THEMEN ZUR ORTHODOXEN KATECHESE
Von P. Antonios Alevizopoulos
Dr. der Theologie und Philosophie
Dr. der Theologie und Philosophie
DIE SUCHE NACH DER WAHRHEIT
Übersetzung: Sr. Matthaia ©Heiliges Kloster Pantokratoros
Die
Frage nach der Wahrheit hat die Menschheit durch die Jahrhunderte
hindurch beschäftigt; sie ist eine immer aktuelle Frage, die ihrer Natur
nach die Menschen dazu führt, nach einer Antwort zu suchen. Die
Philosophen, besonders die alten Griechen, stellten die Frage: „Was ist
Wahrheit?“, und die meisten Menschen haben rational danach gesucht.
Manche sagten, daß die Wahrheit eine Idee ist, ein „Prinzip aller
Dinge“, der „erste unbewegte Beweger“ und nannten sie Gott.
Aber
dieser "Gott", der Gott der Philosophen, kann nicht erlösen. Er berührt
nur das rationale Vermögen des Menschen, und nicht den Menschen als
Ganzes. Niemand kann in persönliche Gemeinschaft mit ihm gelangen, da er
keine Person ist, sondern etwas Unpersönliches, ein universelles
Bewusstsein, das blind handelt, oder so entfernt und transzendent ist,
dass es kein Interesse am Menschen oder der Welt hat.
Es
kann nicht bezweifelt werden, daß jeder Mensch guten Willens, Beweise
für die Existenz Gottes entdecken kann, wenn er die Schöpfung untersucht
und seine menschlichen Fähigkeiten nutzt. Jedoch wird er nur die Idee
Gottes entdecken, aber nicht Gott selbst, die heilbringende Wahrheit.
Andere
haben im Lauf der Jahrhunderte irdische Götzen und eine Vielzahl von
Gottheiten geschaffen. Sie gründeten „göttliche“ Gesetze und Regeln und
schufen Systeme von menschlich geschaffenen Kulten. Sie alle sind jedoch
einfach nur ein Ausdruck des Menschen selbst, sie transzendieren nicht
den geschaffenen Bereich; mit anderen Worten, sie offenbaren nicht den
einen wahren Gott, der die geschaffene Welt transzendiert.
Wieder
andere glauben, daß der Mensch von Natur aus Gott ist. Er muß einfach
nur „sein wahres Selbst“ verstehen, nichts muß sich verändern, außer
seiner Haltung gegenüber seinem „Göttlichen Selbst“, indem er jeden
Gedanken verwirft, der ihn von seiner eigenen „Göttlichkeit“
unterscheiden könnte und die Existenz eines Gottes außerhalb seiner
selbst und jenseits von ihm erkennen ließe.
Letztendlich
kann solch ein Verständnis von Gott den Menschen aber nicht erfüllen.
Er führt zu einer unendlichen Einsamkeit, die der menschlichen Natur
entgegensteht. Der Mensch sucht von Natur aus Wärme, Liebe, Gemeinschaft
mit anderen und nicht nur mit sich selbst. Ohne diese Dinge kann er
nicht existieren. Das ist der Grund, warum er immer danach sucht. Er ist
nicht befriedigt mit den von Menschen gemachten Entwürfen von Gott. Er
will sich über die geschaffene Wirklichkeit erheben, über die Schöpfung
hinaus, und den Sinn des Lebens in der Gemeinschaft mit dem
ungeschaffenen und ewigen Gott suchen.
Christliche Wahrheit
Diese
Leere, die im Menschen entsteht, der nach der rettenden Wahrheit sucht,
wird von der Kirche gefüllt. Der Christ sucht nicht eine von Menschen
geschaffene Wahrheit, eine rationale Wahrheit, eine Idee oder irgendein
kosmisches Bewusstsein namens Gott.
Er
sucht die Wahrheit, die die menschlichen Grenzen und die ganze
Schöpfung transzendiert. Überdies sucht er Gott, der in persönliche
Gemeinschaft mit ihm treten kann, in eine Gemeinschaft der Liebe, d.h.
er such Gott, der eine Person ist.
