die Alten dem Weg des
absoluten Gehorsams zu folgen.[26] Der heilige Nil empfiehlt die
Führung durch die Heilige Schrift und die Schriften der Heiligen Väter
sowie auch durch die Weisungen im geistigen Leben fortgeschrittener
Mönche, deren Richtigkeit aber, sagt der Heilige, am Maßstab der
heiligen Texte gemessen werden muß.
Weil
er die wahre mönchische Askese kannte, erhob der heilige Nil seine
demütige Stimme gegen die Abweichung des russischen Mönchtums seiner
Zeit vom rechten Weg. Diese Abweichung, begünstigt durch die
Unwissenheit und Bildungslosigkeit der russischen Mönche, war die Folge
des Erwerbs ausgedehnter Besitztümer durch die Klöster. Seine Stimme
fand nicht das Gehör, das sie verdiente, und so verfestigte sich die
Abweichung und verallgemeinerte sich, mit dem Ergebnis, dass die Klöster
des 18. Jahrhunderts geistig verkümmerten.
Weltlicher: Was läßt sich aus den Schriften des heiligen Nil schöpfen, das besonders nützlich ist für das heutige Mönchtum?
Mönch: Von besonderem didaktischem Wert ist zuallererst sein eigenes Beispiel. Er begnügte sich nicht damit, die Heilige Schrift und die Texte der Väter über das Mönchsleben zu studieren, sondern er setzte sie auch in Taten um und erwarb so persönliche Erfahrung. Doch auch das war ihm nicht genug. Er wollte sein Wissen vervollständigen und seine asketische Lebensführung verfeinern durch die Beobachtung des Lebens und das unmittelbare Hören der Weisungen der heiligen Mönche des Athos und von Byzanz. Und obwohl er einen hohen Stand erreicht hatte in der Tugend, wollte er es nicht anerkennen. Deshalb strebte er nicht danach, Lehrer anderer zu sein. Dennoch baten ihn viele mit Beharrlichkeit, ihnen seine für die Seele nützliche Belehrung nicht zu versagen. So fügte er sich schließlich dem Drängen der Brüder, willigte ein, sie zu führen, und nahm dieses Werk auf sich als Diakonie des Gehorsams.
Weltlicher: Was läßt sich aus den Schriften des heiligen Nil schöpfen, das besonders nützlich ist für das heutige Mönchtum?
Mönch: Von besonderem didaktischem Wert ist zuallererst sein eigenes Beispiel. Er begnügte sich nicht damit, die Heilige Schrift und die Texte der Väter über das Mönchsleben zu studieren, sondern er setzte sie auch in Taten um und erwarb so persönliche Erfahrung. Doch auch das war ihm nicht genug. Er wollte sein Wissen vervollständigen und seine asketische Lebensführung verfeinern durch die Beobachtung des Lebens und das unmittelbare Hören der Weisungen der heiligen Mönche des Athos und von Byzanz. Und obwohl er einen hohen Stand erreicht hatte in der Tugend, wollte er es nicht anerkennen. Deshalb strebte er nicht danach, Lehrer anderer zu sein. Dennoch baten ihn viele mit Beharrlichkeit, ihnen seine für die Seele nützliche Belehrung nicht zu versagen. So fügte er sich schließlich dem Drängen der Brüder, willigte ein, sie zu führen, und nahm dieses Werk auf sich als Diakonie des Gehorsams.
Dieser
Stand des Heiligen zeigt, dass zur Neuordnung der Klöster würdige und
taugliche Menschen an deren Spitze gestellt werden müssen, Menschen mit
guter Kenntnis der Heiligen Schrift und der Väterliteratur, aber auch
mit entsprechender Lebensführung, die durch ihren Glauben und ihr Leben
die Gnade Gottes auf sich gezogen und erlangt haben. Wir müssen beten,
damit sich solche Persönlichkeiten finden, denn nur solche sind
imstand, die heiligen Regeln des Mönchslebens, die sie von der
Erfahrung her erfassen, auf die richtige Weise zur Anwendung zu bringen.
Abba
Kassianos berichtet uns, dass in den Klöstern Ägyptens – den ersten
Klöstern überhaupt auf Erden – das Higumenat nur solchen Mönchen
anvertraut wurde, die zuvor in Unterordnung gelebt und die Überlieferung
der Väter durch eigene Erfahrung assimiliert hatten.[27]
Die wichtigste Regel des hl. Nil -
absolute Treue zur Heiligen Schrift und den Hl. Vätern
absolute Treue zur Heiligen Schrift und den Hl. Vätern
Unter
den Regeln des heiligen Nil steht an erster Stelle diejenige, die wir
bereits erwähnt haben, das heißt jene, welche die Führung des Mönchs
durch die Heilige Schrift und die Väterschriften betrifft. Der heilige
Johannes vom Sinai definiert den Mönch folgendermaßen: „Mönch ist
derjenige, der sich allein den Geboten und den Worten Gottes geweiht
hat und sie zur Anwendung bringt zu jeder Zeit, an jedem Ort und in
jeder Sache.“[28] Das ist, was der heilige Nil selbst tat, und das auch
ist, was er seine Jünger lehrte.
Er
schreibt: „Viele und gottesfürchtige Brüder kommen zu mir und wollen
bei mir leben, .... Ich habe erkannt, dass sie durch Gottes Willen
herkommen, und deshalb müssen sie, wenn sie dableiben, die
Überlieferungen der Heiligen annehmen, die Gebote Gottes erfüllen und
den Anordnungen der Väter folgen, ohne Ausflüchte vorzubringen, ohne
Vorwände zu finden für Sünden, ohne zu sagen: ‚Heute ist es nicht mehr
möglich, gemäß der Heiligen Schrift zu leben und den Heiligen Vätern
nachzufolgen.’ Denn obwohl wir schwach sind, müssen wir, so sehr wir
können, denselben nachstreben. Wir müssen den unvergeßlichen und seligen
Vätern folgen, selbst wenn es uns nicht möglich ist, ihr Maß zu
erreichen.“ [29]
Wer
den Zustand des heutigen russischen Mönchtums wirklich kennt, wird
ohne Umschweife bekennen, dass nur jene Klöster geistig blühen, in denen
das Studium der heiligen Schriften gepflegt wird, und dass nur jene
Mönche ihr Gewand ehren, die sich vom Studium der heiligen Schriften
nähren.
Der
heilige Nil gab nicht Weisungen, die von ihm selbst stammten. Wann
immer man ihn befragte über ein geistiges Thema, antwortete er mit der
diesbezüglichen Lehre der Hl. Schrift und der Väter. Und wenn ihm
bezüglich eines gegebenen Themas keine Stelle aus der Bibel oder aus
den Schriften der Hl. Väter in den Sinn kam, zog er es vor, die Antwort
aufzuschieben, bis er sie in den heiligen Schriften gefunden hatte,
statt eine persönliche Auffassung vorzu-bringen.[30] Es handelt sich
hierbei um einen Grundsatz, den man sehr klar schon bei den Heiligen
Petros von Damaskus, Gregor dem Sinaiten, Kallistos und Ignatios
Xanthopouloi und vielen anderen Vätern findet, besonders jenen der
späteren Zeit.
Demselben
Grundsatz folgten auch die Priestermönche des Großen Gewands Leonid
und Makarij von Optina Pustyn, die ich vorhin erwähnte. Ihr Geist war
reich geschmückt mit Worten von Heiligen. Niemals gaben sie Ratschläge,
die von ihnen selbst kamen, sondern stets belehrten sie mit Stellen
aus der Heiligen Schrift oder Aussprüchen der Väter. Deshalb auch
hatten ihre Ermahnungen solche Kraft. Personen, die negativ reagiert
hätten auf bloß menschliche Worte, hörten ehrfürchtig auf das Wort
Gottes und erachteten die Unterordnung ihres eigenen Gedankens unter
die Lehre des Herrn als etwas Gesegnetes. Auf diese Weise bewahrten die
Starzen, die andere berieten, ihre Demut, wie sich deutlich zeigt in
der „Überlieferung“ des hl. Nil.
Der
Lehrer lehrt nicht das Seinige, sondern das Göttliche. Der Lehrer wird
Zeuge und Werkzeug der Heiligen Wahrheit. Und jedesmal, wenn er einen
Rat gibt, stellt er sich selbst die Frage: „Erfülle ich meine
verantwortungsvolle Diakonie wirklich so, wie es Gott wohlgefällig ist?“
In seiner „Überlieferung“ schreibt der heilige Nil: „Keiner darf aus
Nachlässigkeit das Wort Gottes verschweigen. Sondern er muß die
göttliche Wahrheit kundtun und seine eigene Schwäche bekennen, damit er
sich nicht der Übertretung und der Verzerrung des Wortes Gottes
schuldig macht.... Laßt uns deshalb die göttlichen Schriften erforschen
und geben wir ihre Worte weiter an alle, die zu uns kommen und darum
bitten. Oder vielmehr nicht wir, denn wir sind unwürdig, sondern durch
die seligen Väter laßt uns diese Worte wiedergeben aus den göttlichen
Schriften.“
Alle
heiligen asketischen Schriftsteller der letzten Jahrhunderte betonen,
dass infolge des allgemeinen Mangels an von Gott inspirierten Führern
das Studium der Heiligen Schrift, hauptsächlich des Neuen Testaments,
sowie der Väterschriften, und die sorgfältige und konsequente Anleitung
durch dieselben sowohl im persönlichen Leben jedes Mönchs als auch bei
der Lenkung des Nächsten der einzige Weg bleibt, der geistigen
Fortschritt gewährleistet – der Weg, der von Gott festgelegt worden
ist für das heutige Mönchtum.[31] Etwas von solcher Wichtigkeit und
Unabdingbarkeit, dass der hl. Nil keinen Bruder in seine Gemeinschaft
aufnahm, der diesem Weg nicht folgen wollte.
Die zweitwichtigste Regel - tägliche Beichte
Die
zweitwichtigste Regel des heiligen Nil ist die tägliche Beichte der
Brüder beim Starez. Als Starez [32] bezeichnet man in den Klöstern den
im geistigen Leben fortgeschrittenen Mönch, der die Brüder anleitet und
unterweist. Ihm bekennen sie ihre Sünden, selbst die unbedeutend-sten,
sowie ihre Gedanken und ihre sündigen Gefühle. Ihm auch stellen sie
ihre Fragen. Das geistige Werk der Beichte ist von ganz besonderem
Nutzen für die Seelen. Keine Askese ertötet die Leidenschaften so
leicht und so wirksam wie dieses Werk. Mit der aufrichtigen Beichte
werden die Leidenschaften stärker gezügelt und die fleischlichen
Begierden in höherem Maß geschwächt als mit dem Fasten und den
Nachtwachen.