Für
den Christen hat die Erkenntnis Gottes eine andere Bedeutung. Es ist
nicht nur ein Objekt der rationalen Annäherung oder ein unpersönliches
Eintauchen in ein Prinzip des Universums, das jede persönliche Beziehung
ausschließt. Die christliche Erkenntnis Gottes ist ein Geschehen der
persönlichen Gemeinschaft zwischen Gott und dem Menschen, eine
Gemeinschaft, die die ganze Existenz des Menschen betrifft und nicht nur
degradiert ist auf seine rationalen Fähigkeiten.
Daher
ist „Erkenntnis“ dem christlichen Verständnis nach nicht das Ergebnis
rationaler Aktivität, getrennt von der Liebe; tatsächlich wird in der
Heiligen Schrift dieser Begriff benutzt, um die Vollendung der
zwischenmenschlichen Gemeinschaft in der Ehe auszudrücken (Gen. 4,1).
Eine solche Gemeinschaft hebt die Person des Menschen nicht innerhalb
einer Art „kosmischem“ Prinzip auf, vielmehr beschützt sie diese! Durch
diese Gemeinschaft transzendiert der sterbliche Mensch die Bedingungen
der Geschöpflichkeit, d.h. des Geschaffenseins, und er nimmt teil am
Leben des ungeschaffenen und ewigen Gottes.
Man
kann jedoch diese Transzendenz nicht mit den eigenen Fähigkeiten und
Möglichkeiten erkennen, die notwendig auf den Bereich der geschaffenen
Wirklichkeit beschränkt sind. Die Natur des Menschen selbst ist ein
unüberwindliches Hindernis, das seinen Hinübergang oder seinen
„Aufstieg“ zu Gott und seine Annäherung an Gott unmöglich macht. Ein
ontologischer Abgrund, d.h. eine unüberbrückbare Kluft im Bezug auf das
Wesen Gottes und des Menschen, trennt den Menschen von Gott. Der Mensch
kann diesen Abrund nicht überschreiten.
Aber
was der Mensch nicht zu tun vermag, das tut Gott aus Liebe zu seinem
Geschöpf: Er „steigt herab“ oder vielmehr „er erniedrigt sich“, d.h. der
nimmt die menschlichen Bedingungen an, er überwindet den Abgrund, er
offenbart Sich selbst seinem Geschöpf und bietet ihm die Möglichkeit
einer echten Gemeinschaft der Liebe und des Lebens an.
Die
christliche Erkenntnis der Wahrheit, d.h. ewigen Lebens, ist und bleibt
das große Geschenk unseres liebevollen Himmlischen Vaters. Es ist nicht
das Ergebnis unserer menschlichen Bemühungen. Was Gott uns anbietet ist
nicht abhängig von unseren Bemühungen. Dieses Geschenk ist ein freies
Angebot und sollte immer dankbar angenommen werden. Niemand kann den
Geber zwingen, seine Gabe anzubieten.
Darüber
hinaus tut Gott dem Willen des Menschen keinen Zwang an. Er ließ ihm
seine eigene freie Wahl. Er erlaubt ihm, mit seiner Liebe auf die Liebe
Gottes zu antworten oder diese Liebe zurückzuweisen. Solch eine Wahl
gehört nicht zum rationalen Bereich des Menschen, d.h. eine rationale
Hinwendung zu Gott von Seiten des Menschen ist nicht genug. Der Mensch
muß als Ganzer teilnehmen. Ein deutlicher Beweis der ganzheitlichen
Hinwendung des Menschen zu Gott ist nötig, der seinen Kampf für eine
geistliche Katharsis (Reinigung) einschließt, das Halten von Gottes
Geboten. Ohne diese Grundvoraussetzung ist es unmöglich Gott zu finden:
„Verkehrte
Gedanken trennen von Gott; wird seine Macht herausgefordert, dann weist
sie die Toren zurück. In eine Seele, die auf Böses sinnt, kehrt die
Weisheit nicht ein, noch wohnt sie in einem Leib, der sich der Sünde
hingibt. Denn der heilige Geist, der Lehrmeister, flieht vor der
Falschheit, er entfernt sich von unverständigen Gedanken und wird
verscheucht, wenn Unrecht naht.“(Weish. 1,3-5).