Jene
Mönche, die von ihren ersten Schritten an mit der täglichen Beichte
vertraut gemacht wurden, benutzen dieses Heilmittel auch in ihren
reiferen Jahren noch, denn sie wissen aus Erfahrung, wie sehr es die
Seele befreit. Dank der Beichte vermag der Mönch den Sturz der
Menschheit mit aller Deutlichkeit in sich selbst wahrzunehmen. Dank der
Beichte auch lernt der Mönch die Kunst, seinen Mitmenschen geistig
beizustehen, wenn sie in einem Zustand seeli-scher Verwirrung sind.
Die
Starzen von Optina hatten in ihrer geistigen Obhut viele Brüder, die
ihnen jeden Abend, nach der Vollendung ihrer Zellenregel, ihr Gewissen
offenlegten. Diese Brüder unterschieden sich sehr stark von den
anderen, die idiorhythmisch[33] lebten. Der Gedanke an die
bevorstehende allabendliche Beichte war für sie den ganzen Tag über ein
fortwährender Wächter über ihr Verhalten. So lernten sie nach und nach,
ununterbrochen über sich selbst zu wachen, und die Beichte selbst
hielt sie an zur Selbstbeobachtung und zur ständigen Vertiefung in die
heiligen Schriften.
Die
tägliche Beichte, die tägliche Prüfung und Offenlegung des Gewissens
ist älteste und universelle mönchische Tradition, wie wir in den Werken
des hl. Kassianos,[34] Johannes Kli-makos, Barsanuphios des
Großen,[35] Isaiah,[36] Dorotheos [37] und der anderen asketischen
Schrift-steller feststellen können. Wie sich zeigt, wurde diese Praktik
von den Aposteln selbst angeord-net.[38]
Mönche,
die die obigen beiden Regeln kultiviert haben, können wir vergleichen
mit Menschen, die klar sehen und allgemein bei guter Gesundheit sind,
jene Mönche aber, die sie nicht kultiviert haben, mit Blinden und
Toten. Die Erfahrung zeigt, dass sich in einem Kloster, wo diese Regeln
eingehalten werden, das geistige Leben der Gemeinschaft erheblich
verbessert, ohne dass im Äußeren irgendetwas verändert wird.
Damit
die zweite Regel angewandt werden kann, ist es notwendig, dass der
Starez selbst zuerst geformt worden ist durch die genaue Einhaltung
derselben und dass er einen hohen geistigen Stand erreicht hat. Das
Wissen aus Erfahrung ist hier absolut unerläßlich. Abba Kassianos der
Römer betont, dass es zwar nützlich ist, die Gedanken den Greisen
offenzulegen, doch nicht jedwelchem, sondern man soll sie solchen
offenlegen, die nicht bloß Greise sind an Jahren, sondern an Geistigkeit
und Unterscheidungsvermögen. Denn viele, die ihre Gedanken solchen
offenlegten, die ihres Alters und weißen Bartes wegen äußerlich
ehrwürdig schienen, hatten davon nicht nur keinen Nutzen, sondern nahmen
im Gegenteil Schaden, weil es diesen Greisen an Unterscheidung
fehlte.[39]
Schlichtheit und Einfachheit in allem
Weltlicher:
Ihr habt die beiden grundlegenden Prinzipien der geistigen Erneuerung
der Klöster aufgezeigt. Ich bitte euch, nennt auch die übrigen Regeln
oder Überlieferungen der Heiligen Väter, die zu dieser Erneuerung
beitragen können.
Mönch: Die Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen hängt weitgehend ab und wird mitbestimmt von den äußeren Umständen und der Umgebung, in welcher er sich bewegt. Und es kann gar nicht anders sein, denn so sind wir erschaffen. Dank ihrem geläuterten Geist hatten die Heiligen Väter dieses Geheimnis begriffen. Deshalb sorgten sie dafür, dass dem Mönch die Heilige Überlieferung vermittelt wurde und dass gleichzeitig jenes Klima geschaffen wurde, das ihn bei seinem persönlichen Kampf zur Erreichung seines Ziels unterstützen konnte. Deshalb entfernten sie aus seiner Umgebung alles, was ihn behindern konnte bei diesem Streben nach dem Ziel, wie unbedeutend oder nützlich solche Dinge auch scheinen mochten.
Mönch: Die Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen hängt weitgehend ab und wird mitbestimmt von den äußeren Umständen und der Umgebung, in welcher er sich bewegt. Und es kann gar nicht anders sein, denn so sind wir erschaffen. Dank ihrem geläuterten Geist hatten die Heiligen Väter dieses Geheimnis begriffen. Deshalb sorgten sie dafür, dass dem Mönch die Heilige Überlieferung vermittelt wurde und dass gleichzeitig jenes Klima geschaffen wurde, das ihn bei seinem persönlichen Kampf zur Erreichung seines Ziels unterstützen konnte. Deshalb entfernten sie aus seiner Umgebung alles, was ihn behindern konnte bei diesem Streben nach dem Ziel, wie unbedeutend oder nützlich solche Dinge auch scheinen mochten.
Ich
will es dir erklären, indem ich abermals zurückgreife auf die kostbare
Schrift des hl. Nil Sorskij. Zunächst einmal sagt der Heilige, dass
die Kirche des Klosters sehr einfach sein soll. Dabei stützt er sich
auf den heiligen Pachomios den Großen, der nicht wollte, dass die
Kirche seines Koinobions von großer architektonischer Pracht sei, „damit
nicht der Geist (der Mönche) ausrutsche“, sagte er, „wegen des Lobs,
das man der Kunst zollen würde, sodass er zur Beute des Teufels wird,
dessen Schlingen zahlreich sind.“ [40] Dem fügt der hl. Nil hinzu: „Wenn
ein so großer Heiliger auf diese Weise redete und handelte, wieviel
mehr müssen dann wir uns hüten vor solchem, sind wir doch schwach und
voller Leidenschaften, und unser Geist wird leicht verführt.“ Ferner
bestimmte der Heilige, dass auch die Zellen und die anderen
Klostergebäude einfach sein sollen und nicht prachtvoll und
geschmückt.[41]
Der
große Diener Gottes Johannes der Prophet lebte als Hesychast und
Rekluse im Koinobion von Abba Seridos in Gaza. Kurz vor seinem Hingang
gab er seinem geistigen Sohn Abba Ailianos, der damals zum neuen Higumen
gewählt wurde, nützliche Ratschläge. Unter anderem sagte er ihm, er
dürfe bauen oder renovieren, was immer nötig sei für das Kloster, doch
nicht um mehr Komfort zu gewährleisten, sondern einzig und allein, um
das wirklich Notwendige zu sichern. Und auch das mit Maß, ohne den
Rahmen der Schlichtheit zu überschreiten, im Wissen, dass wir Wanderer
sind auf Erden und dass alle Dinge, die wir hienieden bauen, nur Zelte
sind.[42]
Auf
der Grundlage der Lehren und Lebensweise der Heiligen Väter der alten
Zeit bestimmt der heilige Nil, dass die notwendigen Gerätschaften der
Klosterkirche und die Gewänder ihrer Priester einfach und schlicht
seien. Desgleichen bestimmt er, dass der Grundbesitz des Klosters
begrenzt sei, nicht größer als notwendig, um die elementaren Bedürfnisse
der Bruderschaft zu erfüllen. Denn der Großgrundbesitz verleitet die
Mönche zum Hochmut, zum leidenschaftlichen Hangen an den materiellen
Dingen dieser Welt und zu überflüssigen Alltagssorgen, während doch ihre
geistigen Kräfte ausschließlich auf Gott ausgerichtet sein sollen.
Ausschluß von „Wein, Weib und Welt“
Der
heilige Nil verbot auch den Zutritt von Frauen zu seiner Skite. Dieses
Verbot galt allgemein in allen alten Mönchszentren und ist auf dem
Heiligen Berg Athos bis heute in Kraft.[43] Diese Regel ist essentiell
und unerläßlich für alle, die ihre gefallene Natur besiegen wollen.
Ihre Anwendung ist heute wegen des Sittenzerfalls notwendiger denn je.
In
Rußland muß der Wein entfernt werden aus den Klöstern. Dies begreifen
die einsichtigen und gottesfürchtigen unter den Klostervorstehern, wie
beispielsweise der tugendreiche Prohigu-men des Klosters des Heiligen
Kyrill vom Neuen See (Novojezerski), Archimandrit Theophan (Sokolow,
1752-1832), der vor kurzem entschlafen ist. Mit großer Hingabe bemühte
sich Starez Theophan, den Weingenuß in seinem Kloster abzuschaffen,
doch umsonst. Ebenso fruchtlos wird auch jede andere Bemühung sein, von
wem auch immer, solange die Regeln der Heiligen Väter in bezug auf die
Klöster und das Mönchsleben nicht wieder voll in Kraft gesetzt werden.
Als
der heilige Nil aus dem Osten, der Wiege des Mönchtums, nach Rußland
zurückkehrte, ließ er sich in der tiefen Wildnis nieder. Seine
Befriedigung hierüber äußernd, schreibt er irgendwo: „Mit der Gnade
Gottes habe ich einen Ort gefunden, der mir gefällt, denn er ist nicht
leicht zugänglich für die Weltlichen.“[44] Indem ich mich des Gedankens
des Heiligen selbst bediene, sage ich: Wenn ein so heiliger Mann sich
einen Aufenthaltsort erwählte, wo wenige Weltliche hingelangen konnten,
wieviel mehr müssen dann wir, die wir schwach sind an Willen und
Einsicht und leicht in alle Arten von Sünden fallen, für unser
asketisches Leben einsame Orte auswählen, damit wir nicht in Berührung
kommen mit einer Masse von Weltlichen und damit mit einer Masse von
Versuchungen.