Die
freie Ausübung der göttlichen Tugenden führt den Menschen weg von der
Autonomie. Sie handelt in der Sphäre der Liebe Gottes. Durch den
Gehorsam und das Halten der Gebote Gottes demütigt der Mensch seinen
Leib und seinen Geist, und erkennt, daß er aus sich selbst heraus den
Pfad der wahren Erkenntnis Gottes weder beschreiten noch weitergehen
kann. Sein ganzes Leben wird zu einem Ruf nach Gott. Gott entäußert sich
dann und bietet dem Menschen die Gnade der Gotteserkenntnis an. Der
Mensch wird dieser Gnade teilhaft, die ein Geschenk Gottes ist, und die
die „ungeschaffene göttliche Energie“ genannt wird. Natürlich ist Gnade nicht identisch mit dem Wesen Gottes.
Gottes Wesen bleibt unnahbar und unverständlich für den Menschen. Die
Gnade jedoch entspringt dem Wesen Gottes, das deren Quelle ist. Daher ist sie nicht geschaffen sondern ungeschaffen.
Deshalb bedeutet Gottes Entäußerung für den Menschen die wahre
Erkenntnis Gottes, ewiges Leben und Erlösung. Dies ist das christliche
Verständnis der Erkenntnis Gottes.
Um
diese erlösende Erkenntnis zu erlangen, ist es für den Gläubigen nötig,
sein „Haupt zu neigen“, damit er sich in Liebe dem barmherzigen Gott
unterstellt. Aus diesem Grund betet der zelebrierende Priester während
der Göttlichen Liturgie nach der Aufforderung „neigt euer Haupt vor dem
Herrn“:
„Herr
unser Gott, Du ließest die Himmel sich neigen, und bist herabgestiegen
zur Erlösung des Menschengeschlechtes. Schaue herab auf Deine Diener und
auf Dein Erbe. Denn Dir, dem furchtbaren und menschenliebenden Richter
haben Deine Diener ihr Haupt geneigt und sich Dir unterworfen. Sie
erwarten nicht Hilfe von Menschen, sondern harren Deiner Gnade und des
sehnlichst erwarteten Heils. ..
Mit
dem christlichen Verständnis der Wahrheit und ihrer „Erkenntnis“,
bekommt das Leben des Menschen eine tiefere, eine wahre Bedeutung und
eine ewige Bestimmung. Es genügt, daß der Mensch die „Erkenntnis“ Gottes
als den größten Schatz seines Lebens betrachtet und daß er richtig
danach strebt. Dann wird die Gnade Gottes ihn berühren und die Sehnsucht
nach Gott wird so groß werden, daß nichts zwischen ihm und Gott stehen
kann oder ihn von Gottes Liebe trennen kann:
„Was
kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder
Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? In der Schrift
steht: Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir
werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. Doch
all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin
gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder
Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch
irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die
in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Röm. 8, 35-39)
Dies ist der Pfad, dem die Heiligen Märtyrer der Kirche gefolgt sind; so heißt es in der Hymne der Kirche:
„Euch,
ihr ruhmreichen Martyrer, vermochten nicht Trübsal, noch Bedrängnis,
nicht Hunger, noch Verfolgung, weder Geißelung, noch die Wut wilder
Tiere, nicht Schwert noch drohendes Feuer von Gott zu trennen. Denn aus
Liebe zu ihm mehr wie in fremden Körpern kämpfend, vergaßet ihr die
Natur, den Tod verachtend…“
THE ORTHODOX CHURCHIts Faith, Worship and LifeRev. Antonios Alevisopoulos, Th. D. Ph. D.
http://www.impantokratoros.gr/suchen-warheit.de.aspx
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