Der
heilige Nil wollte, dass die Mönche seiner Skite sich von der Arbeit
ihrer eigenen Hände ernährten und dass sie die Hilfe von Weltlichen nur
im Notfall und für Dinge, wo sie absolut unentbehrlich war, in
Anspruch nahmen.
Dies
also sind die Grundregeln der Heiligen Väter für das Mönchtum -
Regeln, die unsere Heilige Kirche sich zu eigen gemacht hat. Die übrigen
Regeln, die mit Einzelheiten angeführt sind, haben denselben Charakter
und Zweck.
Die Erneuerung des Mönchtums ist
Werk des Heiligen Geistes
Weltlicher: In vielen Klöstern werden die von Euch dargelegten Regeln mehr oder weniger mißachtet. Irgendwann jedoch müssen diese Abweichungen aufhören. Das Bildungsniveau im Volk und der Zeitgeist erfordern – und Ihr wißt es wohl – die sofortige Berichtigung dieser Situation. Bereits kommt es in der Öffentlichkeit zu Diskussionen hierüber. Doch es wäre gut, wenn inmitten all dieser Stimmen der Unwissenheit auch die Stimme des wahren Wissens zu Gehör gebracht würde. Deshalb bitte ich Euch, mir zu sagen, was Eurer Ansicht nach beitragen könnte zur Rückführung der Klöster in den gebührenden Zustand.
Mönch: Die Antwort ist nicht leicht, obwohl sie zum Teil bereits gegeben worden ist. Ich denke hier an das evangelische Gleichnis vom Unkraut: Als in einem mit gutem Weizen besäten Acker Unkraut aufschoß, anerboten sich die Knechte des Eigentümers des Ackers, dasselbe auszu-reißen. Doch jener antwortete: „Nicht doch, denn es kann sein, dass ihr beim Ausreißen des Unkrauts auch den Weizen ausreißt. Laßt beide zusammen wachsen bis zur Erntezeit“ (s. Mt 13,29-30).
Die Erneuerung des Mönchtums ist
Werk des Heiligen Geistes
Weltlicher: In vielen Klöstern werden die von Euch dargelegten Regeln mehr oder weniger mißachtet. Irgendwann jedoch müssen diese Abweichungen aufhören. Das Bildungsniveau im Volk und der Zeitgeist erfordern – und Ihr wißt es wohl – die sofortige Berichtigung dieser Situation. Bereits kommt es in der Öffentlichkeit zu Diskussionen hierüber. Doch es wäre gut, wenn inmitten all dieser Stimmen der Unwissenheit auch die Stimme des wahren Wissens zu Gehör gebracht würde. Deshalb bitte ich Euch, mir zu sagen, was Eurer Ansicht nach beitragen könnte zur Rückführung der Klöster in den gebührenden Zustand.
Mönch: Die Antwort ist nicht leicht, obwohl sie zum Teil bereits gegeben worden ist. Ich denke hier an das evangelische Gleichnis vom Unkraut: Als in einem mit gutem Weizen besäten Acker Unkraut aufschoß, anerboten sich die Knechte des Eigentümers des Ackers, dasselbe auszu-reißen. Doch jener antwortete: „Nicht doch, denn es kann sein, dass ihr beim Ausreißen des Unkrauts auch den Weizen ausreißt. Laßt beide zusammen wachsen bis zur Erntezeit“ (s. Mt 13,29-30).
Auch
im Mönchtum ist das Ausreißen des Unkrauts möglicherweise nicht der
beste Weg. Große Vorsicht ist nötig. Es ist wie bei der Renovation
eines alten Gebäudes. Du weißt ja auch, dass die besonnenen Ärzte es
ablehnen, die Therapie chronischer Krankheiten zu versuchen, denen sich
der Organismus des Menschen angepaßt hat, um es einmal so
auszudrücken, denn wenn sie diese Krankheiten anrühren, ist das, wie
wenn dessen Leben selbst anrührten.
Die
Klöster sind vom Heiligen Geist gegründet worden vermittels Seiner
auserwählten Werkzeuge, der Heiligen Väter. Deshalb wird es auch der
Heilige Geist sein, Der sie abermals in ihrem ursprünglichen Glanz
wiederherstellen wird – wann immer und wie immer es die Vorsorge Gottes
will – vermittels anderer Seiner auserwählten Werkzeuge.
Das
ist alles, was ich allgemein zur Erneuerung der Klöster sagen kann,
einer Erneuerung, die auf keinen Fall von weltlichen Herrschern
unternommen werden darf. Das richtige und gottgefällige Vorgehen der
weltlichen Herrscher besteht darin, dieses Werk der Erneuerung den
zuständigen Kirchenmännern zu überlassen, die die göttliche Vorsorge
bestimmt hat und die Ihm Rechenschaft abzulegen haben werden am Tag des
Gerichts.
Ich
betrachte es als meine heilige Pflicht, dir einen weisen Rat der
erfahrenen und verehrungswürdigen Starzen von Optina zu übermitteln, den
sie allen gaben, Mönchen wie Weltlichen, die aufrichtig nach ihrer
Rettung strebten: „In unserer Epoche, wo die Ärgernisse dermaßen
zugenommen haben, soll einer ausschließlich auf sich selbst achten, die
Lebensweise und das Tun des Nächsten aber unbeachtet lassen und nicht
richten über die Urheber der Ärgernisse. Denn die seelenverderbende
Energie des Versuchers geht von den in die Sünde Gestürzten leicht über
auf jene, die sie verurteilen.“
Die
Starzen pflegten den Weltlichen zu raten, sich lenken zu lassen vom
Evangelium und von den Schriften jener Heiligen Väter, die Anleitungen
geschrieben haben für alle Christen allgemein, wie zum Beispiel der
heilige Tychon von Zadonsk.[45] Den Mönchen rieten sie, sich ebenfalls
leiten zu lassen vom Evangelium und von den Schriften jener Heiligen
Väter, die besondere Anleitungen für die Mönche geschrieben haben. Wenn
sich der Mönch von den Heiligen Vätern leiten läßt, kann er in jedem
Kloster gerettet werden. Doch wer sich leiten läßt von seinem eigenen
Willen und seinem Gedanken, wird nicht gerettet werden, selbst wenn er
in der tiefsten Wildnis lebt.
Warnung vor dem als Gutes getarnten Bösen
„Wehe der Welt der Ärgernisse wegen“, prophezeite der Herr (Mt 18,7). Und: „Wegen des Zunehmens der Gesetzlosigkeit wird die Liebe der vielen erkalten“ (Mt 24,12). Das Kommen der Versuchungen gehört zu der für uns unbegreiflichen Heilsökonomie Gottes. „Es ist nötig, dass die Ärgernisse kommen“, sagte Er Selbst (Mt 18,7).
Nachdem der Mensch von Christus losgekauft worden war, wurde ihm die Freiheit der Wahl
zwischen Gut und Böse zurückgegeben, eine Freiheit, die er schon bei seiner Erschaffung empfangen hatte, aber danach durch seine Wahl des Bösen verlor. Geradeso wie nach seiner Erschaffung wählt der Mensch auch nach seinem Loskauf zumeist das Böse.
zwischen Gut und Böse zurückgegeben, eine Freiheit, die er schon bei seiner Erschaffung empfangen hatte, aber danach durch seine Wahl des Bösen verlor. Geradeso wie nach seiner Erschaffung wählt der Mensch auch nach seinem Loskauf zumeist das Böse.
Im
Paradies erschien das Böse unter der Maske des Guten, um den Menschen
leichter verführen zu können. Auf dieselbe Weise erscheint das Böse
auch in unserer Heiligen Kirche, getarnt und geschmückt mit dem
vielgestaltigen Köder der Versuchungen, die es als „unschuldigen
Zeitvertreib“ und „Unterhaltung“ bezeichnet. Heute werden die
Ausbreitung der fleischlichen Lebensweise und die Verachtung des
Heiligen Geistes als Fortschritt bezeichnet, als Entwicklung der
Menschheit. Weil die Menschen willig in der Lüge verharren, stehen sie
unter der Einwirkung des Trugs. Zahlreich sind jene mit heuchlerischem
Glauben, jene die „zwar die äußere Form des rechten Glaubens haben, dessen Macht aber verleugnen durch ihr Tun“ (2 Tim 3,5).
Diejenigen,
die diese Macht empfangen haben und sie danach freiwillig verleugnen,
werden sie schwerlich je wiedererlangen (s. Hebr 10,26), haben sie doch
das hohe Gut der Freiheit verloren. Denn der Verlust der Freiheit ist
die unvermeidliche Folge der willentlichen und bewußten Verachtung der
Gabe Gottes. Menschen mit heuchlerischem Glauben können zwar bis zu
einem gewissen Grad die anderen Menschen täuschen, doch die Macht des
wahren Glaubens vermögen sie niemals zu erlangen, denn diese wird
geschenkt von Dem, Der Sich nicht täuschen läßt und Der die wahren
Gläubigen mit himmlischer Kraft wappnet.
Ein
alter Baum ist oft mit üppigem grünem Laub geschmückt, und mit seinem
dicken Stamm erweckt er den Eindruck, als sei er stark und gesund. Doch
in seinem Inneren ist er faul, und der nächste Sturm wird ihn
niederreißen.
Quelle: www.prodromos-verlag.de
[1] Aus dem 2. Band des 5-bändigen Hauptwerks "Asketische Erfahrungen" des hl. Ignatij, Bischof des Kaukasus und des Schwarzen Meeres (1807-1867, siehe Das Synaxarion am 30. April). Russische Originalausgabe St. Petersburg 1865. Das vorliegende Kapitel wurde ins Deutsche übersetzt vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania 2011, aus der griechischen Fassung: Αγίου Ιγνατίου Μπριαντσανίνωφ, Ασκητικές, Εμπειρίες B', Hl. Kloster Paraklitou, Oropos (Attika) 2009. Die Untertitel stammen vom Übersetzer.
Quelle: www.prodromos-verlag.de
[1] Aus dem 2. Band des 5-bändigen Hauptwerks "Asketische Erfahrungen" des hl. Ignatij, Bischof des Kaukasus und des Schwarzen Meeres (1807-1867, siehe Das Synaxarion am 30. April). Russische Originalausgabe St. Petersburg 1865. Das vorliegende Kapitel wurde ins Deutsche übersetzt vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania 2011, aus der griechischen Fassung: Αγίου Ιγνατίου Μπριαντσανίνωφ, Ασκητικές, Εμπειρίες B', Hl. Kloster Paraklitou, Oropos (Attika) 2009. Die Untertitel stammen vom Übersetzer.
[2] Hier ist daran zu erinnern, dass in der Orthodoxen Kirche nur die Mönche (und infolgedessen auch die Bischöfe, die alle Mönche sind) zur Ehelosigkeit verpflichtet sind, nicht aber die Priester, sofern sie die Ehe eingehen vor der Priesterweihe.
[3] Siehe ihre Leben im Synaxarion am 26. September, 29. Juni und 11. Juni.
[4] Diese Belehrung, eine Exegese des bekannten Gleichnisses vom Sämann in Mt 13, Mk 4 und Lk 8, findet sich nur in den slawischen Evchologien. Heutzutage allerdings wird sie beim Mysterium der Eheschließung nicht mehr vorgelesen - Anmerkung des griechischen Übersetzers.
[5] Hl. Makarios der Ägypter, Vom Hüten des Herzens, 13 (PG 34, 836-839).
[6] Abba Kassianos, Die acht Hauptleidenschaften – Über den Geist des Hochmuts, Kap 10-11.
[7] Hl. Barsanuphios und Johannes, „Briefe“, Brief 258 (griech.-franz. Barsanuphe et Jean de Gaza, Correspondance, 5 Bde Sources Chrétiennes, engl. St. Barsanuphius and John, Letters, 2 Bde, Catholic University of America Press, Reihe Church Fathers, Bde. 113 und 114. Washington DC 2006-2007.
[8] Siehe Hl. Theophilakt, Kommentar zum Matthäus-Evangelium, Kap. 19,11.
[9] Hl. Isidoros von Pelusion, Epistoles, EPE, Brief 310, „An Kyrillos von Alexandria: Dass man nicht überstürzte Entscheidungen treffen soll“.
[10] Metropolit Serafim von St. Petersburg (mit bürgerlichem Namen Stefan Vassiljewitsch Glagoljewski) wurde 1751 in Kaluga geboren. Er studierte an der Theologischen Akademie von Moskau, wurde 1787 Mönch im Kloster Saikonospasski, wo er die Priesterweihe empfing. 1795 wurde er Higumen des Klosters Lusetski in Moskau, 1799 Bischof von Dimitrow sowie Vikar der Eparchie Moskau und 1821 Metropolit von St.Petersburg und Nowgorod. Er entschlief 1843.
[11] Der hl. Ignatij, der um das Jahr 1850 schreibt, spricht hier vom 19. Jahrhundert. Was er im Folgenden sagt, gilt offenkundig noch um ein Vielfaches mehr für das 21. Jahrhundert.
[12] Hl. Nikodimos vom Hl. Berg, Pedalion, Ausgabe Astir Athen 1957, S. 254.
[13] Weil aber der hl. Paulus eine außergewöhnliche Fähigkeit zur Askese bewies, nahm ihn der hl Antonios schließlich doch an. Siehe Das Synaxarion am 7.März.
[14] Siehe z.B. den Fall des seligen Siluanos im Ersten Leben des hl. Pachomios, Kap. 104-105 (Griech. Text hrsg. v. F. Halkin, Societe des Bollandistes 1932, franz. Übers. in A. Festugière, Les Moines d’Orient IV/2, Cerf 1965.
[15] Abba Isaak der Syrer, Asketische Reden, Rede 50,10 (griech. Zählung). Griech. in EPE-Philokalia, Bde. 8A-C, Engl. Übers. Ascetical Discourses, Holy Transfiguration Monastery, Boston Mass., 2. Ausgabe 2011.
[16] Hl. Johannes vom Sinai, Klimax, Stufe 27B, 1-2.
[17] Ebenda, Stufe 1,34.
[18] Russisch Optina Pustyn.
[19] Es handelt sich um die berühmten heiligen Starzen Leonid (1768-1841) und Makarij (1788-1860). Der zweite kam 1834 nach Optina aus der Wildnis von Ploschtschansk, wo er den ersten kennengelernt hatte. Siehe Das Synaxarion am 11. Oktober, Synaxe der Hl. Starzen von Optina.
[20] Siehe Das Große Gerontikon, Nauen 2009, S. 362, Sisoes Spruch 38.
[21] Der hl. Ignatij beschreibt hier die Situation in Rußland am Vorabend der Revolution. Seither haben sich die Dinge beträchtlich verändert. In den letzten Jahrzehnten bevölkerten sich die Klöster nicht nur in Rußland, sondern auch in der übrigen orthodoxen Welt und insbesondere auf dem Berg Athos, mit vielen Universitätsabsolventen.
[22] Das heißt die Trunksucht. Zum hl. Wladimir (956-1015), Großfürst von Kiew und Nowgorod, Enkel der hl. Olga der Apostelgleichen, Begründer des christlichen Rußland, der sich 988 zum orthodoxen Christentum bekehrte und sich mitsamt seinem Volk taufen ließ, siehe Das Synaxarion am 15. Juli.
[23] Es handelt sich hierbei um zwei Texte, die ein einziges zusammenhängendes Werk bilden: Der erste ist sehr kurz und trägt den Titel „Überlieferung“ (russ. Predanie) oder auch „Unterweisung über das Leben der Heiligen Väter von Starez Nil dem Eremiten an seine Jünger“. Der zweite besteht aus 11 Kapiteln und trägt den Titel „Regel“ (russ. Ustav). Es sind die beiden wichtigsten Texte des hl. Nil. Deutsche Übers. in: Fairy von Lilienfeld, Nil Sorskij und seine Schriften, Berlin 1963. Franz. in Saint Nil Sorsky, Abbaye de Bellefontaine, SO32, 1980. Über den hl. Nil Sorskij (1433-1508) siehe Das Synaxarion am 7. Mai.
[24] Über den hl. Gregor den Sinaiten (1260-1346) siehe Das Synaxarion am 6. April, über den hl. Gregor Palamas (1296-1359) ebenda am 14. November.
[25] Das heißt des Mönchslebens in einer Skite (siehe 1. Teil dieses Textes, Seite 4). Der Skiten-Mönch wird auch als „Skitiote“ bezeichnet. Das Wort „Skite“ (die Skite) ist die Verdeutschung des griech. Worts σκήτη (f), das zurückgeht auf die ägyptische Mönchssiedlung Sketis. Auf Russisch lautet es „Skit“. Nach dem ägyptischen Vorbild besteht eine Skite aus mehreren auseinanderliegenden Mönchsgehöften oder Eremitenzellen, die zusammen eine Siedlung mit gemeinsamer Kirche und Organisation bilden. Demselben Modell folgten die alten Lavren in Palästina.
[26] Der hl. Ignatij spricht hier aus der Perspektive der besonderen Verhältnisse im russischen Mönchtum, die nicht verallgemeinert werden können. S. hierzu N.V. Sakharov, I Love, therefore I Am. The Theological Legacy of Archimandrite Sophrony , St. Vladimir Press, New York 2002, Kapitel “Eldership in Russia and its Crisis”, S. 204ff.
[27] Siehe Johannes Kassian, Ordnung der nächtlichen Gottesdienste in den Koinobien Ägyptens, Kap. 3, in De Institutiones coenobiorum („Über die koinobitischen Institutionen“), dt. Übers. in BKV (online unifr.ch/bkv).
[28] Hl. Johannes vom Sinai, op.cit., Stufe 1,10.
[29] Hl. Nil Sorskij, Überlieferung, op. cit.
[30] Siehe hierzu die Briefe des hl. Nil An Starez Gurij Tuschin und An Starez German Podolnij, in „Briefe“ (russ. Poslania). Dt. und franz. Übers. loc cit. (s. Fußnote 23).
[31] Siehe oben Fußnote 26. Im Prolog zur „Regel“ des hl. Nil heißt es: „Wenn es schon zur Zeit des wahren Asketentums schwer war, einen zuverlässigen Führer zu finden, so ist es bei der heutigen geistigen Verarmung noch schwieriger. Zugleich ist ein solcher Führer notwendiger denn je, und mit großem Bemühen muß man einen solchen suchen. Kann man jedoch keinen finden, empfehlen die Heiligen Väter, sich von den göttlichen Schriften führen zu lassen, gemäß dem Wort des Herrn Selbst...“ (übers. aus Franz., loc.cit., Seite 40, und George Maloney, La Spiritualité de Nil Sorskij, Abbaye de Bellefontaine, SO25, S. 79-80).
[32] Russ. wörtl. „Greis“, entspricht dem griech. „Geronta“, verdeutscht „Altvater“.
[33] Das heißt auf unabhängige Weise, ohne Führung, nach ihrem eigenen Willen.
[34] Über die Schriften des hl. Johannes Kassian (4./5. Jh.) siehe 1. Teil des vorliegenden Textes, Fußnoten 9 und 10.
[35] Zum hl. Barsanuphios von Gaza (6. Jh.), siehe Das Synaxarion am 6. Februar.
[36] Zum hl. Isaiah dem Anachoreten von Sketis (4. Jh.), siehe Das Synaxarion am 3.Juli.
[37] Zum hl. Dorotheos von Gaza (6. Jh.) siehe Das Synaxarion am 13. August
[38] Siehe Jak 5,16.
[39] Siehe hl. Johannes Kassian, Gespräche mit den Vätern, Zweites Gespräch mit Abba Moses über die Gnadengabe der Unterscheidung, Kap. 13.
[40] Siehe Zweites Leben von Pachomios, 46. Der hl. Nil beruft sich auch auf den hl. Johannes Chrysostomos und dessen Rat, statt kostbare Gefäße in die Kirchen zu bringen, sollten die Gläubigen weit eher die Armen speisen.
[41] Hl. Nil Sorskij, Überlieferung, wo er auch den hl. Basilios und dessen „Mönchsregeln“ anführt.
[42] Hl. Barsanuphios und Johannes, op. cit., Brief 597.
[43] Ebenso wie in verschiedenen anderen orthodoxen Klöstern Griechenlands, Palästinas usw., die bis heute der alten Ordnung der Hl. Väter folgen.
[44] Brief an Starez German Podolnij.
[45] Über den hl. Tychon von Zadonsk (1724-1783) siehe Das Synaxarion am 13. August.
http://www.impantokratoros.gr/5C1ABBA9.de.aspx
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